Klarer Trend hin zum Kapitalbezug - Update vom 23.02.24

Bei der Publica, der Pensionskasse des Bundes, sind es inzwischen bereits 50 Prozent der Versicherten, die bei ihrer Pensionierung Kapital beziehen. «Wir beobachten einen klaren Trend hin zum Kapitalbezug in einer Mischform», sagte Direktorin Doris Bianchi zu CH Media. Ein Teil der PK-Gelder werde als Kapital bezogen, ein Teil als Rente. «Je tiefer das Altersguthaben einer Person bei der Pensionskasse ist, desto eher bezieht sie Kapital.» Die Neurentenstatistik zeige, dass generell immer mehr Menschen einen Teil ihres Pensionskassenguthabens als Kapital bezögen, sagte auch Lukas Müller-Brunner, Direktor des Pensionskassenverbands Asip. Allein 2022 seien dadurch Leistungen in der Höhe von fast 11,5 Milliarden Franken bezogen worden – «ein exorbitant hoher Betrag». Das schlage sich in der Statistik insgesamt als tiefere Rentenauszahlungen nieder. (sda/hzi/kbo)

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Kurz vor der Pensionierung stellt sich die entscheidende Frage: Wie sollen angehende Rentnerinnen und Rentner über die Pensionskassengelder verfügen? Rente, Kapital oder eine Kombination aus beidem sind die Optionen, welche in der Regel zur Verfügung stehen. 2021 entschieden sich 44 Prozent der Neubezügerinnen und Neubezüger für die Rente, 36 Prozent für das Kapital und 20 Prozent für eine Mischung. Aber wie trifft eine Person die individuell beste Wahl? Da diese Entscheidung unumkehrbar ist, sollte sie gut überlegt sein und müssen alle denkbaren Parameter mit einbezogen werden.

Diverse Parameter entscheidend

Die jeweilige Familiensituation, der Gesundheitszustand, die Finanzkraft, eventuell vorhandene Erbschaftsziele, Kenntnis der Finanzmärkte und des makroökonomischen Umfelds sind nur einige der vielen Parameter, die zu berücksichtigen sind, bevor eine Entscheidung getroffen wird, die die finanzielle Leistungsfähigkeit einer Person für den Rest ihres Lebens bestimmt. Auch der Umwandlungssatz, mit dem das Kapital in eine Rente umgewandelt wird, bleibt ein wesentliches Kriterium. Je höher der Umwandlungssatz bei gleichbleibendem Kapital ist, desto höher ist auch die Leibrente.

In diesem Punkt sind die Unterschiede zwischen den Pensionskassen erheblich. Laut einer Umfrage von Swisscanto lagen die Umwandlungssätze bei Erreichen des gesetzlichen Rentenalters im Jahr 2022 zwischen 3,48 und 7,2 Prozent, mit einem Durchschnittssatz um 5,4 Prozent, der 2013 noch bei 6,46 Prozent lag und bis 2026 auf 5,25 Prozent sinken dürfte. Infolgedessen verliert die Rente, die häufig wegen ihrer Sicherheit bevorzugt wird, allmählich an Attraktivität.

Zudem liegen diese Sätze bereits jetzt unter den 6 Prozent, die in der BVG-Reform, über die 2024 abgestimmt wird, vorgesehen sind. Das Anrechnungsprinzip des geltenden Gesetzes erlaubt es den Kassen, welche sowohl obligatorische als auch überobligatorische Leistungen erbringen, den gesetzlichen Mindestzinssatz nicht einzuhalten, solange die gesetzliche Mindestleistung insgesamt garantiert bleibt. Offensichtlich haben die Pensionskassen also nicht auf die Reform gewartet, um auf den Zug aufzuspringen.

Der Gastautor

Thierry Ferro, Vermögensplaner und Vorsorgespezialist der Société Générale Private Banking Suisse

Den Wendepunkt bestimmen

Um zu bestimmen, wie viele Jahre es dauert, bis die kumulierten Renten das Anfangskapital erreichen, teilt man 1 durch den Umwandlungssatz (Beispiel für einen Umwandlungssatz von 5 Prozent: 1:5 = 0,2; das entspricht 20 Jahren). Dies ist der sogenannte Wendepunkt.

Nehmen wir das Beispiel einer alleinstehenden Person mit Wohnsitz in Zürich, die kurz vor der Pensionierung steht. Sie besitzt 500'000 Franken in ihrer Pensionskasse mit einem Umwandlungssatz von 5,25 Prozent. Die beiden gegensätzlichen Lösungen sind also eine jährliche Rente von 26'250 Franken oder ein einmaliges Kapital von 500'000 Franken. In diesem Fall ist der Wendepunkt nach 19 Jahren (1/5, 25 Prozent) erreicht.

Steuerbelastung beachten

Die steuerlichen Herausforderungen dürfen jedoch nicht vernachlässigt werden. Nehmen wir ein steuerpflichtiges Einkommen vor dem Bezug aus der Pensionskasse von 70 000 Franken an. In diesem Fall erhöht die Rente die Einkommenssteuer um etwa 6600 Franken, die Nettorente beträgt also nur noch 19 650 Franken (26 250 minus 6600). Bei einem Kapitalbezug wird eine einmalige Steuer auf Kapitalleistungen von 37 000 Franken fällig. Schliesslich hat die Person die Wahl zwischen einer Nettorente von 19 650 Franken oder einem Nettokapital von 463 000 Franken. Ab diesem Zeitpunkt dauert es nicht mehr 19, sondern fast 24 Jahre, um den Wendepunkt zu erreichen (463 000:19 650 = 23,5).

Wird das Kapital abgehoben, kann es anschliessend angelegt werden. Das erste Ziel ist die Deckung der Vermögenssteuer, die durch eben dieses Kapital entsteht, was durch den jüngsten Anstieg der Zinssätze erleichtert wird. Die Finanzmärkte bieten auch einen wirksamen langfristigen Schutz vor Inflation, im Gegensatz zu einer Rente, die in der Regel nicht aufgewertet wird. Generell gilt: Je höher die erwartete Nettorendite, desto attraktiver ist die Kapitaloption. Beispiel: Bei einer jährlichen Nettorendite nach Abzug von Gebühren und Steuern von 1 Prozent ist der Wendepunkt nach über 27 Jahren erreicht. Und wenn man eine dynamischere, stärker auf Aktien ausgerichtete Kapitalallokation in Betracht zieht, die eine jährliche Nettorendite von 2 Prozent erwirtschaften könnte, wäre der Wendepunkt nach 32 Jahren erreicht.

Laut Bundesamt für Statistik beträgt die durchschnittliche Anzahl der Jahre, die ein Mann im Alter von 65 Jahren noch zu leben hat, 19,9 Jahre und für eine Frau 22,7 Jahre. Auf dieser statistischen Grundlage ist es daher unwahrscheinlich, dass die Rentenoption in unserem Beispiel vorteilhaft ist. Im Falle eines Kapitalbezugs ist es jedoch entscheidend, dass die Anlagestrategie der eigenen Finanzkraft und Risikobereitschaft entspricht.

Dieser Beitrag ist erstmals erschienen am 30.11.23 im HZ Insurance Print Special Finanzplanung/Vorsorge unter dem Titel «Der Wendepunkt entscheidet».

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