Darum geht's
  • Mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung hat Streitigkeiten bei Erbfällen im Umfeld erlebt, und fast 30 Prozent sogar in der eigenen Familie.
  • Trotz der Relevanz wird die Unternehmensnachfolge oft vernachlässigt und zu spät angegangen.
  • Eine frühzeitige Planung mit erbrechtlichen und vorsorglichen Massnahmen ist essenziell, um das Unternehmen und die Familie abzusichern und steuerliche Vorteile zu nutzen.
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Mehr als die Hälfte aller Schweizerinnen und Schweizer war bereits von Streitigkeiten bei einem Erbfall in ihrem Umfeld betroffen. Knapp 30 Prozent geben sogar an, Querelen dieser Art in der eigenen Familie erlebt zu haben. Das geht aus einer 2019 veröffentlichten Umfrage des Instituts Demoscope hervor. Dennoch steht das Thema Unternehmensnachfolge nur selten oder meist zu spät im Mittelpunkt der Überlegungen. Unternehmer und Unternehmerinnen sind in der Regel mit der Führung und Entwicklung ihres Geschäfts befasst, und das Angehen dieses sensiblen Themas wird vernachlässigt.

Zum Autor

Thomas Wyss ist Head of Wealth Planning bei Lombard Odier in Zürich und Zug.

Es empfiehlt sich jedoch, entsprechende Massnahmen so früh wie möglich in die Wege zu leiten. Denn es geht um die Absicherung der Familie und der Angehörigen und nicht zuletzt auch um die des Unternehmers oder der Unternehmerin – insbesondere da es sich dabei normalerweise um den wichtigsten Vermögenswert der Familie handelt.

Vorsorgeauftrag und überobligatorisches BVG aufsetzen

Es stellen sich zwei zentrale Fragen: Was für ein Ziel soll mit einer allfälligen Übertragung innerhalb der Familie erreicht werden? Was geschieht, wenn ich mein Unternehmen plötzlich nicht mehr leiten kann? Beide Fragen müssen beantwortet werden, um den Fortbestand des Familienunternehmens nicht zu gefährden. Deren Beantwortung hilft, konkrete Massnahmen zu ergreifen und einen Plan für die umzusetzenden Schritte aufzuzeigen.

Für den Fall des oben erwähnten «Ausfalls» der Unternehmerin ist es notwendig, eine Lösung mit einem Vorsorgeauftrag aufzusetzen. Dies ermöglicht die Weiterführung des Unternehmens, bis die Unternehmerin wieder einsatzfähig ist. 

Die familieninterne Nachfolgeplanung gilt es mit den notwendigen Massnahmen im Vorsorgebereich und im Erbrecht entsprechend zu optimieren. Mit einer überobligatorischen BVG-Vorsorgelösung kann einerseits der Bedarf des Unternehmers für den Ruhestand abgesichert werden und anderseits das Unternehmen «leichter» gemacht werden, was die Übertragung des Unternehmens vereinfacht. Damit verbunden lassen sich nicht zu unterschätzende Steuerersparnisse erzielen.

Das Ehegüter- und Erbrecht bietet verschiedene Möglichkeiten, die Unternehmensnachfolge auch in diesem Bereich zu optimieren. Dies ist insbesondere relevant, da beispielsweise die Pflichtteile derjenigen Erben und Erbinnen zu berücksichtigen sind, die das Unternehmen nicht übernehmen. Bei grösseren Unternehmerfamilien kann das Aufsetzen einer Family Governance notwendig sein. Damit kann eine zufriedenstellende Lösung für alle Beteiligten erarbeitet und der Fortbestand des Unternehmens gesichert werden.

Testament oder Erbvertrag

Der Schweizer Rechtsrahmen bietet verschiedene Möglichkeiten für einen harmonischen, erfolgreichen Übergang: Das Testament als einseitige Willenserklärung ist und bleibt ein sinnvolles Instrument, um beispielsweise den Ehegatten, den Konkubinatspartner oder die Kinder beider Ehegatten abzusichern. Der oben erwähnten Umfrage von Demoscope zufolge ist zwar drei Vierteln der Schweizerinnen und Schweizer die Bedeutung eines Testaments durchaus bewusst, aber nur ein Viertel hat ein Testament verfasst.

Die Pflichtteilregelung des Schweizer Erbrechts verpflichtet die erblassende Person, einen Teil ihres Vermögens bestimmten Erbinnen und Erben zuzuweisen. Obwohl die Erbrechtsrevision Anfang 2023 mehr Flexibilität und Autonomie gebracht hat, betragen die Pflichtteile von überlebenden Ehegatten und Nachkommen immer noch einen Viertel. Dies bedingt gerade bei Unternehmerfamilien eine sorgfältige Analyse und Einsetzung der möglichen erbrechtlichen Massnahmen.

Als weiteres Instrument steht der Erbvertrag als gemeinsame Willenserklärung zur Verfügung. Damit können alle Beteiligten inklusive der Pflichtteilberechtigten einbezogen werden und kann allenfalls die Pflichtteilproblematik – mit deren Einverständnis – entsprechend gelöst werden. 

Frühzeitig planen

In der Unternehmensnachfolge erweist sich eine frühzeitige Planung in jedem Fall als ausserordentlich wichtig. Mit geringem Aufwand kann man sich gegen die Folgen wappnen, die bei unzureichender Vorbereitung nicht unerheblich sein können. Wurde im Vorfeld keine Regelung getroffen, nimmt der Unternehmer in Kauf, dass die Konsequenzen nicht dem Willen und den Wünschen aller Beteiligten entsprechen und sogar der Fortbestand des Familienunternehmens gefährdet wird.

Dieser Beitrag ist Teil des am 19. September 2024 erschienenen HZ-Insurance-Print-Specials «Vorsorge».

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