Das erste Halbjahr war aus Sicht der Asset Allocation besonders schmerzhaft, da von sicheren Anleihen normalerweise ein stabilisierender Effekt erwartet wird, wenn die Aktienmärkte fallen. Gemäss Theorie sollten Zinsen bei Einbrüchen an den Aktienmärkten sinken und so zumindest bei den risikolosen Anleihen zu positiven Renditen führen. Stattdessen ist das genaue Gegenteil eingetreten.

Die Zinsen stiegen aufgrund von über den Erwartungen liegenden Inflationszahlen signifikant und vergleichsweise schnell an. Die Situation wurde durch die Tatsache erschwert, dass die Zinssätze zu Beginn des Jahres sehr niedrig waren. Damit boten sie praktisch keinen Puffer, um die Verluste aus den steigenden Zinssätzen abzufangen.    

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Das Verlustpotenzial von risikolosen Anleihen hängt nicht nur von der Laufzeit und der Höhe des angenommenen Zinsanstiegs ab, sondern auch in erheblichem Masse vom jeweiligen Zinsniveau, insbesondere bei längeren Anlagezeiträumen. Eine risikolose Anleihe mit einer Laufzeit von fünf Jahren verliert – unabhängig vom Zinsniveau – aufgrund der ersten Renditekomponente 2,5 Prozent ihres Werts, wenn der Zinssatz um 0,5 Prozent steigt.
 

Über den Autor

Markus Thöny ist Leiter des Swiss Fixed Income Teams bei Lombard Odier Investment Managers (LOIM). Er ist seit Januar 2012 bei LOIM. Zuvor war er Portfoliomanager bei der Zürcher Kantonalbank, wo er von 2008 bis 2011 schweizerische, europäische und globale Rentenportfolios für institutionelle Anleger verwaltete und neue Produkte und massgeschneiderte Kundenlösungen entwickelte. Thöny erwarb 2001 einen Master in Mathematik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule. Darüber hinaus hat er einen Master-Abschluss in quantitativer Finanzwirtschaft der Universität Zürich.      

Die zweite Renditekomponente hängt derweil sehr stark von der Zinshöhe und der Haltedauer ab. Wenn wir von einem Zeitraum von einem Jahr ausgehen und sich der Zinsanstieg gleichmässig über das Jahr verteilt, ergibt sich der «Jahresertrag» aus dem Durchschnitt der Zinshöhe zu Beginn und am Ende des Jahres. Bei einem Anfangszinssatz von 0 Prozent und einem gleichmässig über das Jahr verteilten Anstieg des Zinssatzes um 0,5 Prozent ergibt sich ein Beitrag von rund plus 0,25 Prozent aus der zweiten Renditekomponente.

Wenn dagegen ein Anfangszinssatz von 4 Prozent angenommen wird, resultiert die zweite Komponente in einem Beitrag von rund 4,25 Prozent in einem Jahr. Der gleiche Zinsschock von 0,5 Prozent führt also in einem Niedrigzinsumfeld zu einem jährlichen Verlust von 2,25 Prozent, während sich im Hochzinsumfeld ein Jahresgewinn von 1,75 Prozent ergibt.

Somit wirkt das anfängliche Zinsniveau wie ein Airbag und kann Verluste abfedern. Die Qualität des Airbags hängt von der Höhe des Zinssatzes ab.  

Rendite einer risikolosen Anleihe 

Mit anderen Worten: In einem Umfeld mit höheren Zinssätzen ist ein grösserer Zinsanstieg nötig, damit die Rendite einer risikolosen Anleihe negativ wird. Während die jährliche Rendite im Beispiel einer risikolosen Anleihe mit einer Laufzeit von fünf Jahren im ersten Fall (Zinsniveau von 0 Prozent) bei einem Zinsanstieg immer negativ ist, wäre im zweiten Fall (Zinsniveau von 4 Prozent) ein Zinsanstieg von 0,89 Prozent und mehr nötig, damit die jährliche Rendite negativ wird.

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Wenn die Laufzeit dagegen auf zehn Jahre verdoppelt wird, ist die jährliche Rendite bei einer angenommenen Zinshöhe von 4 Prozent bereits bei einem Zinsanstieg von 0,42 Prozent negativ. Somit hängt es nicht nur von der Höhe des Zinsanstiegs und der Höhe des Zinssatzes ab, wann die entsprechenden Renditen negativ werden, sondern auch vom angenommenen Zinsrisiko.

Um bei diesem bildhaften Vergleich zu bleiben: je höher das Zinsrisiko, desto grösser die Belastung für den verfügbaren Airbag.  

Noch entscheidender für die erwartete zukünftige Rendite ist jedoch die Dauer des Anlagehorizonts. Je länger der Horizont, umso grösser ist der Beitrag der zweiten Renditekomponente, da die Erträge im Laufe der Zeit stetig höher werden. Der Airbag, der die Verluste aus steigenden Zinssätzen und Kreditrisikoprämien abfedert, ist entsprechend grösser und besser.    

Die vergleichsweise langen Zinsrisiken (Duration von circa sieben Jahren) und der geringe Anteil an Unternehmensanleihen (circa 25 Prozent) führen dazu, dass das Renditepolster des SBI AAA-BBB Index etwas kleiner ist und im Falle eines signifikanten Anstiegs der Zinssätze und einer Spreadausweitung völlig aufgezehrt wird. Der SBI A-BBB Index, der eine Duration von rund 4,3 Jahren aufweist und fast ausschliesslich aus Unternehmensanleihen besteht, würde indes in keinem Szenario über einen Anlagehorizont von fünf Jahren einen durchschnittlichen jährlichen Verlust erleiden.    

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