Herr Schlaefli, wie gehen Sie mit den aktuellen Herausforderungen an den Finanzmärkten um?

Es gibt immer Herausforderungen – sowohl heute als auch in Zukunft. Deshalb überprüfen wir regelmässig unsere Anlagestrategie, um flexibel auf Veränderungen reagieren zu können. Aktuell sehen wir beispielsweise, dass Alternative Anlagen immer mehr an Attraktivität gewinnen, während der Schweizer Immobilienmarkt weniger interessante Wachstumschancen bietet. Aktien haben sich historisch als die attraktivste Anlageklasse erwiesen. 

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Der Interviewpartner

Laurent Schlaefli, Präsident inter-pension und CEO Profond Vorsorgeeinrichtung, Zürich.

Was ist Ihnen am wichtigsten?

Für uns ist es wichtig, dass wir die Rentenzahlungen auch in Zukunft sicherstellen können. Dafür setzen wir auf einen positiven Cashflow, der uns erlaubt, Schwankungen an den Märkten auszugleichen. Unsere letzte Analyse der Vermögenswerte und Verpflichtungen hat gezeigt, dass unser Cashflow mindestens für die nächsten 15 Jahre positiv bleiben wird.

Welche Innovationen planen Sie, um sich im wettbewerbsintensiven Markt weiterhin zu differenzieren?

Ich würde nicht von einem intensiven Wettbewerb sprechen. Wir bewegen uns in einem Umfeld, in dem der Anbieterwechsel für KMU oft ein langwieriger und komplexer Prozess ist. Der Wettbewerb ist also moderat, bringt aber Effizienz und Innovation in die Branche. Als autonome Stiftung versuchen wir, unsere Leistungen an die Bedürfnisse unserer Kunden anzupassen. Das betrifft nicht nur die klassischen Leistungen wie Alters-, Todes- und Invaliditätsabsicherungen, sondern auch zusätzliche Leistungen, die für angeschlossene Unternehmen und Versicherte einen Mehrwert gegenüber anderen Anbietern darstellen. So haben wir beispielsweise für die Art und Weise, wie wir mit unserem Ökosystem kommunizieren, den Innovationspreis von Finanz und Wirtschaft erhalten.

Ich gratuliere zum Innovationspreis! - Wie genau gewährleisten Sie eine ausgewogene Balance zwischen Rendite und Sicherheit für Ihre Versicherten?

Profond hat seit ihrer Gründung noch nie Sanierungsbeiträge von ihren Versicherten einfordern müssen. Finanzielle Sicherheit ist für uns zentral. Um diese zu gewährleisten, müssen potenzielle Neukunden bestimmte Kriterien erfüllen, die zur langfristigen Stabilität der Stiftung beitragen. Ohne diese Voraussetzungen machen wir keine Offerte. Auf der anderen Seite erlaubt uns unser positiver Cashflow, wie bereits erwähnt, Wertschwankungen aufzufangen. Dieser Aspekt wird von den Aufsichtsbehörden leider systematisch vernachlässigt zugunsten des Deckungsgrades, der nur eine Momentaufnahme an einem fixen Bilanzstichtag darstellt.

Welche Bedeutung hat Nachhaltigkeit in der Anlagestrategie von Profond, und wie setzen Sie ESG-Kriterien konkret um?

Nachhaltigkeit hat bei uns, wie auch bei anderen Pensionskassen, einen hohen Stellenwert. Für Pensionskassen ist es heute unerlässlich, bei Investitionsentscheidungen auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien zu achten. In den letzten Jahren hat sich das «E» in ESG, nach dem englischen Begriff Environment, gegenüber anderen Aspekten durchgesetzt. Bei Profond haben wir uns verpflichtet, dort zu handeln, wo wir direkten Einfluss nehmen können, insbesondere bei den eigenen Immobilien. Darüber hinaus haben wir vor zwei Jahren in ausländische Aktien über einen speziellen Klimafonds investiert und führen einen aktiven Dialog mit den Unternehmen. Auch mit der Klima-Allianz stehen wir in regelmässigem Kontakt, um unsere Entscheide zu hinterfragen.

