Fracht macht weit mehr als die Hälfte der Seeversicherungen aus.

Fracht macht weit mehr als die Hälfte der Seeversicherungen aus.

Quelle: InfinitumProdux - stock.adobe.co

Feuer, Kollisionen und das Sinken von Schiffen sowie beschädigte Ladung sind die wertmässig häufigsten Ursachen für Schäden in der Schifffahrts- und Transportversicherung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS).  

Der Transport- und Schifffahrtsversicherer analysierte zwischen Januar 2017 und Dezember 2021 weltweit mehr als 240.000 Schadenfälle im Wert von rund 9,2 Milliarden Euro und hat eine Reihe von Schaden- und Risikotrends identifiziert, die zu einer höheren Schadenbelastung in der Schifffahrtsbranche führen. 

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Neben Feuer, Explosionen und Transportschäden ist die Inflation ein weiteres wichtiges Thema für Schiffsversicherer und ihre Kunden. Die jüngsten Wertsteigerungen bei Schiffen und Ladungen führten dazu, dass Schäden und Reparaturen bzw. Ersatz teurer werden, heisst es in einer Medienmitteilung von AGCS.

Zunehmende Brandgefahren

Auch habe die Zahl der Brände an Bord grosser Schiffe in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, berichtet Régis Broudin, Global Head of Marine Claims bei AGCS. Dies hänge häufiger mit der Ladung zusammen und könne leicht zum Totalverlust eines Schiffes oder zu Umweltschäden führen.

Auf Brände entfielen 18 Prozent des Werts der analysierten Schiffsschäden (rund 1.65 Milliarden Euro). Ein Faktor, der zu diesem Anstieg des Brandrisikos an Bord von Schiffen beigetragen hat, ist häufig die Falsch- bzw. Nichtdeklaration (gefährlicher) Ladung, während die jüngste Zunahme von Bränden im Maschinenraum laut AGCS möglicherweise auf mangelnde Kompetenzen der Besatzung hindeutet. Zudem drohten potenzielle Brandgefahren durch den wachsenden Transport von Lithium-Ionen-Batterien auf Schiffen; hier empfiehlt AGCS Massnahmen zur Schadenverhütung.

«Gleichzeitig muss sich die Schifffahrtsbranche auch mit vielen anderen Herausforderungen auseinandersetzen», so Régis Broudin. Dazu zählen Probleme in der Lieferkette, Inflation, unter Zeitdruck arbeitende Crews, zunehmende Schäden durch Extremwetter, die Einführung neuer emissionsarmer Technologien und Kraftstoffe sowie die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine.

Die Inflation lässt den Wert der weltweiten Handelsflotte um 26 Prozent steigen. In vielen Ländern liegt die Preissteigerung bei rund 10 Prozent. Diese Inflation verstärke bestehende Trends, die zu schwereren Schäden führten, so AGCS. Die steigenden Stahl-, Ersatzteil- und Arbeitskosten seien allesamt Faktoren, die Kaskoreparaturen und Maschinenschäden verteuerten.

Darüber hinaus ist der Wert von Schiffen und Ladung in einer Zeit gestiegen, in der die Risiken im Zusammenhang mit grösseren Schiffen, von denen die grössten 20’000 Container auf einmal transportieren können, zunehmen. Der Gesamtwert der weltweiten Handelsflotte erhöhte sich im Jahr 2021 um 26  Prozent auf 1.2 Billionen US-Dollar, während der durchschnittliche Wert der Containersendungen mit mehr hochwertigen Waren wie Elektronik und Pharmazeutika ebenfalls gestiegen ist. Es sei nicht ungewöhnlich, wenn ein Container hochwertige Arzneimittel mit einem Wert von 50 Millionen US-Dollar oder mehr beinhalte, so die AGCS-Analyse. 

Wachsende Zahl von Schadenfällen

Wie der AGCS-Report weiter zeigt, sind beschädigte Transportgüter und -waren die häufigste Ursache für Seeversicherungsansprüche und die drittgrösste nach Wert. Bei den häufigsten Schäden handelt es sich um Sachschäden, die in der Regel auf unsachgemässe Handhabung, Lagerung und Verpackung zurückzuführen sind. 

In den letzten Jahren gab es jedoch auch eine Reihe von Schadensfällen mit hohem Wert durch Diebstahl und Temperaturschwankungen – letztere können besonders Pharmazeutika betreffen. Diebstahl ist eine weitere häufige Schadensursache, wobei es die Kriminellen besonders auf Unterhaltungselektronik und Rohstoffe wie Kupfer abgesehen haben. Die Ladung wird in der Regel in Häfen, Lagern oder während des Transits gestohlen. 

«Das Risiko des Diebstahls und der Beschädigung von hochwertigen Gütern sollte mit zusätzlichen Massnahmen zur Risikominderung angegangen werden, wie z. B. GPS-Tracker und Sensoren, die in Echtzeit Position, Temperatur, Eindringen von Feuchtigkeit oder Licht oder Zutritt zum Frachtraum überwachen», sagt Kapitän Rahul Khanna, Global Head of Marine Risk Consulting bei AGCS. «Gleichzeitig müssen die Frachtunternehmen die versicherten Werte genau im Auge behalten. Kunden müssen unter Umständen ihre Versicherungs- und Policenlimits anpassen oder riskieren, unterversichert zu sein. Wir haben bereits Schadensfälle für hochwertige Containerladungen gesehen, bei denen der Ladungsinteressent um bis zu 20 Millionen US-Dollar unterversichert war.» (pm/hzi/mig)

Dieser Artikel wurde erstmals am 23.11.2022 veröffentlicht.