Für die Analysten von Berenberg müssen sich die Investoren des Flughafens Zürich auf härtere Zeiten einstellen. In einer umfassenden Studie zu fünf europäischen Flughafenbetreibern erhielten Zürich und Fraport eine «Verkaufen»-Empfehlung.

Dem ehemaligen «Liebling des Aviatiksektors» drohten geringere Erträge aus dem Flugbetrieb – und die hohen Investitionen in The Circle könnten womöglich nicht die erhoffte Rendite liefern, warnen die Studienverfasser.

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Als Kursziel für die Aktie gibt Berenberg 151 Franken vor. Zum Vergleich: Bei der Publikation der Studie am 24. Juni stand das Papier auf 186.20 Franken; am 16. Juli schloss der Flughafen Zürich nur knapp darunter auf 182.50 Franken.

Doch die Probleme des Flughafens lägen in der längerfristigen Entwicklung und würden bisher vom Markt unterschätzt, so Berenberg.

Regulierung und Rückgang der Erträge

Die grösste Gefahr für den Flughafen Zürich sehen die Privatbanker in der Regulierung und dem neuen Gebührenreglement ab Ende 2020. Obwohl der Bundesrat die Transferzahlung für die neue Gebührenphase entgegen den Vorschlägen des BAZL nicht erhöht hat, erwartet auch der Flughafen Zürich «einen Rückgang der aviatischen Erträge» in den Jahren nach 2020, bestätigt Sprecherin Sonja Zöchling auf Anfrage der «Handelszeitung».

Die Betreibergesellschaft bedauert, dass bei der Berechnung der angemessenen Kapitalverzinsung keine Anpassung an die Tief- oder Negativzinsen vorgenommen wurde. Dies wäre «mit Blick auf die langfristige Investitionskraft notwendig», so der Flughafen Zürich.

Laut Berenberg dürfte der Gewinn pro Aktie (EPS) dadurch «selbst bei einer konservativen Schätzung» im ersten Quartal 2021 um 22 Prozent zurückgehen. 

Zwar ist der Ausgang der Gebührenverhandlungen zwischen dem Flughafen und den Airlines noch offen. Doch der Flughafen versuche schon heute den erwarteten Rückgängen mit verstärkten Investitionen entgegenzutreten, was die Generierung des Free Cash Flows – der freien Mittel des Unternehmens – hemmen werde.

Pessimistisch für The Circle

Tatsächlich stösst das Wachstum im Luftverkehr in Zürich allmählich an seine Grenzen. Zwar plant der Airport mit 50 Millionen Passagieren im Jahr 2040. Doch gegenüber der «Handelszeitung» sagte Flughafenchef Stephan Widrig: «Wir sind realistisch genug, um zu wissen, dass wir mit dem Flughafen keine Wachstumsstrategie verfolgen können». In Kloten könne man wegen der dichten Besiedlung beispielsweise nicht einfach eine neue Piste bauen.

Flughafen-Zürich-Chef Widrig: «Drohnen sind eine Chance»

Flughafenchef Stephan Widrig spricht im Interview über neue Transportmittel, den Streit um Gebühren und seine Wunschdestinationen ab Kloten. Mehr dazu lesen Sie hier.

Stattdessen investiert der Flughafen 600 Millionen Franken ins Milliardenprojekt The Circle, der laut Widrig zum «internationalsten Ort von Zürich» werden soll. Auf 180'000 Quadratmetern werden Hotels, Büroflächen, Detailhändler und ein Gesundheitszentrum Platz finden. Doch für Berenberg wird The Circle «ein teures Projekt mit geringer Rendite».

«Kein besonders gutes Projekt»

Zwar sei es zu begrüssen, dass der Flughafen seinen rückläufigen Aviatik-Erträgen mit einer Diversifizierung begegne. «Doch wir denken nicht, dass The Circle ein besonders gutes Projekt ist», schreiben die Analysten. Der Bau komme mit 18 Monaten Verspätung und habe 20 Prozent mehr gekostet als budgetiert. Nach Steuern werde The Circle nur 2 Prozent Rendite abwerfen. Vor allem das Überangebot am Zürcher Immobilienmarkt ist aus Sicht von Berenberg problematisch.

Die Investor-Relations-Abteilung des Flughafens widerspricht. Man erwarte «deutlich höhere Renditen als die von Berenberg genannten». Trotz den hohen Leerständen in der Region sei der Flughafen bezüglich The Circle positiv gestimmt. «Die Resonanz im Markt ist erfreulich und nimmt laufend zu. Die Lage am besterschlossenen Ort der Schweiz ist unerreicht.»

Tiefere Dividende

Wegen hohen Investitionen und sinkenden Erträgen sei «eine negative Überraschung bei den Dividenden wahrscheinlich», schreibt Berenberg. Im Moment schüttet der Flughafen zusätzlich zur ordentlichen Dividende von etwa 100 Millionen Franken eine Sonderdividende von weiteren rund 100 Millionen Franken aus. Dieses Programm endet 2020, danach fällt die Sonderdividende weg.

«Wir beabsichtigen, unseren Aktionären auch weiterhin eine attraktive Dividende auszuschütten», schreibt der Flughafenbetreiber. «Über deren Höhe können wir zum jetzigen Zeitpunkt nichts sagen.»

Die Berenberg-Analysten vermuten, dass die Mittel dafür unter anderem wegen den «internationalen Ambitionen» des Flughafens kaum mehr vorhanden sein werden. Auch Flughafenchef Widrig hatte im Februar bestätigt, dass man vermehrt in ausländische Flughäfen investieren wolle. Von 5 Prozent des Portfolios solle der Wert in den nächsten fünf bis zehn Jahren auf «etwa 15 Prozent» anwachsen.

Regulierung bewegt Aktienkurs

Der Aktienkurs hat in den letzten Monaten stark auf die regulatorische Diskussion reagiert. Der Vorschlag des BAZL zur Anpassung der Verordnung über die Flughafengebühren im November 2018 sorgte für einen Einbruch – an einem Tag verlor der Titel über 15 Prozent und erholte sich danach lange nur schwach. Erst im Juni – nach dem abschliessenden Entscheid des Bundesrates – ging es mit der Aktie wieder aufwärts.

Von allen Analysten beurteile Berenberg den Flughafen Zürich wohl am pessimistischsten, schreibt Sprecherin Sonja Zöchling. Tatsächlich wird die Aktie bei Swissquote mit «Aufstocken» bewertet. Der Aktienmonitor von «Cash» sieht die Aktie dagegen als «leicht überbewertet» und gibt ihr eine «neutrale» Gesamtbewertung.

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