Was Kunden von Versicherern wollen
Versicherer haben ihre Kundenbeziehungen outgesourct. Generalagenten und Broker wissen mehr über die Versicherungsnehmer als die Versicherer. Die dezentrale Vermarktung hat es den Versicherern ermöglicht, so nah am Kunden zu sein wie der Tante-Emma-Laden um die Ecke. Doch durch das sich anbahnende Zeitalter datengetriebener Geschäftsmodelle hat die Kundenbeziehung an Bedeutung gewonnen. In einer fünfteiligen Serie geht HZ Insurance der Frage nach: Was wollen Kunden von Versicherern? Wir stellen ihnen neue Trends und KPI wie den Net Promoter Score vor, gehen auf die Potenziale von Nicht-Versicherern und die Versicherung im mobilen Zeitalter ein und stellen Ihnen vor, welche Rolle die Technologie dabei spielt. In unserem ersten Beitrag geht es um Emotionen und Kundenwünsche.
«Policen zu vernünftigen Preisen, transparente Informationen, reibungsfreie Interaktionen und Unterstützung im Schadenfall: Auf den ersten Blick erscheinen die Bedürfnisse von Versicherungskunden gut nachvollziehbar und wenig kompliziert», stellt die Unternehmensberatung Bain in ihrem Schweizer Versicherungsreport «Die Entschlüsselung der Kunden-DNA» fest. Der Dienstleister Majorel bestätigt das. In einer Studie zusammen mit den Versicherungsforen Leipzig («Kundenmanagement im Versicherungswesen 2019») haben sie herausgefunden, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis die wichtigste Rolle spielt. Majorel und die Versicherungsforen haben mehr als 600 Kunden und über 70 Führungskräfte aus dem Versicherungsbereich befragt. Demnach kommt es für Kunden auf die Verständlichkeit der Informationen (eine Zustimmungsrate von 70 Prozent bei Mehrfachoption), Individualisierungsoptionen (42 Prozent) und einfache Prozesse (36 Prozent) an.
Versicherungsanbieter ermitteln und verkaufen mit grossem Marketing-Geschick ein Gefühl der Sicherheit. Dies findet meist aber nur auf Plakaten, in Werbefilmen und auf Prospekten statt. Um das Sicherheitsversprechen gesamtheitlich zu repräsentieren, erfordert dies eine überzeugende «Sicherheits-Story», die sowohl im Marketing als auch im realen Einkaufserlebnis an den sogenannten Touchpoints bei Generalagent, Broker, im Online-Portal und auf der Internetseite wiederkehrt. Hinzu kommt ein reibungsloser Ablauf der Prozesse, quasi als Beweis der Glaubwürdigkeit des Sicherheitsversprechens.
Wer einmal geht, kommt nie wieder
«Die Vermeidung negativer Erlebnisse ist essenziell, da mehr als die Hälfte der Kunden ihren Freunden und Bekannten von schlechten Erfahrungen berichtet, aber nur weniger als ein Viertel positive Erfahrungen weitergibt», unterstreicht die Unternehmensberatung Deloitte in einer Studie («Was bewegt Kunden? Analyse des Kundenverhaltens im Bereich der privaten Schadenversicherung»). Die Pandemie mit ihren unerwarteten Schäden im Betriebsunterbruch hat die Branche vor eine Zwickmühle gestellt: Kulanzzahlung zur Wahrung des Images oder juristische und ökonomische Genauigkeit? Der Grossteil der Kunden hat sich auf Kompromisszahlungen eingelassen, doch der jüngste gerichtliche Sieg eines Restaurantbesitzers gegenüber der Helvetia weckt Zweifel, die unterschwellig stets vorhanden sind. Die Reaktion auf Kundenseite kann umso heftiger sein, wenn sie das Gefühl hat, über den Tisch gezogen zu werden. Und das Fatale daran ist, dass ein Kunde, der einmal gekündigt hat, in aller Regel nie wieder zurückkehrt. Schlechte Nachrichten verbreiten sich nicht nur schneller als gute, sie bleiben auch stärker und länger im Gedächtnis haften.
Bemerkenswerterweise hat das Image der Versicherer während der Pandemie nicht überall gelitten. In Österreich hat sich der von Bain geschaffene Net Promoter Score der Versicherer verbessert. Dieser misst die Bereitschaft, ein Unternehmen zu empfehlen. Demnach stehen Versicherer in unserem Nachbarland in der Gunst der Kunden jetzt sogar besser da als Banken. In Deutschland ging der Wert noch deutlicher nach oben. Hatten die deutschen Versicherer vor fünf Jahren noch einen negativen Promoter Score, so stieg er im Jahr 2020 von plus 10 auf plus 18. Grund dafür sind die Anstrengungen der Versicherer bei der Digitalisierung. «Gewinner modernisieren systematisch wichtige Kunden-Touchpoints und sprechen damit gezielt digitalaffine Kunden an», stellen die Berater von MSR Consulting fest. Deutsche und österreichische Versicherer haben stark in ihre Front-ends und CRM-Systeme investiert. Kunden honorieren offenbar die verbesserten digitalisierten Services.
Offine- und Online-Kanäle integrieren
Mit dem Heranwachsen der Generation Z meldet sich nun eine Generation zu Wort, die traditionellen Modellen und Hierarchien skeptisch gegenübersteht. Die zwischen 1997 und 2010 Geborenen suchen nach neuen Lösungen und kreieren sie auch. Bislang ging es für Versicherer vornehmlich darum, digitale Service- und Verkaufskanäle auf- oder auszubauen. Mit der Generation Z stehen sie nun vor der Herausforderung, diese Kanäle mit physischen Kanälen zu verbinden: Für typische Z'ler sind Online- und Offline-Kanäle gleichgewichtig, sowohl bei der Erzeugung des Verkaufsimpulses (Beratung durch Freunde und Bekannte) als auch beim Kauf selbst. Neue Konzepte im Retailvertrieb entstehen bereits.