Heute, Donnerstag, dem 22. August, findet in Barcelona die Eröffnungszeremonie für den 37. America’s Cup statt, das Rennen um die älteste internationale Sporttrophäe der Welt: «The Auld Mug». Es gibt sie seit 1851, gestiftet hat sie damals Königin Victoria. 132 Jahre lang gewann Regatta für Regatta der New York Yacht Club. Und dann, 1983, holte der ewige Challenger Australien den Wanderpokal nach Downunder.

Der Titelverteidiger 2024 ist Neuseeland. Sechs Teams treten gegeneinander an, darunter Alinghi Red Bull Racing aus der Schweiz. Als Hauptsponsorin mit im Boot taktiert die Rolex-Tochter Tudor. «Als wir im Jahr 2022 hörten, dass Alinghi sich mit Red Bull Racing zusammentut, um am 37. America’s Cup teilzunehmen, wussten wir, dass das Projekt sehr gut zu uns passt», heisst es von offizieller Stelle mit Verweis auf den Markenclaim «Born to dare» (frei übersetzt: «Wer nichts wagt, der nichts gewinnt»).

 

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Cool, stark, selbstbewusst

Von daher wäre die Uhrenmarke auch schon vor 20 Jahren ein guter Match gewesen: 2003 gewann das Schweizer Team als bislang erstes und bis heute einziges aus einer Binnennation die legendäre Segeltrophäe und 2007 gleich nochmals. Damals segelte die Luxusuhrenmarke Audemars Piguet mit, bis Ernesto Bertarelli, Gründer und Besitzer des Alinghi-Teams, sich 2010 nach einem verlorenen Kräftemessen gegen das US-Team Oracle aus dem prestigiösen Rennen zurückzog. Nicht sang- und klanglos, sondern mit dem Versprechen eines Comebacks, sobald alles perfekt sein würde. Das ist nun offenbar der Fall.

Der Schweizer Milliardär Ernesto Bertarelli, Gründer und Besitzer von Alinghi, hat den America’s Cup 2003 und 2007 gewonnen. Zusammen mit Red Bull will er ihn auch 2024 ergattern.

Der Schweizer Milliardär Ernesto Bertarelli, Gründer und Besitzer von Alinghi, hat den America’s Cup 2003 und 2007 gewonnen. Zusammen mit Red Bull will er ihn auch 2024 ergattern.

Quelle: Red Bull Media House

Enge Bande

Alinghi und Tudor, das ist kein Zufallspakt und auch keine reine Zweckbeziehung, sondern ein Gewächs mit tiefen Wurzeln: Bertarelli ist Genfer und seit Kindesbeinen leidenschaftlicher Segler. Beides trifft auch auf Jean-Frédéric Dufour zu, CEO von Rolex und zugleich Taktgeber bei Tudor. Die beiden Männer sind zusammen mit zahlreichen anderen honorigen Herren der Genfer Hautevolee Mitglieder der Société Nautique de Genève. Das Alinghi-Boot wird – Ehre, wem Ehre gebührt – denn auch unter der Flagge des Nobelclubs am diesjährigen America’s Cup über die Wellen brettern.

Das Werkzeug, mit dem die Teams ins Rennen steigen, ist ein Boot der Segelklasse AC75: ein mächtiger Cupper mit futuristischem Design, den zu beherrschen ein Dutzend starke Männer erfordert. Es ist 75 Fuss (rund 20,7 Meter) lang und 6,4 beziehungsweise 7,8 Tonnen schwer. Und es schafft ein Tempo von bis zu 50 Knoten (um die 100 km/h), wenn der Wind die Segel bläht, der tonnenschwere Rumpf sich aus dem Wasser hebt und eineinhalb Meter über dem Meeresspiegel dahinrast. Das Wahnsinnstempo ermöglichen Tragflügel unter der Wasseroberfläche, sogenannte Foils. Sie sind so konstruiert, dass das Boot viel weniger Wasser verdrängt, ergo viel schneller vorankommt.

Prunkstück

Das AC75-Boot ist Vorgabe, eine Art «Rohling». Den lässt jedes Team von eigenen Designern und Bootsbauern ausfeilen, verbessern und verfeinern. Der Prototyp des Schweizer Boots wurde vom Spanier Marcelino Botin entwickelt und dann in den Werkstätten in Ecublens VD unter höchster Geheimhaltung gebaut. Anfang April präsentierte Alinghi das Prunkstück in Barcelona und taufte es mehr versprechend «BoatOne». Tags darauf wurde es ins Wasser gelassen. Seither wird trainiert.

