«Der Markt ist nach wie vor überhitzt», warnte die BILANZ im März 1988. Und Anfang Juni 1990 warnte die BILANZ wieder einmal vor dem «tückischen Gelände» des boomenden Immobilienmarkts und zeichnete ein verwirrendes Bild. Einerseits schrieb sie von «Preisexzessen», zum Beispiel von einem «Reiheneinfamilienhaus, 20 Minuten von der City entfernt: 1,3 Millionen Franken». Anderseits registrierte sie bereits «hier und da Gemunkel über fallende Immobilienpreise». Und zaghaft fragten sich die Autoren, ob eine Rückkehr auf das Niveau des Jahres 1987 «wirklich unvorstellbar» sei. Die Warner bewegten sich in heftigem Gegenwind. Der Mainstream war auf den immerwährenden Preisanstieg eingepeilt. Noch.
Doch plötzlich drehte der Wind. «Der Sinkflug hat begonnen», titelte der «Tages-Anzeiger» wenige Wochen später. Danach diskutierte man nur noch, wie hart es alle treffen könnte. «Es ist nicht mit einem Crash zu rechnen», meinte «Cash» im Januar 1991 nach einer Umfrage unter Fachleuten: «Die Experten glauben, dass der Immobilienmarkt wieder ins Gleichgewicht kommt, sobald die Zinsen fallen.» Das Blatt hoffte auf ein «Soft Landing».
Es kam anders. Nachdem sich die Preise im Boom der achtziger Jahre verdoppelt hatten, kam eine klassische Korrektur. Sie verursachte bis Mitte der neunziger Jahre Kreditverluste in Höhe von 42 Milliarden Franken.
Auf dem Höhepunkt hatten die Schweizer mehr als 400 Milliarden Franken Hypothekenschulden. Die Inflationserwartungen waren hoch, ebenso die Hypothekarzinsen. 1988 lagen die Neuhypotheken bei den Kantonalbanken auf fast 5 Prozent, zwei Jahre später schon auf 7,9 Prozent. Der Libor-Satz stieg noch darüber hinaus. «Sinkende Preise galten für viele auf dem Höhepunkt des Booms als völlig undenkbar», erinnert sich der ehemalige Nationalbank-Präsident Jean-Pierre Roth, «das Verhältnis zwischen Preis und Qualität rückte in den Hintergrund, und als die Blase platzte, wurden die investierten Mittel zu einem erheblichen Teil vernichtet.» Roth spricht auch davon, wie unbekümmert die Käufer in die Zukunft geblickt hätten: «Viele Immobilieninvestoren gingen davon aus, dass im Falle eines Scheiterns die Kreditgeber die Verluste weitgehend zu tragen hätten.» Ein Irrglaube, denn nach dem Crash kam es massenhaft zu Zwangsverkäufen und Bewertungskorrekturen durch die Banken, die höhere Sicherheiten von ihren Kunden einforderten. Plötzlich waren Tausende Liegenschaften auf dem Markt – als schwer verkäufliche Ware.
Fehler der Banken. Aber es war nicht nur der Zinsanstieg, der zum Crash führte. Die Stimmung kippte vor allem infolge der dringlichen Bundesbeschlüsse, welche die zügellose Kreditvergabe einschränkten. Sie hatten die Preisspitze gebrochen und galten bis 1995. In fast allen Marktsegmenten kam es zu drastischen Preisrückschlägen, im Schnitt um 20 Prozent. «Am stärksten waren die Baulandpreise mit Preisabschlägen zwischen 30 und 50 Prozent betroffen», schreibt der Kreditmanager Christian Meier in seiner Dissertation über die Krise. Er untersuchte die Fehler der Banken bei der Kreditvergabe: zu nachsichtige Vergabepraxis, fehlerhafte Kreditüberwachung, zu spätes Erkennen der Frühwarnsymptome, fehlende Risikoszenarien in den Kreditdokumenten, statische Bonitätsanalysen und Belehnungsrichtlinien, die überschritten wurden. Und auch damals wurden die schlimmsten Exzesse am Genfersee beobachtet. Heute ein Déjà-vu.