Die Angst vor COVID-19 ist gross und das berechtigterweise. Gerade erst vermeldete die Schweiz an nur einem Tag knapp 1.500 neue Corona Infektionen. Viele verbinden diese Angst jedoch vor allem mit dem Thema Urlaub.
Doch wie wahrscheinlich ist es tatsächlich, dass man sich im Urlaub ansteckt? Den Massnahmen zu urteilen sehr hoch, denn wer in ein Land mit erhöhtem Ansteckungsrisiko reist, muss bei Rückkehr in die Schweiz zehn Tage in Quarantäne, die auch nicht durch einen negativen Test aufgelöst werden kann. Bedeutet – jedes Land, das es auf die Liste des BAG schafft, ist von Schweizern quasi nicht mehr bereisbar.
Keine Quarantäne bei steuerbaren Risiken des Alltags
Aber warum zehn Tage Quarantäne bei einer Reise, aber nicht auch zehn Tage Quarantäne, wenn man auf eine Geburtstagsfeier geht oder in einen gut besuchten Gottesdienst oder generell auf Veranstaltungen, die aktuell noch mit bis zu 1.000 Personen erlaubt sind?
Alexander Koenig ist Gründer der Vielfliegerberatung First Class & More. Seit mehr als 15 Jahren hilft er seinen Kunden Business Class und First Class zum halben Preis zu fliegen, einen Top-Vielfliegerstatus zu erhalten und das Maximum aus ihren Meilen herauszuholen. In seiner Kolumne «Meilenkoenig» teilt er seine Expertise regelmässig auf www.bilanz.ch mit den Lesern.
Das Virus hat keine Präferenz für Reisende. Es überträgt sich primär über Aerosole in der Luft und wo auch immer mehrere Menschen in geschlossenen Räumen für längere Zeit aufeinandertreffen, ist die Gefahr am grössten. Nur verdrängen viele diese Gefahr. Man denkt meist, dass Freunde und Bekannte doch vernünftig sind und das Virus bestimmt nicht haben. Aber wenn man Freunde trifft, ist man auch allen Personen indirekt ausgesetzt, mit denen sich die Freunde in den letzten Tagen getroffen haben. Kindergärten und Schulen tun ihr Übriges, um das Ansteckungsrisiko zu erhöhen.
Abstand und Hygiene auch im Urlaub
Wie wahrscheinlich ist es jetzt zum Vergleich, dass man sich im Urlaub ansteckt? Das hängt immer von der Art des Urlaubs ab. Denn auch hier gilt: Masken tragen, Abstand halten und Hygiene sind das A und O. Nur ist man im Urlaub nicht automatisch mehr Gefahren ausgesetzt als wenn man zu Hause bleibt.
Wer beispielsweise im Winter in wärmere Gefilde reist, kann dort Frühstück, Mittagessen und Abendessen im Freien einnehmen. Es war kein Zufall, dass die Fallzahlen generell im Sommer deutlich niedriger lagen. Auch sind aktuell viele Reiseziele sehr schwach frequentiert, so dass das Abstand halten nicht schwer fallen dürfte. Bleibt also das Thema Fliegen.
Bisher kaum Infektionen auf Flügen
Viele haben besondere Angst vor dem Fliegen, denn dort kann man zumindest in der Economy Class keinen Abstand zu anderen Passagieren halten. Doch der IATA-Medizinspezialist David Powell rechnete jüngst in Genf vor, dass es in 2020 bisher nur 44 Infektionsfälle gab, die auf Flüge zurückführbar waren (und dort oft auch weil Regeln nicht eingehalten wurden). Bei 1,2 Milliarden Flügen ist das ein Fall je 27 Millionen Reisende.
Selbst wenn die Dunkelziffer zehnmal so hoch wäre, was bei den täglich gemeldeten Infektionen auch oft angenommen wird, dann wäre es einer von 2,7 Millionen Reisenden. Doch Powell führt auch aus, dass 60 Prozent der Fluggäste die Kabinenluft im Flugzeug für gefährlich halten aufgrund der Aerosole.