Gemäss Bertarelli ist «BoatOne» mit mehr Kühnheit zwecks mehr Tempo konstruiert. Es wurde offenbar alles getan und manches gewagt, um die Trophäe zu holen, nun muss das nur noch gelingen. Bertarelli gibt sich siegessicher: «Wir werden gewinnen», prognostizierte der 57-jährige Milliardär in einem Interview mit der «NZZ». «Wir sind in den meisten Bereichen unseres Bootes etwas weiter gegangen als die anderen.» Musik in den Ohren von «Born to dare»-Tudor. Und sowieso ist man dort happy, beim wild entschlossenen Herausforderer mit im Boot zu sitzen auf der Jagd nach der 68  Zentimeter grossen, versilberten Kanne mit einem so starken ideellen Wert, dass gestandene Unternehmer wie Bertarelli entgegen jeder Geschäftslogik Millionen investieren, um sie zu ergattern. Allein das Startgeld beträgt 1,5 Millionen Dollar. Das Budget für das ganze Unterfangen liegt weit jenseits von 100 Millionen.

Alinghi Red Bull Racing's first sailing day with their race yacht BoatOne, in Barcelona, Spain on April 19. 2024 // Oriol Castello / Alinghi Red Bull Racing / Red Bull Content Pool // SI202404190586 // Usage for editorial use only //

Seit April trainiert das Schweizer Team auf dem «BoatOne».

Quelle: Red Bull Media House

Die Bootscrew von Alinghi besteht aus 14 Personen, unter ihnen ein Bahnradfahrer und zwei Ruderer, alles Schweizer Bürger, wie es die Satzung des Cups fordert. Die Crew besteht aus den Funktionen Taktiker, Steuermann, Foil-Trimmer, Segel-Trimmer und Grinder, wobei Letztgenannte als Teil der Power Group dafür zuständig sind, mit ihrer Muskelkraft gewisse Bordsysteme am Laufen zu halten, die nach Reglement manuell betrieben werden müssen. Dazu gehört alles, was mit dem Verstellen der Segel zu tun hat. Die Driving Group ihrerseits kontrolliert das mehr fliegende denn schwimmende Boot und taktiert – mit Wind und Wetter und gegen die Konkurrenz.

Ab der letzten Augustwoche werden die sechs Wettbewerber die ersten Rennen bestreiten, bei denen es auf jeden Meter Vorsprung oder Rückstand ankommt und auch auf jede Sekunde, denn es sind keine Dauerläufe, sondern eine Serie von Sprints von je rund 20  Minuten Dauer. Ohne eingespieltes Team ist da nichts zu wollen. Bertarelli hat Hochkarat mit dieser Aufgabe betraut: Seitens Red Bull holte er den legendären österreichischen Tornado-Segler Hans-Peter Steinacher ins Board, und als Cheftrainer amtet der Schweizer Nils Frei, einer der weltbesten Segler. 

Auch hier leistet Tudor einen Beitrag. Die Rolex-Tochter hat mehrere Projekte am Laufen, um die Alinghi-Crew zu stärken: Die Profis des Teams Tudor Pro Cycling – alles Nachwuchstalente unter den Fittichen des Tudor-Markenbotschafters und Ex-Radprofis Fabian Cancellara – haben mit der Alinghi-Crew pedalend trainiert. Und mit Morgan Bourc’his, dem dreifachen Weltmeister im Freitauchen (auch er ein Tudor-Markenbotschafter), haben sich die Segler aufs Thema Atmung eingelassen und geübt, den eigenen Schnauf als Tool zur Leistungssteigerung zu nutzen. Alles in allem erscheint Alinghi Red Bull Racing als gut geölte Maschine, für deren einwandfreies Funktionieren mehr als 150 Personen alles geben und nach Barcelona umgesiedelt sind, für Training, Feintuning und Akklimatisierung.

Geben und nehmen

Tudor gibt mehr als Geld – und holt für sich auch einiges mehr heraus, als einfach das Markenlogo auf dem schwarzen Segel, dem Hightech-Boot und unzähligen Merchandising-Artikeln wie T-Shirts, Taschen und Caps zu platzieren. Denn dank dem Sponsoring gibt es zwei neue Modelle des Bestsellers Pelagos FXD. Sie wurden mit denselben Materialien hergestellt, aus denen die AC75-Boote gefertigt sind: Karbon, Edelstahl und Titan. Herausgekommen sind eine Dreizeigeruhr und ein Chronograph.

Die Voraussetzungen für einen Triumph der Schweizer gelten als super. Nun müssen sie nur noch in den sieben Rennen, die vom 12. bis zum 20. Oktober stattfinden, als Erste vier für sich entscheiden. Dann kommt «The Auld Mug» wieder nach Genf.

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