Es gibt nur wenige Themen für Firmen, die derzeit so stark im Wandel sind und bei denen sich so viele Veränderungen abzeichnen. Der Bundesrat hat vor kurzem die «Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange» verabschiedet. Sie basiert auf Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) und tritt am 1. Januar 2024 in Kraft. Daraus ergeben sich zahlreiche neue Aufgaben.

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«Nach wie vor sind die meisten Gesellschaften und Wirtschaftsräume im globalen Norden auf einer nicht nachhaltigen Entwicklung», konstatiert Markus Zemp, Dozent für Leadership und nachhaltige Unternehmensführung an der Hochschule Luzern (HSLU). Das gelte insbesondere für die Umweltverantwortung. «Vor allem das Thema Klimaerwärmung und Treibhausgasemissionen wird die Gesellschaft und damit auch die Unternehmen beschäftigen», so Zemp. «Hier hat die Politik erkannt, dass Freiwilligkeit nicht funktioniert, und wird die Regeln beziehungsweise Gesetze verschärfen.» Damit würden auch die Produzenten sprich Unternehmen zunehmend in die Pflicht genommen.

Berichterstattung wird wichtiger

Auch Christian Vögtlin, Leiter des Center for Corporate Responsibility an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, geht davon aus, dass der Schwerpunkt auf ökologischen Themen wie Klimawandel, Biodiversität oder Energiewandel liegen wird. «Dies gerade auch vor dem Hintergrund der regulatorischen Bemühungen und Initiativen auf EU-Ebene, zum Beispiel des EU Green Deal. Auch die Kreislaufwirtschaft wird dabei eine verstärkte Rolle spielen.»

«Gewinnen wird zunächst das Thema der Berichterstattung, denn voraussichtlich Anfang nächsten Jahres wird die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU in Kraft treten», so Claus-Heinrich Daub, Dozent für nachhaltige Unternehmensführung an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). Diese Berichterstattung definiert eine Rechenschaftspflicht der auf dem EU-Markt tätigen Unternehmen hinsichtlich deren Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft.

«Zentral dabei ist eine sogenannte doppelte Wesentlichkeit (‹Double Materiality›)», so Daub. «Dabei müssen Unternehmen die Wirkung ökologischer und sozialer Aspekte auf ihre wirtschaftliche Lage definieren und rapportieren. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird damit auf eine Stufe mit der Finanzberichterstattung gehoben.»

EU-Regelungen für die Töchter

Schweizer Unternehmen seien zunächst nicht direkt betroffen, einige jedoch mittelbar über EU-Tochtergesellschaften. Vor wenigen Tagen war die erwähnte «Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange» beschlossen worden – und sie wirkt sich in diesem Kontext aus. Wirkung wird der indirekte Vorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative entfalten, der 2023 für Schweizer Unternehmen einige Berichts- und Sorgfaltspflichten mit sich bringt.

Ein zweites, eng damit zusammenhängendes Thema ist der künftige Zwang zur Offenlegung klimabezogener Risiken und Chancen und deren allfällige finanzielle Auswirkungen auf Unternehmen. «Gerade Finanzinstitutionen treibt dieses Thema derzeit verstärkt um», so Daub. «Und damit wiederum eng zusammen hängt ein weiteres Thema, das die CSR- beziehungsweise Nachhaltigkeitsabteilungen der Unternehmen in den kommenden Jahren auf Trab halten wird, nämlich die Formulierung und Umsetzung von Klimaschutzzielen», sagt Daub.

«Als ich mit meinem Forschungsteam 2006 die Bafu-Studie zu ‹Umweltzielen Schweizer Unternehmen› verfasste, begannen die ersten Unternehmen gerade damit, wissenschaftsbasierte Ziele zu formulieren. Heute werden diese ‹Science Based Targets› beinahe schon erwartet – zumindest von grösseren Unternehmen.»

Kreislaufwirtschaft wird an Fahrt aufnehmen

Schliesslich wird das Thema Kreislaufwirtschaft mehr Fahrt aufnehmen. «Die zunehmende Ressourcenknappheit, die in den Corona-Jahren durch Lieferengpässe in den globalen Wertschöpfungsketten noch verschärft worden ist, wird in Kombination mit Überlegungen zu planetaren Belastungsgrenzen zu verstärktem politischem Druck führen, hier schneller voranzukommen», so Daub. «In den Hintergrund treten werden dagegen eher die klassischen Themen des nachhaltigen Managements wie die Entwicklung eines Umweltmanagementsystems oder Zertifizierungen von Arbeits- und Gesundheitsschutz. Da wurde in den letzten Jahren bereist viel geleistet.»

Dieser Artikel ist erstmals erschienen unter dem Titel «Risiken und Folgen» in der Handelszeitung 49/22 vom 8. Dezember 2022