Herr Nappo, welche Vorteile ergeben sich für eine Firma, wenn der CEO bloggt oder twittert?
Die Galionsfigur eines jeden Unternehmens kann so – gerade auch in Krisenzeiten – ungefiltert Nähe aufbauen zu Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern. Firmenruf und -marke profitieren, wenn sich das Unternehmen per «Single Voice», mit einer Stimme, an die Öffentlichkeit wendet. Und nicht zuletzt beweist das Unternehmen über seinen prominentesten Vertreter Führerschaft in der digitalen Landschaft. Auf der weicheren Seite kann es dem Social CEO gelingen, eine menschliche Facette zu zeigen und so positiv zu punkten.
Weshalb sehen wir das kaum bei börsenkotierten Firmen in der Schweiz?
Die schwache Präsenz ist wohl eine Kombination von Generationenfrage und befürchtetem Kontrollverlust. Letzteres wird überschätzt. Es ist doch erstaunlich, dass Unternehmen sich nicht zutrauen, ihren CEO, die wohl cleverste Person der Firma mit gesundem Menschenverstand, für sich selber sprechen zu lassen. Bei unseren Social-Media-Coachings für CEOs stellen wir fest, dass die Chefs selber dem Thema gegenüber aufgeschlossen sind. Die Verhinderer sitzen eine Stufe weiter unten.
Von einem Banken-CEO vernähme man gerne eine persönliche Botschaft zum Steuerdisput mit den USA. Aber genau dazu darf er wohl nichts sagen.
Dann soll er eben mitteilen, dass er dazu nichts sagen darf. In einer Bank laufen immer auch eine Menge anderer spannender Sachen, über die es sich zu berichten lohnt. Gefahren sehe ich weniger bei Compliance- oder Kontrollverlust-Themen, sondern in der Ansprache des Publikums: Diese soll sehr persönlich gefärbt erfolgen. Wenn dabei PR- oder Marketingleute mitmischen, geht der Sinn der Sache verloren.
Gibt es den Königsweg für CEOs in den Social Media?
Den gibt es so nicht. Wer sich sehr pointiert und knapp äussert, für den eignen sich wohl die 140 Zeichen, die Twitter pro Botschaft bietet. Sind mehr Analyse und Tiefgang gefragt, wäre ein Blog besser.
Viele KMUs tun sich heute noch schwer mit Social Media. Ist das ein Terrain für den Patron oder die Patronne?
Sogar fast noch mehr als für börsenkotierte Unternehmen. Wer, wenn nicht der Patron selber, ist denn das Gesicht, der Chefverkäufer der Firma? Sich ungefiltert einem breiten Publikum als Experte und Qualitätsgarant darzustellen, geht nirgends besser als via Social Media.
Manuel Nappo leitet die Fachstelle Social Media Management an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich und berät CEOs im Bereich Social Media. 2013 wurde er von der Interessensvereinigung IAB Switzerland zum «Digital Pioneer of the Year» gewählt.