Nach fünf Jahren Hausse am Aktienmarkt stellen sich mehr und mehr Anleger die Frage: Bin ich schon zu spät dran oder lohnt sich der Einstieg noch? Eine 100-prozentig zuverlässige Antwort auf diese Frage gibt es nicht, denn die Börsenkurse lassen sich nicht mit Sicherheit vorhersagen. Doch es gibt Hilfsmittel, die zumindest Hinweise geben, wo eine Börse gerade steht in ihrem Zyklus und wie die Kurschancen aussehen.

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Eines der beliebtesten Instrumente dafür ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (Gewinn je Aktie/ Aktienkurs). Auf der Suche nach Orientierung hilft diese Kennziffer zwar, doch sie hat auch Schwächen. Etwa jene, dass das KGV bei einem einmaligen Rekordgewinn eines Unternehmens vergleichsweise niedrig ausfallen kann und dass es damit falsche Hinweise auf die Bewertung der Aktie gibt.

Zyklisch bereinigtes KGV – der Durchschnitt zählt

Dieses Manko hat das um zyklische Faktoren bereinigte Kurs-Gewinn-Verhältnis CAPE - cyclically-adjusted price-earnings ratio nicht. Diese Bewertungskennzahl geht auf den Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller zurück. Beim CAPE werden die Kurse durch die durchschnittlichen Gewinne der vergangenen zehn Jahre geteilt. 

Mit diesem durchschnittlichen KGV lassen sich gute Ergebnisse erzielen. Laut einer Studie des Vermögensverwalters Star Capital brachte der Einstieg bei Werten des CAPE von unter 8 in den folgenden 15 Jahren jährliche Wertzuwächse von durchschnittlich 13,1 Prozent. Der Einstieg bei niedriger Bewertung ist das klassische antizyklische Investieren. Investoren, die hingegen prozyklisch agiert hatten und erst bei einem CAPE von über 32 eingestiegen waren, konnten laut Star Capital in den folgenden 15 Jahren in der Regel keinen Wertzuwachs erzielen. Häufig gab es sogar spürbare Kursverluste. Der US-Aktienmarkt mit dem S&P 500 notiert beim CAPE zwar noch nicht in dieser hohen Bewertungsrelation, jedoch mit einem Wert von 25 schon über dem Durchschnitt von 16.

Bessere Performance bei einem Fokus auf die Gewinnrendite

Nicht nur CAPE und KGV – Anleger sollten auch Renditekennzahlen bei der Aktienwahl berücksichtigen. Interessante Ergebnisse dazu liefert die Studie von John Alberg und Mike Seckler vom Investmentberater Euclidean Technologies Management. Die Analysten verglichen im Zeitraum von 1973 bis 2012, wie sich die Aktienkurse von Unternehmen mit einer hohen Rendite auf das investierte Kapital (ROIC – return on invested capital) sowie abhängig von der Gewinnrendite (Gewinn je Aktie nach Steuern/Kurs) entwickelten.

Mit einem jährlichen Plus von 18,6 Prozent schnitt das Depot am besten ab, das nur die Gewinnrendite berücksichtigt, ein gleichgewichtetes Portfolio aus ROIC und Gewinnrendite brachte 16,8 Prozent, ein rein ROIC-gewichtetes Portfolio nur 13,9 Prozent. Auf jeden Fall brachte die Berücksichtigung von Gewinn- und Kapitalrendite jeweils eine Outperformance gegenüber dem breiten Markt. Der S&P 500 schaffte im Beobachtungszeitraum nämlich nur ein Plus von 9,8 Prozent im Jahr.

Hohe Gewinne bei Kauf bei einem einstelligen KGV

Ergänzend untersuchten Alberg und Seckler für die Zeit ab 1990 auch, wie die Ergebnisse von der Marktstimmung beeinflusst werden. Die Grundannahme lautete: Bei einem steigenden Shiller-KGV ist die Stimmung optimistisch und bei einem fallenden CAPE pessimistisch. Das Resultat waren ansehnliche Performance-Werte für fast alle Strategien in optimistischen Phasen, doch in pessimistischen Phasen war ein Investment in günstige Unternehmen mit hoher Gewinnrendite klar überlegen.

Dass sich antizyklisches Verhalten auszahlt, belegt auch eine Studie von Ned Davis Research. Während im S&P 500 seit 1984 bei KGV-Bewertungen über 16,5 ein durchschnittliches jährliches Minus von einem Prozent zu Buche stand, brachten Käufe mit einer KGV-Bewertung von unter 9,5 ein jährliches Plus von 19,9 Prozent.

Antizykliker achten auch auf den Kurs/Umsatz

Zum gleichen Ergebnis führt auch die Betrachtung des Kurs-Umsatz-Verhältnisses. Bei Relationen von unter 0,83 – also bei einer tiefen antizyklischen Bewertung – warf der S&P-500-Index in der Vergangenheit im Schnitt ein jährliches Plus von 12,4 Prozent ab. Bei Kurs-Umsatz-Verhältnissen von mehr als 1,26 gab es hingegen nur einen geringen Zuwachs von 0,3 Prozent. Auf der Basis der Schätzungen von Ned Davis Research beläuft sich das Kurs-Umsatz-Verhältnis im S&P 500 derzeit auf 1,65. Das ist ein überdurchschnittlich hoher Wert, was zumindest langfristig betrachtet zu einer gewissen Vorsicht mahnt. Allerdings bedeutet das nicht, dass sich eine Hausse nicht über eine noch längere Zeit und mit deutlich steigenden Bewertungszahlen fortsetzen könnte. Die Dotcom-Blase beispielsweise endet erst bei einem CAPE von 46.