Die berufliche Vorsorge in der Schweiz ist in den letzten Monaten verstärkt in den Fokus der öffentlichen Diskussion geraten. Im September 2024 kam es zur Abstimmung an der Urne. In den Wochen davor wurde hitzig über die Kosten der Pensionskassen berichtet, und im Parlament wurden kürzlich vier neue Motionen eingebracht – ein markanter Anstieg. Besonders brisant: Drei dieser Vorstösse lehnen sich an die AHV an, und zwei fordern explizit feste Umlagekomponenten in der 2. Säule. Diese Entwicklung weckt Bedenken über die Zukunft der beruflichen Vorsorge und wirft die Frage auf, ob das bewährte kapitalgedeckte System untergraben werden soll.
Kapitaldeckung versus Umlagefinanzierung
Während die AHV auf Umlagefinanzierung basiert, bei der die Beiträge der Erwerbstätigen unmittelbar an Rentner ausgezahlt werden, funktioniert die berufliche Vorsorge auf Basis eines kapitalgedeckten Systems. Dieses Modell bietet langfristige Sicherheit, da jeder Versicherte durch eigene Einzahlungen Kapital aufbaut. Eine Einführung von Umlagekomponenten in der 2. Säule birgt das Risiko, die finanzielle Basis der Pensionskassen zu gefährden und langfristig Finanzierungsprobleme zu schaffen.
Überregulierung und Ungleichgewicht im Vorsorgesystem
Die Diskussion über die berufliche Vorsorge wird weiter durch Debatten über Artikel 46 BVV 2 belastet. Dieser Artikel betrifft speziell Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen, die im Wettbewerb stehen, und schränkt deren Möglichkeiten ein, Leistungsverbesserungen zu gewähren. Es wird festgelegt, dass Leistungsverbesserungen – höhere Verzinsungen der Altersguthaben – nur möglich sind, wenn mindestens 75 Prozent der Ziel-Wertschwankungsreserven erreicht sind. Die OAK BV hat diesen Begriff im Laufe der Jahre präzisiert, aber die wiederholten Anpassungen in den Jahren 2023 und 2024 lassen Zweifel an der Notwendigkeit und dem gewählten Mechanismus dieser Regelung aufkommen.
Artikel 46 BVV 2 betrifft rund 200 Pensionskassen, aber etwa 75 Prozent der Versicherten, während die restlichen Pensionskassen von dieser Regelung nicht betroffen sind. Dies führt zu einer Ungleichbehandlung, die die finanzielle Belastung vieler Versicherter unnötig erhöht. Besonders fragwürdig ist, dass öffentlich-rechtliche Pensionskassen möglicherweise von diesen strikten Regelungen ausgenommen werden könnten – obwohl sie oft eine schwächere finanzielle Position haben als privatwirtschaftliche Einrichtungen.
Balance und Weitsicht gefordert
Die Zukunft der beruflichen Vorsorge hängt von einem ausgewogenen Reformprozess ab. Überregulierung und der Versuch, AHV-Mechanismen auf die 2. Säule zu übertragen, könnten langfristig mehr Schaden als Nutzen bringen. Es ist entscheidend, dass Reformen die Unterschiede zwischen den Systemen berücksichtigen und auf eine faire sowie nachhaltige Lösung abzielen. Nur so kann die berufliche Vorsorge ihre Rolle als stabiler Pfeiler der sozialen Sicherheit in der Schweiz bewahren.