Lüftungssysteme kombiniert mit Masken effektiv
Bruno Fargeon, ein Ingenieur von Airbus, hat eine Simulation der Aerosole durchgespielt und kam zu dem Ergebnis, dass ein Sitznachbar im Flugzeug von 10.000 Tröpfchen, die beim Husten entstehen, maximal fünf abbekommt, solange Masken getragen werden. In einem Büroraum mit 1,8 Meter Abstand zu Kollegen wären es zehn Tröpfchen. Das heisst, trotz viel geringerem Abstand ist das Risiko geringer. Das Ganze liegt am häufigen Luftaustausch im Flieger und am Luftstrom der alles nach unten drückt sowie den eingesetzten HEPA Filtern.
Wer immer noch skeptisch ist, kann mit drei weiteren Massnahmen das Risiko zusätzlich senken:
1. Nutzung der richtigen Maske
Auf dem Markt gibt es aktuell sehr viele unterschiedliche Masken. Am beliebtesten sind die Einweg-Stoffmasken, die nach einmaliger Nutzung einfach weggeworfen werden. Diese schützen in erster Linie andere, können jedoch Corona-Viren, da sie zu grobmaschig sind, selber kaum abhalten.
Dann gibt es die FFP2 und FFP3 Masken. Diese versprechen einen hohen Grad an Schutz, sind aber nicht bequem zu tragen und erschweren das Atmen. Erlaubt sind sie im Flieger nur dann, wenn sie ohne Ventil verwendet werden. Doch die meisten dieser Masken haben ein Ventil und damit würde die Maske nur noch einen selbst, jedoch nicht mehr Menschen um einen herum schützen. Dies muss man beim Kauf unbedingt beachten.
Eine dritte Variante kommt aus der Schweiz von der Firma Livinguard. Durch magnetisches Aufladen des Gewebes der Masken können auf der Maskenoberfläche mehr als 99,9 Prozent der Corona-Viren inaktiviert werden. Diese Technologie wurde von unterschiedlichen Maskenherstellern aufgegriffen. So hat die Firma Wingguard beispielsweise eine PRO Maske entworfen, bei der zusätzlich auch noch ein Polypropylenfilter ähnlich wie in FFP2 Masken verbaut ist. In Kombination mit der Livinguard Technologie eine zumindest im Vergleich zu herkömmlichen Stoffmasken deutlich sicherere Variante.
2. Mehr Abstand dank Vielfliegerstatus
Eine weitere Massnahme, um Abstand am Flughafen halten zu können, ist der Besitz eines Vielfliegerstatus. Wer zum Beispiel den Lufthansa/Swiss-Senator-Status hat, kann am Business oder First Class Schalter schnell und ohne grosse Warteschlangen einchecken. Es gibt einen Fast Track an den Sicherheitskontrollen, Loungezugang sowie Priority Boarding. Für den Flug erhöht es die Upgrade Wahrscheinlichkeit plus es wird eher versucht, den Sitzplatz neben einem, falls möglich, freizuhalten.
3. Business und First Class
Finally kann man Social Distancing im Flieger am besten aktiv in der Business oder First Class umsetzen. In einer First-Class&More-Studie konnten wir die besten zehn Business-Class-Flugprodukte in Zeiten von Corona identifizieren. In der First Class gibt es dann noch einmal mehr Abstand. Besonders attraktiv sind hierbei Suitenprodukte, die vor allem Emirates in fast allen Interkontinentalmaschinen anzubieten hat. Denn da kann man sogar die Tür zur Suite verschliessen und dann auch ohne Maske den Flug geniessen.
Fazit: COVID-19 bestimmt den täglichen Diskurs und das Reisen muss als Sündenbock herhalten. Doch wenn man von Gruppenreisen, Partytrips und dergleichen absieht und bestimmte Regeln beachtet, dann ist das Ansteckungsrisiko sehr gering. So gesehen wirkt die zehntägige Zwangsquarantäne stark überzogen.
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