Der heisseste Trend an der Wall Street nennt sich SPAC und passt hervorragend zum aktuellen Umfeld der Börseneuphorie. Derartige Special Purpose Acquisition Companies holen sich über einen Börsengang meist Hunderte Millionen, manchmal Milliarden, um diese später in den Kauf eines privaten Unternehmens zu investieren. Die akquirierte Firma wird mit diesem Börsenmantel verschmolzen und kommt so einfach zu einer Börsenpräsenz. Anleger, die in SPACs investieren, kaufen blind. Sie vertrauen darauf, dass den Machern hinter diesen Börsenhüllen eine möglichst erfolgreiche Übernahme gelingt. Was Value-Fondsmanager, die ihre Investments bis ins Detail verstehen wollen, von solchen Blankocheck-Firmen halten, ist leicht vorstellbar.

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Besorgniserregend ist das Tempo, mit dem sich diese Innovation der Finanzindustrie an den Märkten verbreitet. Im Vorjahr holten SPACs 64 Milliarden Dollar ein, das Doppelte wie im Jahr zuvor und schon fast so viel wie traditionelle IPOs. Promi-Investor Bill Ackman ragte mit seiner Vier-Milliarden-Dollar-SPAC hervor. 2021 hat sich das Tempo noch deutlich erhöht. Allein in den ersten 18 Handelstagen des Jahres strömten 76 SPACs an die US-Börse und füllten ihre Kriegskasse mit 18 Milliarden Dollar. Die 32 klassischen IPOs kamen in derselben Zeit auf weniger als 5 Milliarden Dollar Emissionsvolumen und wurden gänzlich zum Nebenschauplatz.

Die Nachfrage ist gross. Im aktuellen Tiefstzinsumfeld ist massenhaft Geld vorhanden, das schon verzweifelt nach Anlagemöglichkeiten sucht. Die Emissionen sind fünf- bis zehnfach überzeichnet.

Gutes Geschäft für Gründer

Für die Investmentbanken ist der neue Boom ein lukratives Geschäft. Die Schweizer Grossbanken mischen kräftig mit. Auf die Credit Suisse entfiel im Vorjahr sogar der grösste Teil des Emissionsvolumens. CS-Verwaltungsrat Michael Klein ist im SPAC-Business eine grosse Nummer, er lanciert bereits den sechsten und siebten Börsenmantel. Der Churchill-Fan hat die Gefässe mit Churchill Capital Corp VI/VII benannt und holt über sie insgesamt 700 Millionen Dollar ein. Häufig werden bekannte Namen eingesetzt.

Der ehemalige CS-CEO Tidjane Thiam ist laut einem Bericht der «Financial Times» dabei, eine 250 Millionen Dollar schwere SPAC an die New Yorker Börse zu bringen. Auf die Idee habe ihn J.P.  Morgan gebracht. Mit seiner SPAC sollen später Finanzunternehmen gekauft werden. Ex-UBS-Chef Sergio Ermotti wiederum mischt als Chairman der britischen Blankocheck-Firma Investindustrial Acquisition im SPAC-Boom mit.

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Für die Gründer sind SPACs ein lukratives Geschäft. Wird eine Firma akquiriert und damit an die Börse gebracht, gehen meist 20 Prozent der Aktien zu sehr günstigen Preisen an die SPAC-Gründer.

Gibt es an den Finanzmärkten einen Boom, fehlt es in der Regel nicht an warnenden Stimmen. Zuletzt hat sogar Goldman-Sachs-Chef David Solomon vor einer bevorstehenden Bereinigung gewarnt. Das ist bemerkenswert, da Goldman Sachs zu den stark involvierten Investmentbanken zählt. Solomon hält SPACs zwar für eine gute Innovation, die sich jedoch zu stark verbreiten könnte. Weltweit sollen inzwischen rund 300 SPACs auf der Suche nach geeigneten Übernahmeobjekten sein.

Schneller an die Börse dank SPACs

Gefahr birgt die Kombination von SPAC und Spekulation. Dass diese weit verbreitet ist, lassen Fälle wie GameStop oder der von Elon Musk ausgelöste Hype um die Signal-Advance-Aktie vermuten.

SPACs bringen Firmen im Eiltempo an die Börse und fixieren den Preis. Für die akquirierten Unternehmen ist das gut, da sich Börsenfenster sonst oft rasch schliessen. Für Investoren erschwert das Tempo die Beurteilung. Um das Investment auf Herz und Nieren zu prüfen, bleibt im Vergleich zum traditionellen IPO deutlich weniger Zeit. Das Risiko, dass Firmen zu schnell oder mit verborgenen Risiken an die Börse kommen, steigt. Einen prominenten Fall gibt es mit Nikola Motors bereits. Das auf strombetriebene Lastwagen fokussierte Start-up ist eine SPAC-Akquisition und wird mit Betrugsvorwürfen konfrontiert. Der Firmenlenker trat bereits zurück. Allein schon durch die Masse an SPACs dürfte Nikola kein Einzelfall bleiben.