Die bevorstehende Pensionierung löst nicht bei allen Menschen die gleichen Gefühle aus. Vielen ist die Arbeit reines Vergnügen, andere tun sich schwer im Beruf. Je nach der persönlichen Befindlichkeit möchte man erst später in den dritten Lebensabschnitt starten oder sehnt den Ruhestand geradezu herbei. Klar ist: Wir werden immer älter. Das heisst auch, Schweizerinnen und Schweizer verbringen bereits mehr als ein Viertel des Lebens im Ruhestand, und dies mit steigender Tendenz.
Um das Verhältnis zwischen den Arbeitsjahren zu den immer mehr werdenden Ruhestandsjahren anzugleichen, erfolgt die Pensionierung immer häufiger stufenweise. Gemäss einer Studie der Swiss Life Schweiz kann sich die Hälfte der befragten 55- bis 70-Jährigen durchaus vorstellen, nach dem ordentlichen Pensionierungsalter weiterzuarbeiten, oder sie tun dies bereits. Für Studienautor Andreas Christen findet der Austritt aus dem Arbeitsmarkt heute später statt als noch vor 15 Jahren: «Der Zeitpunkt des Altersrücktritts wird häufig selbst bestimmt und den individuellen Präferenzen entsprechend gewählt.»
Selbstständigerwerbende können dies meist einfacher realisieren als Angestellte. Zwar setzt die Wirtschaft heute vermehrt auf flexible Modelle, die nebst der vorzeitigen Pensionierung auch den gestaffelten oder späteren Übertritt in den Ruhestand vorsehen. Dabei sind es vor allem grössere Unternehmen und öffentliche Verwaltungen, die sich spezifisch um die älteren Mitarbeitenden kümmern. Oft haben die flexiblen Pensionierungsmodelle jedoch Experimentiercharakter oder werden nach einem Pilotversuch wieder abgebrochen.
Herausforderungen für Arbeitnehmer
Die demografischen Veränderungen haben einen nachhaltigen Einfluss auf die Gesellschaft. Während sich die älteren Bevölkerungsgruppen vergrössern, schwindet der Nachwuchs aufgrund der niedrigeren Geburtenrate. Um das berufliche Know-how der bisherigen Arbeitskräfte möglichst lange im Unternehmen zu halten, sind neue Beschäftigungsformen notwendig. Dazu gehören Jobsharing-Modelle zwischen Jung und Alt sowie eine sogenannte Regenbogenkarriere, mit weniger Verantwortung und Lohn im höheren Alter.
In der heutigen Wirtschaftswelt, die mitten im digitalen Wandel steht, stellt das die Arbeitnehmer vor erhebliche Herausforderungen. Immerhin haben gewichtige Unternehmen in den letzten Jahren zahlreiche Wahlmöglichkeiten für eine individuelle Pensionierung geschaffen. Dazu gehören etwa Migros, Coop, Novartis, Swisscom, UBS, Axa, Swiss Life oder der Staatsbetrieb SBB, die es ihren Mitarbeitenden erlauben, den Übergang in den dritten Lebensabschnitt flexibler zu gestalten.
Steuern sparen und die Rente aufbessern
Auch der Sozialversicherungsbereich hat sich dem neuen Trend angepasst. In der beruflichen Vorsorge gab es regulatorische Änderungen, um früher oder auch später in den Ruhestand zu wechseln. Zudem können die Vorsorgeeinrichtungen ihren Versicherten eine gestaffelte Teilpensionierung zwischen dem 58. und dem 70. Altersjahr gewähren. Allerdings nutzen längst nicht alle Pensionskassen diese neuen Möglichkeiten in ihren Reglementen aus.
Der Arbeitnehmer sollte die Entscheidungen zur Altersplanung innerhalb des Dreisäulensystems möglichst frühzeitig treffen. Vor allem die staatliche AHV ist nur beschränkt flexibel. Es gibt zwei Wahlmöglichkeiten: erstens die vorzeitige Pensionierung, maximal zwei Jahre früher. In diesem Fall wird die Rente für jedes vorbezogene Jahr lebenslang um 6,8 Prozent gekürzt. Zweitens lässt sich der Bezug um bis zu fünf Jahre aufschieben. Mit dieser Variante können Steuern gespart werden und die Rente fällt im Vergleich zum ordentlichen Pensionsalter um maximal 31,5 Prozent höher aus.
Einkommenslücken vermeiden
In der beruflichen Vorsorge haben die Frühpensionierungen ebenfalls ihren Preis. Die Rente wird pro Jahr an frühzeitig bezogenem Alterskapital um 5 Prozent bis 8 Prozent gekürzt. Damit im Ruhestand keine Einkommenslücken entstehen, drängen sich Überbrückungsrenten oder einbezahlte Gelder aus der Säule 3a auf. Auch durch den zusätzlichen Einkauf von Beitragsjahren in der Pensionskasse lassen sich später verminderte Leistungen teilweise oder voll kompensieren. Der stufenweise Ausstieg aus dem Arbeitsprozess wird durch neue Regulierungen ebenfalls erleichtert. Reduziert ein Mitarbeiter sein Pensum ab dem 58. Altersjahr um bis zur Hälfte, besteht trotzdem die Möglichkeit, zum bisherigen Lohn versichert zu bleiben. Wer über das ordentliche Rentenalter erwerbstätig bleibt, kann seine Pensionskasse bis ins Alter von 70 Jahren fortführen und weiterhin Beiträge einzahlen. Die Arbeitgeber sind jedoch nicht mehr verpflichtet, mindestens die Hälfte der Pensionskassenbeiträge von Versicherten im AHV-Alter zu übernehmen.