Herr Heri, machen Sie es sich gerne einfach?
Beim Investieren sicher.
Sie sagen, richtig investieren sei gar nicht so schwierig.
Richtig, die Anleger müssen nur die Finger von kurzfristig motivierten Investitionen lassen.
Das ist oft nicht so einfach.
Die kurzfristigen Spekulationen sind verlockend, gehen aber meist schief. Wer in Aktien investiert, sollte das mit einer langfristigen Perspektive tun.
Auch langfristig kann es schiefgehen.
Wer zehn oder mehr Jahre in Aktien investiert bleibt, verliert kaum je Geld, wenn die Dividenden eingerechnet werden.
Darauf können sich die Anleger in Zukunft verlassen?
An das glaube ich fundamental. Die Weltwirtschaft wird weiter wachsen und auch die Gewinne der Firmen. Das treibt die Märkte nach oben.
Das gilt aber nur, solange die Weltwirtschaft wächst. Derzeit wird öfter das Ende dieses Wachstums proklamiert.
Das gab es schon in den siebziger Jahren. Ich glaube an die Innovationskraft der Menschen und sehe die grossen Fortschritte, etwa in der Medizinal- und Biotechnologie.
Auch wenn sich Investoren auf die lange Frist verlassen, gibt es an der Börse bessere und schlechtere Einstiegszeitpunkte. Jetzt sind die Kurse schon wieder beträchtlich gestiegen. Sollten Anleger jetzt nicht besser mit Investitionen warten?
Auf was?
Auf günstigere Einstiegszeitpunkte.
Die kommen vielleicht nicht. Aktien sind gegenwärtig zwar nicht mehr sehr günstig. Sie sind allerdings auch nicht überbewertet.
Also sollte man jetzt möglichst alles investieren.
Nein, wer jetzt 300 000 Franken erbt, sollte sicher nicht alles auf einen Schlag in Aktien investieren. Es ist besser, dies regelbasiert und über die Zeit verteilt zu tun. Etwa heute 50 000 und dann alle drei Monate wieder 50 000 Franken.
Das regelbasierte Investieren braucht sehr viel Disziplin und bedingt, dass die Anleger an die Langfristperspektive von Aktien glauben. Die meisten sind im Moment sehr skeptisch, auch viele Bankanalysten.
Die meisten Analysten sind sehr jung und skeptisch. Sie haben die neunziger Jahre mit den steigenden Kursen gar nicht erlebt. Sie kennen nur das vergangene Jahrzehnt, die verlorene Dekade, in der Aktien wenig Rendite brachten. Deswegen sind sie gegenüber Aktien grundsätzlich skeptisch.
Wer kauft denn noch Aktien mit einer langfristigen Perspektive?
Anleger, die fundamental analysieren und langfristig an Unternehmen beteiligt sein wollen, weil sie an deren Gewinnwachstum glauben.
Erwin Heri ist Dozent für Finanztheorie an der Uni Basel und war unter anderem Chefinvestor der Credit Suisse. Er hat verschiedene Bücher verfasst, zuletzt «Das verlorene Jahrzehnt – und was Anleger daraus lernen sollten».