Die Schweizerische Nationalbank (SNB) kann notfalls «so viele Franken drucken, wie die weltweite Investorengemeinschaft verlangt», schreibt die Credit Suisse in einer Studie. Andere wie SVP-Stratege Christoph Blocher wiederum bedrängen die SNB, weil der Mindestkurs langfristig nicht zu halten sei. Was ist nun richtig?

Die SNB kann tatsächlich ihre Waffen unbegrenzt selbst herstellen. Allerdings bläht sich dabei ihre Bilanz mit Positionen in Euros auf. Dies allein ist kein Problem. Andere Zentralbanken wie die von Hongkong, Singapur und Taiwan haben sogar höhere ausländische Devisenbestände angesammelt. So weit die Schönwetterlage.

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Bräche die Euro-Währungsunion aber auseinander, dann könnten die Abwertungen auf den Euro-Positionen das Eigenkapital der SNB auffressen. «Kein Problem», sagen manche Ökonomen, die Bilanz könnte durch negatives Eigenkapital auf der Aktivseite ausgeglichen werden. Auch für diesen Fall gibt es Beispiele. So haben Notenbanken von Chile, Israel, Mexiko und Tschechien mit negativem Eigenkapital operiert – aber nur temporär.

Skeptische Nationalbank. Kann die Schweiz sich das Gleiche erlauben? Zweifel sind angebracht. Sie kann zwar das Geld schöpfen, um die Schulden abzutragen. Aber damit verliert sie die Kontrolle über die Geldpolitik. Die Inflationsgefahr wächst. Zudem würden die Ausschüttungen an Bund und Kantone ausfallen. Das Teflonimage wäre dahin. Das darf die SNB nicht sorglos zulassen.

«Mit dem Gelddrucken kann Eigenkapital nicht nachhaltig aufgestockt werden», sagt auch SNB-Präsident Thomas Jordan: «Ein lang anhaltender Zustand von negativem Eigenkapital ist auch für eine Zentralbank nicht unproblematisch, weil er langfristig ihre Glaubwürdigkeit und ihre Unabhängigkeit gefährden kann. Deshalb ist es für die SNB zentral, eine ausreichende Eigenkapitaldecke zu halten.» Seit 2010 musste die Nationalbank bereits massive Eigenkapitalverluste hinnehmen. Für Jordan ist daher die Wiederherstellung einer ausreichenden Kapitalbasis «unabdingbar».

Historische Erfahrungen. Die Geschichte lehrt uns, dass die SNB schon mehrfach für ihren Ruf kämpfen musste. Während des Ersten Weltkrieges stützte sie den Bund mit Krediten zur Landesverteidigung. Die Folgen: 1918 erreichte die Jahresinflationsrate 25 Prozent, 1922 rutschte die Schweiz in eine tiefe Deflation, begleitet von einer starken Rezession. Und 1978 intervenierte die SNB auf den Devisenmärkten – wie heute – gegen eine Frankenaufwertung. Drei Jahre später kletterte die Inflation auf 7,5 Prozent. Und in jeder Krise stieg der politische Druck auf die SNB.

Oft unterschätzt wird die Dynamik der Prozesse. Europa steht vor politischen Veränderungen von historischem Ausmass. Nichts ist garantiert. Die SNB kann rasch Chancen ergreifen, auch temporär. In Umbruchphasen kann sie Währungskörbe bilden, zum Beispiel mit Norwegen, Dänemark oder England. Oder Kapitalverkehrskontrollen einführen, wie sie auch im EU-Vertrag für den Ernstfall ausdrücklich geregelt sind.