Der Dampf ist verflogen. Der Elektrozigaretten-Hersteller Juul zieht sich bis Ende Jahr aus dem Schweizer Markt zurück, wie ein Sprecher gegenüber BILANZ bestätigt. «Erwachsene Raucher können Juul-Produkte weiterhin solange kaufen, wie die Ware vorrätig ist.»

Was konkret der Auslöser für den Rückzug ist, teilt das Unternehmen, das zu 35 Prozent dem US-Tabakkonzern Altria gehört, nicht mit. «Im Sinne unserer Unternehmensmission müssen wir Prioritäten setzen, wie wir unsere Ressourcen so nutzen, um langfristig erfolgreich zu sein», heisst es. 

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Gestartet in der Schweiz ist Juul im Dezember 2018. Die Pläne waren gross: «Wir sind sehr zufrieden und bauen das Geschäft laufend aus. Wir sehen ein klares Bedürfnis nach alternativen Produkten zu Zigaretten», sagte Juul-Schweiz-Chef Jonathan Green vor einem Jahr zu BILANZ. Damals bezog das Unternehmen Büroflächen von mehr als 400 Quadratmeter in der Nähe des Bahnhofs Zürich und die Schweiz sollte zum Forschungshub werden.

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Ende Februar wurde dann bekannt, dass Green auch die Leitung für das Deutschland-Geschäft übernommen hat. In Deutschland wurden damals die Erwartungen nicht erfüllt, weshalb Juul die Verkaufsaktivitäten reduzierte

Offenbar haperte das Geschäft auch in der Schweiz. Betroffen vom Rückzug sind laut Juul aktuell noch ein Dutzend Mitarbeiter, auch Jonathan Green verliert seine Position. Die Konsultationen sind bereits abgeschlossen, heisst es. Schon vergangenen November hat Juul Schweiz einen Einstellungsstopp erlassen. Damals waren noch um die 50 Mitarbeiter an Bord.

Die Probleme starteten in den USA

Einst wollte Juul das Rauchen revolutionieren. Ende 2018 hatte es bei den Elektrozigaretten in den USA einen Marktanteil von 75 Prozent. Im Sommer 2019 nahmen US-Behörden Ermittlungen auf wegen diversen Todesfällen, die in Verbindung mit E-Zigaretten standen. Green sagte damals zu BILANZ, dass die betroffenen Personen grösstenteils unsachgemässe Inhalte konsumiert hätten, die auf THC und Vitamin-E-Öl basierten und von Juul nicht angeboten worden seien. 

Das Image des aufstrebenden Brands war danach allerdings massiv angeschlagen. Ende Oktober 2019 korrigierte Altria schliesslich den Wert seiner Beteiligung an Juul um 4,5 Milliarden Dollar nach unten. Ursprünglich hatte der Marlboro-Konzern 12,8 Milliarden Dollar für seine Beteiligung bezahlt.

Doch Juul geriet auch hierzulande öfters in die Negativschlagzeilen. Jüngst wurde bekannt, dass Juul in Europa ein anderes Gerät als in den USA eingeführt hatte, wie der «Beobachter» schreibt. Konkret bestehe der Docht des Zigarettenersatzes neu aus Baumwolle statt aus Kieselsäure, wodurch pro Zug wesentlich mehr Nikotin eingesogen werden könne als mit dem alten Gerät. Während in den USA E-Zigaretten höchstens einen Nikotingehalt von 60 Milligramm pro Milliliter Flüssigkeit erhalten dürfen, sind in der Schweiz nur 20 Milliliter erlaubt.