Investoren denken beim Thema nachhaltige Anlagen meist zunächst an den Umweltschutz und Investitionen in erneuerbare Energien. Dabei beinhaltet das nachhaltige Investieren viel mehr als nur diesen einen Aspekt. Die Abkürzung ESG, die in diesem Zusammenhang häufig zu lesen ist, steht für Environmental, Social und Governance. So deckt ESG neben den umweltrelevanten Themen auch die soziale und ethische Verantwortung der Unternehmen ab, in die investiert werden soll. Branchen wie Tabak, Glücksspiel, Rüstung und Atomkraft werden aus den meisten ESG Ansätzen exkludiert. Da sie in einem oder mehreren der genannten ESG-Bereiche besonders negativ auffallen. In diese Branchen soll grundsätzlich nicht investiert werden oder wie beim Best-In-Class Ansatz nur in den jeweils Besten in der jeweiligen Branche. Somit soll Druck auf diese Unternehmen ausgeübt werden, sich bei den ESG Kriterien zu verbessern.
Doch wie genau wird die Nachhaltigkeit der Unternehmen überhaupt überprüft?
Rating nach ESG Kriterien
Derzeit gibt es keine einheitlichen Regeln zur Bewertung der Unternehmen nach ESG-relevanten Kriterien. Jede Bank, jeder Informationsdienstleister und jeder Index-Anbieter legt die Kriterien für das Rating und die Rating-Einstufung selbst fest. Dies führt zu unterschiedlicher Bewertung von Unternehmen und insbesondere bei Banken entstehen Interessenskonflikte. Der 2018 von der EU Kommission vorgelegte Aktionsplan zur Regulierung und Standardisierung von nachhaltigen Anlagen soll künftig mehr Transparenz schaffen. Mit den angepassten MiFID-II-Richtlinien werden Bankberater dazu verpflichtet, Privatkunden nach deren ESG-Zielen zu befragen und entsprechend zu beraten. Womit das Thema Nachhaltigkeit weiter an Bedeutung gewinnen wird.
Hintergrund des Aktionsplans ist das Erreichen der Klimaziele des Pariser Klimaschutzabkommens bis 2030. Die öffentliche Hand kann die bestehende Investitionslücke von 180 Milliarden Euro jährlich nicht allein abdecken. Mithilfe des Aktionsplans will die EU Kommission die Finanzströme der Privatwirtschaft nun so lenken, dass die Lücke geschlossen und die Ziele erreicht werden.
Anlagestrategien und Rendite
Als Investor spielt beim gewählten Anlageansatz natürlich die Rendite eine entscheidende Rolle und es kommt zwangsläufig zur Frage, ob man für Nachhaltigkeit auf Rendite verzichten muss. In zahlreichen Studien wurde genau das untersucht. Die deutliche Mehrheit dieser Studien zeigt, dass ESG Anlagen eine bessere oder zumindest gleich gute Rendite wie traditionelle Anlagen erzielen. Dabei scheinen Unternehmen, die sich insbesondere auf eine starke Governance und Umweltschutz konzentrieren, einen besonders grossen Vorteil zu haben. Der Hauptgrund: Diese Unternehmen haben geringere unternehmensspezifische Risiken und sind somit weniger anfällig für starke Kursschwankungen.
ESG Ansatz – auch für Unternehmen lohnend
Aber auch die Unternehmen selbst profitieren davon ESG-Anforderungen umzusetzen. Zum einen können sie somit Geldströme des Kapitalmarkts in ihre Richtung lenken und den Aktienpreis positiv beeinflussen. Gleichzeitig sind die Kapitalkosten aufgrund der geringeren Risiken tiefer, sodass Finanzierungen günstiger werden.
Wie relevant das ESG-basierte Investieren in der Schweiz mittlerweile geworden ist, zeigen uns die Wachstumsraten der nach ESG Kriterien verwalteten Vermögen. Sie sind in den vergangenen Jahren exponentiell gestiegen. Eine Studie der UZH zeigt, dass seit dem Ausbruch der Finanzkrise die verwalteten Vermögen mit ESG-Fokus von knapp 20 Milliarden auf über 390 Milliarden Schweizer Franken gestiegen sind. Gemäss einer Studie der Hochschule Luzern gab es 2018 insgesamt 423 Publikumsfonds mit ESG-Fokus, die in der Schweiz zum Vertrieb zugelassen waren.
Diese Zahlen dürften in Zukunft noch deutlich weiter steigen und somit für einen positiven Beitrag der Finanzindustrie beim Thema Nachhaltigkeit sorgen.
*Christos Maloussis ist Market Analyst und Premium Client Manager bei der IG Bank.