Sie sind Präsident des Pensionskassenverbandes inter-pension. Wie beurteilen Sie als Präsident das Abstimmungsergebnis vom 22. September?

Es ist tragisch, dass es den Politikern in 14 Jahren nicht gelungen ist, sich auf eine Reform der 2. Säule zu einigen. Ich glaube nicht, dass es in den nächsten Jahren eine weitere Reform geben wird und wir daher mit dem aktuellen Umwandlungssatz leben müssen. Es liegt an den Unternehmen und den Arbeitnehmern mit Hilfe der Pensionskassen, die positiven Elemente der Reform umzusetzen, darunter vor allem diejenigen, die mit Niedriglöhnen und Teilzeitarbeit zusammenhängen.

Welche übergreifenden Herausforderungen sehen Sie für die Schweizer Pensionskassenbranche?

Ich sehe vier grosse Herausforderungen. Die grösste Herausforderung ist sicherlich die Freiheit des Regulators, die Kompetenzen der Stiftungsräte, um jeden Preis begrenzen zu wollen und sich selbst Kompetenzen zuzugestehen. Eine weitere Herausforderung liegt bei den Politikern für die drei Säulen und die Vorteile der beruflichen Vorsorge zu werben. Die Digitalisierung der Branche sowie eine adressatengerechte Kommunikation in der Öffentlichkeit - insbesondere für Jugendliche- sind sicherlich auch nicht zu unterschätzen.

Der Regulator hat die Mehrverzinsungsmöglichkeit stark eingeschränkt. Dies wird für Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen sicherlich ein Nachteil gegenüber firmeneigenen Kassen. Wie werden sie mit dem umgehen?

Inter-pension steht dieser Regelung kritisch gegenüber, da die Orientierung an einer theoretischen Performance das dezentrale und eigenverantwortliche System der beruflichen Vorsorge untergräbt und die Risikofähigkeit einzelner Einrichtungen unberücksichtigt lässt. Zudem könnte die zulässige Verzinsung der Altersguthaben in bestimmten Fällen unter dem technischen Zinssatz liegen, was die Gleichbehandlung von Aktiven und Rentenbeziehenden gefährdet. Die zusätzlich eingeführte Obergrenze von maximal 2,5 Prozent-Punkten über dem Marktzins wirkt willkürlich und sachlich unbegründet. Wir bedauern, dass die Eigenverantwortung der Vorsorgeeinrichtungen weiter beschnitten wird und stellen in Frage, wie verbindlich die neue Mitteilung tatsächlich ist.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung für die Zukunft der Pensionskassen, und wie unterstützt inter-pension ihre Mitglieder dabei?

Eine grosse Rolle. Wir haben immer noch zu viel Handarbeit. Eine massive Investition in die Digitalisierung mit Hilfe von KI ist notwendig, um die Effizienz in unserer Branche zu erhöhen. Hinzu kommt die Weiterbildung unserer Mitarbeiter in den neuen Technologien bzw. die Ausbildung von neuen, branchenfremden Mitarbeitern aufgrund des Fachkräftemangels. inter-pension hat zwei Arbeitsgruppen gebildet, um einerseits die Weiterbildung der Mitarbeitenden der Mitglieder zu unterstützen und andererseits die Sensibilisierung für die Digitalisierung zu stärken.

Welche Massnahmen empfiehlt inter-pension, um das Know How der jüngeren Generation in die zweite Säule zu stärken?

Unser Fachjargon ist nicht geeignet, um die Komplexität der zweiten Säule zu vermitteln. Daher ist es notwendig, einfache Begriffe zu verwenden und Erklärungen zu formulieren, die alle verstehen. Ein Ansatz, den wir dabei verfolgen, ist, gemeinsam mit dem Vorsorgeforum und anderen Verbänden BVG-Schulungen für junge Influencer durchzuführen. Ihr Ziel ist es, ihre Community über Aspekte der zweiten Säule zu informieren. Diese Aktion wird im 4. Quartal beginnen und das ganze Jahr 2025 andauern.

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