Im April 2020 war Corona noch in den Anfängen, doch die Sorge war gross, dass die internationale wirtschaftspolitische Reaktion auf die Pandemie zwar qualitativ richtig, quantitativ aber überzogen sein könnte. Das Gefühl für die Grössenordnung unserer Staatseingriffe und die Angemessenheit von Massnahmen schien uns verloren gegangen zu sein. Die befürchteten Folgen? Ein unnötig grosser Einbruch unserer Konjunktur, eine dauerhafte, starke Belastung der Gesellschaft durch Schulden und höhere Steuern, sowie Inflation.
Genau das scheint eingetroffen zu sein. Weltweit war der Wirtschaftseinbruch einmalig tief, die Budgetdefizite sind zu gross geworden, wir haben viel zu viel Geld gedruckt und die Inflation ist uns davongelaufen.
Aus Fehlern kann man lernen. Muss man aber nicht. Und scheinbar schon gar nicht in der Politik. Schon wieder vergessen wir die Grössenordnung der Effekte, schauen auf die falschen Stellgrössen und verfallen in wirtschaftspolitischen Aktivismus.
Diesmal heisst der Feind nicht Corona, sondern Inflation. Genau jene Inflation, die wir gerade erst selbst erzeugt haben. Die Bürgerinnen und Bürger wollen geschützt sein vor den Widrigkeiten der Wirtschaftsentwicklung. Die Politikerinnen und Politiker meinen, dass wir uns das leisten können. Noch einmal paart sich Vollkasko-Mentalität mit dem Schlachtruf nach Solidarität.
Wir verpulvern Energie, Zeit und Geld
Leisten können wir uns ein solches Politikverständnis heute aber genauso wenig, wie wir uns die Giesskanne während Corona leisten konnten. Wir verpulvern Energie, Zeit und Geld mit dem Bekämpfen der Symptome unserer inflationären Wirtschaftspolitik und tun das mit genau den Mitteln, die erst zur Inflation geführt haben. Nochmals versuchen wir die Nachfrage zu befeuern über mehr Schulden und weiter fallende Realzinsen. Was denken wir, werden die Folgen dieser Politik sein?
Wann das aufhört? Wenn wir begriffen haben, dass wir das Hauptproblem, das wir mit unserer inflationären Politik der vergangenen Jahre ausgelöst haben, überhaupt noch nicht erkannt haben. Hohe Inflation bedeutet auf Dauer auch hohe Zinsen. Hohe Zinsen reduzieren unser Vermögen im gleichen Moment, in dem hohe Inflation unsere Kaufkraft vernichtet. Das ist etwas, was sich weder unser Altersvorsorge- noch unser Finanzsystem leisten kann. Das ist etwas, was unsere Gesellschaft in ihrem Bestand bedroht.
Lassen Sie uns darüber reden und nicht über die ökologisch unsinnige Subventionierung von Mobilität oder Sondersteuern auf Krisengewinner.
Klaus Wellershoff ist regelmässiger Kolumnist der «Handelszeitung», Gründer des Beratungsunternehmens Wellershoff & Partners und ehemaliger Chefökonom der Grossbank UBS. Er unterrichtet an der Universität St. Gallen und bekleidet eine Reihe von Stiftungs- und Verwaltungsratsfunktionen in Wissenschaft, Kultur und Sport.