Der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) will sich im Jahr seines 125-Jahr-Jubiläums verstärkt wichtigen Kernthemen widmen, darunter der Versicherbarkeit von Grossrisiken. Eines dieser Grossrisiken ist das Erdbebenrisiko, das an der Jahresmedienkonferenz des SVV in den Vordergrund gerückt wurde.
In seinem Beitrag zeigte Clemens Markstein, CEO von Baloise Schweiz und Vorstandsmitglied des SVV, auf, wie wenig das Risiko in der Schweiz beachtet wird: «Über 90 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer unterschätzen das Risiko eines mittelstarken Erdbebens in der Schweiz.»
Er bezog sich dabei auf eine vom SVV in Auftrag gegebene Studie von Sotomo: Obwohl die Wahrscheinlichkeit eines solchen Erdbebens der Magnitude 5 bis 6 auf der Richterskala in der Schweiz in den nächsten 50 Jahren bei 80 Prozent liegt, lösen Erdbeben gemäss der Umfrage das geringste Bedrohungsgefühl bei der Schweizer Bevölkerung aus – deutlich hinter Erdrutschen und Hochwasser.
Mehr Sensibilisierung nötig
Das zeigt sich auch beim gewählten Versicherungsschutz. Denn obwohl gemäss Sotomo-Umfrage rund drei Viertel der Bevölkerung die finanzielle Absicherung von Wohngebäuden gegen Erdbebenschäden als eher oder sehr wichtig erachten, zeigt eine interne Erhebung des SVV, dass nur 23 Prozent der versicherbaren Gebäudewerte in der Schweiz tatsächlich gegen Erdbeben abgesichert sind. Clemens Markstein zieht daher den Schluss, dass in der Schweiz noch zu wenig für die Sensibilisierung getan werde. Dabei wäre das Potenzial gross: «Der Wille, sich selbst, eigenverantwortlich gegen das Erdbebenrisiko abzusichern, ist vorhanden und sollte genutzt werden.»
SVV lehnt Eventualverpflichtung ab
In die falsche Richtung geht nach Einschätzung des SVV jedoch der aktuell viel diskutierte Ansatz der Eventualverpflichtung, zu der der Bundesrat an seiner Sitzung vom 13. Dezember 2024 die Botschaft ans Parlament überwiesen hat. Denn diese dürfe nicht als Vorsorge oder gar als Versicherung verstanden werden. «Es handelt sich vielmehr um eine Scheinlösung, deren Durchsetzbarkeit im Ereignisfall nicht gegeben ist», betonte Markstein an der Medienkonferenz.
Nicht nur, dass sie mit einem immensen administrativen Aufwand verbunden wäre – in einer derart angespannten Situation wäre eine Zusatzabgabe seiner Ansicht nach nicht durchsetzbar. Zudem würde es die ohnehin schwierige wirtschaftliche Lage weiter verschärfen, wenn die Schweiz den Wiederaufbau aus eigenen Mitteln stemmen müsste, ohne auf die weltweiten Rückversicherungsmärkte zurückgreifen zu können.
Versicherbares Risiko
Doch es gibt Alternativen, betont Markstein: «Das Erdbebenrisiko ist ein sehr gut versicherbares Risiko, das als Versicherungssparte weltweit etabliert ist.» Ehe eine Zusatzsteuer eingeführt und als Scheinlösung verankert werde, sollte zunächst in eine stärkere Sensibilisierung der Bevölkerung investiert und gegebenenfalls eine obligatorische Koppelung von Erdbeben mit der Feuerversicherung geprüft werden. «Mit der weltweit anerkannten Elementarschadenversicherung verfügt die Schweizer Versicherungswirtschaft hier bereits über sehr gute Erfahrungswerte, die sie gerne zur Verfügung stellt», schloss Markstein seine Ausführungen. (pd/hzi/bdw)