Seit Anfang 2015 lebt und wirtschaftet die Schweiz mit Negativzinsen. Was vor der Finanzkrise noch schwer vorstellbar war, hat mittlerweile bereits vier Jahre Bestand: Die Schweizerische Nationalbank bestraft Banken, wenn sie bei ihr Geld parkieren. Es ist gut möglich, dass diese Negativzinsen der Schweiz noch lange erhalten bleiben. Und damit würden sich die Probleme dieser Geldpolitik weiter verschärfen.

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Die Gefahren von Negativzinsen sind offensichtlich: Immer mehr Geld fliesst in den Immobilienmarkt, weil sich dort Investoren noch Rendite versprechen. Es genügt eine kurze Fahrt durch das Schweizer Mittelland. Vielerorts entstehen Mehrfamilienhäuser – und wegen dieses Baubooms stehen immer mehr Wohnungen leer. Rund 72'000 - für Zehntausende Objekte werden derzeit Mieter gesucht.

Die zweite Gefahr lässt sich in den Pensionskassenabrechnungen herauslesen. In der Altersvorsorge wird es immer schwieriger, die Rentenversprechen zu erfüllen. Wegen der tiefen Zinsen haben Pensionskassen und die AHV Mühe, das Geld sicher anzulegen. Das verschärft die Rentenlücke, die bereits wegen der Alterung der Bevölkerung entsteht.

«Eine Umverteilungsübung»

UBS-Ökonom Daniel Kalt nennt die Negativzinsen eine «Umverteilungsübung», die Gewinner und Verlierer schaffe. Die Nationalbank schützt damit die Industrie und den Tourismus vor einer Frankenaufwertung. Auch Kreditnehmer profitieren: Hausbesitzer erhalten günstige Hypotheken, Unternehmen können sich zu guten Konditionen fremdfinanzieren.

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Negativzinsen: Ein wachsendes Problem für die Schweizer Banken.

Quelle: Statista

Die Verlierer sind die Banken als Kreditgeber. Und die Sparer. Damit trifft es alle Schweizerinnen und Schweizer unter 60 Jahren, die heute für ihre Rente Geld beiseitelegen.

Kalt spricht von einer «gesellschaftspolitischen Bombe». «Viele Leute sind sich dessen gar nicht bewusst», sagt der Ökonom über die stetig wachsende Rentenlücke.

Daniel Kalt, UBS chief economist Switzerland, responsible for UBS Switzerland's research publications for private and corporate clients, pictured on January 5, 2012, in Zurich. Kalt regularly holds presentations on a wide spectrum of topics at UBS client events and seminars, and appears on Swiss TV, radio stations and in print media. (KEYSTONE/Martin Ruetschi)

Daniel Kalt: Der Chefökonom der UBS Schweiz warnt vor den «Kollatoralschäden» der Negativzinspolitik.

Quelle: Martin Ruetschi

Der Wirtschaft geht es blendend

Die Negativzinsen sind Teil einer Geldpolitik, die seit der Finanzkrise überaus erfolgreich war: Die Schweizer Wirtschaft hat sich auch dank der Entscheide der Nationalbank in den letzten Jahren stark entwickelt. In diesem Jahr ist das Bruttoinlandprodukt um etwa 2,6 Prozent gewachsen, und auch im nächsten Jahr dürfte es deutlich zulegen: Die UBS schätzt den Zuwachs auf 1,5 Prozent. «Die Unternehmen sind sehr positiv eingestellt», sagt Kalt.

Die Experten der Bank sehen die Weltwirtschaft in der letzten Hälfte eines langen Booms, der zumindest 2019 anhalten dürfe. Eine Rezession würde laut UBS-Ökonom Andreas Köster ihren Anfang in den USA nehmen. Derzeit ist die US-Economy aber in Form.

402159 09: A construction worker wears a patriotic hardhat while working on decorative metal work March 12, 2002 located at the Grove shopping center in Los Angeles, CA. Federal Reserve Chairman Alan Greenspan announced last week that an economic expansion was already "well under way,'''' in effect, declaring that the U.S. economic downturn was over. The mall is scheduled to open March 16, 2002 to the public. (Photo by David McNew/Getty Images)

US-Arbeiter: In Amerika herrscht fast Vollbeschäftigung.

Quelle: Getty Images

Die Chance für die Zinswende

Nun kommt der kritische Zeitpunkt: Bald wird sich entscheiden, ob der Schweizer Leitzins wieder steigt. Die SNB unter Chef Thomas Jordan wird aus Sicht der UBS nur im Windschatten der Europäischen Zentralbank die Zinsen anheben. Die meisten Experten erwarten heute einen ersten Zinsschritt der EZB Ende 2019.

Nur bei einer guten Wirtschaftslage wird die Euro-Zentralbank danach die Zinswende weiterführen. «Der Schweizerischen Nationalbank sind die Hände gebunden», sagt Ökonom Daniel Kalt.