Nun also Google. Nach Apple, Facebook und Amazon will sich auch der Suchmaschinengigant ein architektonisches Denkmal setzen. Bis 2020 soll am Hauptsitz im kalifornischen Mountain View ein futuristischer Gebäudekomplex in einem riesigen Park entstehen.
Geplant sind Büroräume unter Glasbaldachinen. Man wolle einen Arbeitsraum schaffen, der «frei ist von Einschränkungen der traditionellen Architektur, wie Wänden, Fenstern oder Dächern», so Google. Die einzelnen Gebäudeteile im Innern der Glaskuppeln sollen wie Möbelstücke verschoben und neu arrangiert werden können.
Transparente Aussenhaut
Nach dem Willen von Google werden die Grenzen zwischen Gebäude und Natur durch die transparente Aussenhaut gewissermassen verschwinden. Stattdessen soll sowohl innen wie aussen eine Arbeitslandschaft entstehen, die immer in Bewegung ist, ganz wie das Internet selbst.
Wie bei den anderen Techgiganten reflektiert auch die Neugestaltung des Google-Hauptquartiers das Selbstverständnis und die Ideologie des Konzerns. Und dafür wurden die passenden Leute unter Vertrag genommen. Architekt Bjarke Ingels und Designer Thomas Heatherwick, die für den Entwurf verantwortlich zeichnen, sind bekannt für ihre ausgefallenen Visionen.
«Mischung zwischen Hippie-Utopie und Management-Theorie»
Betrachtet man die jüngsten Architekturprojekte der Technologiekonzerne wird eines offensichtlich: Die heutigen Symbole der Macht sind keine Hochhäuser mehr, wie es jahrzehntelang üblich war. Während viele Firmen weiter in die Höhe bauen – siehe Roche in Basel – setzen Techfirmen auf andere Repräsentativbauten. Statt möglichst hoch und glänzend, sind ihre Gebäude flach und begrünt.
Die Tech-Hauptquartiere seien eine «Mischung aus Hippie-Utopie und Management-Theorie», schrieb der amerikanische Architekturprofessor Sam Jacob in einem Kommentar. Die Firma werde als vollwertiger Lebensraum für die Angestellten konzipiert. Theoretisch können die Beschäftigten an ihren Arbeitsstätten leben und brauchen diese nie wieder verlassen.
«Pentagon» ohne Kanten in Cupertino
Am weitesten fortgeschritten sind die Arbeiten am Apple Campus 2 in Cupertino. Der damalige Firmenchef Steve Jobs hatte das Projekt kurz vor seinem Tod 2011 vorgestellt. Das kreisförmige Gebäude von Stararchitekt Norman Foster hat nur vier Etagen – und soll trotzdem eine Bürofläche von 260'000 Quadratmetern bieten.
80 Prozent des Grundstücks werden nach Abschluss der Bauarbeiten begrünt. In und um einen künstlichen Urwald, wirke das Gebäude wie eine kantenlose Version des Pentagons, so Sam Jacob. Andere Kommentatoren verglichen die Pläne von Apple mit einem Raumschiff oder einem Donut.
Bürolandschaft bei Facebook
Auch Facebook hat einen Grossen der Branche verpflichtet, um die eigene Vision von Arbeits- und Lebensraum umzusetzen. Pritzker-Preisträger Frank Gehry hat für Mark Zuckerberg ein Gebäude entworfen, das von aussen wie «ein Hügel in der Natur» aussehen soll. Laut dem amerikanischen Designmagazin «Dezeen» hat Mark Zuckerberg den Stararchitekten angewiesen, seinen ersten Entwurf abzumildern, weil er ihm zu protzig erschien.
Anders als bei Apple wird der Park bei Facebook auf dem Dach des einstöckigen Komplexes zu stehen kommen. Darunter entsteht das grösste Grossraumbüro der Welt, ein einziger Raum in dem tausende Menschen auf einer Fläche von 40'000 Quadratmetern zusammenarbeiten werden.
Amazon: Urwald in der Grossstadt
Die geplante Zentrale von Amazon reflektiert ebenfalls das Natur- und Selbstverständnis der Internet-Industrie. Pflanzen und «Natur» werden auch hier eine wichtige Rolle spielen. Die Online-Handelsplattform plant in Seattle drei grosse Glassphären voller exotischer Pflanzen, Büros, Kaffees und Läden.
Zwar baut Amazon nebenan noch traditionelle Bürotürme. Für Aufsehen sorgten aber vor allem die Glaskuppeln. Auch hier soll, so Architekturkritiker Sam Jacob, ein künstliches Ökosystem für die Angestellten geschaffen werden.
Nähe und künstliche Natur
In den Projekten werde die Vernetzung und die vermeintliche Hierarchielosigkeit im Internet und in der Tech-Industrie in eine architektonische Form gebracht, glaubt Sam Jacob. So erkläre sich auch die Abkehr von Hochhäusern und anderen Gebäuden, die eine klare Hierarchie haben. Ein Kreis oder eine Kugel kennt kein vorne und hinten, ebensowenig wie ein Hügel.
Allen Gebäuden der Techgiganten gemeinsam ist laut Sam Jacob auch die Vermischung von Hochtechnologie und Natur zu einer zu einer künstlichen Landschaft. Die Firmen würden sich damit ihre eigene Idealwelt erschaffen. Damit sind die Gebäude der Techgiganten für Jacob «Biosphären der digitalen Welt».