Am 22. September 2022 beendete die Schweizerische Nationalbank (SNB) nach fast acht Jahren die Ära der Negativzinsen und hob den Leitzins auf 0,5 Prozent an. Die SNB trug damit der hohen Inflation Rechnung. Diese lag in der Schweiz im August bei 3,5 Prozent und damit weit über dem Nationalbankenziel von 2 Prozent. Im europäischen und weltweiten Vergleich steht die Schweiz damit aber noch gut da.
So liegen die Teuerungsraten in der Euro-Zone und in den USA, aber auch in Grossbritannien weit über denen der Schweiz. Die entsprechenden Notenbanken haben auch bereits um einiges höhere Leitzinsen als in der Schweiz, auch wenn die Europäische Zentralbank (EZB) noch sehr lange mit der Zinswende zögerte.
In der westlichen Welt gehen die britische Bank of England und die Federal Reserve in den USA mit den Zinserhöhungen voran. Grossbritannien bekämpft dabei zusätzlich zur Inflation auch noch den drastischen Verfall des Pfunds.
Einzig Japan entzieht sich bisher dem globalen Trend und hält an Negativzinsen fest. Die Notenbank hält die aktuelle Teuerung für nicht nachhaltig und will deshalb keine höheren Zinsen. Folge ist ein starker Wertverlust der Landeswährung Yen. Der Yen verlor zuletzt so stark an Wert, dass die Regierung im September 2022 zum ersten Mal seit 24 Jahren am Devisenmarkt eingriff, um den Absturz zu stoppen.
Zinssenkungen sind bei den wichtigsten Zentralbanken zurzeit die Ausnahme. Zu den Querschlägern gehört die Chinesische Volksbank, die die Zinsen wegen der Immobilienkrise und der schwächelnden Wirtschaft infolge der Zero-Covid-Politik senkte. Mit einem Leitzins von 3,65 liegt China damit nur noch weniger als einen 0,5-Prozent-Zinsschritt über der Fed.
Zinssenkungen trotz Inflation
Weitere Aussenseiter sind Russland und die Türkei. Im Fall von Russland erhöhte die Notenbank nach dem Einmarsch in die Ukraine die Zinsen stark, um den Rubel-Verfall wegen der westlichen Sanktionen zu stoppen. Als der Rubel wieder erstarkte, konnte Russland den Leitzins wieder senken, auf zuletzt noch 7,5 Prozent. Dennoch kämpft das Land mit einer hohen Inflation von 14 Prozent im August.
In der Türkei ist die Inflation sogar völlig aus dem Ruder gelaufen. Sie stieg im August auf 80 Prozent zum Vorjahresmonat. Die Schwäche der Währung Lira macht importierte Waren immer teurer und der russische Angriff auf die Ukraine erhöhte zudem die Preise von Energieträgern und Getreide. Dazu kommt die Politik der Notenbank, die nach den Vorgaben des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nichts gegen die Teuerung unternimmt.
Erdogan ist ein strikter Gegner höherer Zinsen, die die Inflation dämpfen könnten. Die Zentralbank senkte deshalb den Leitzins entgegen der volkswirtschaftlichen Notwendigkeit im September von 13 auf 12 Prozent. Dennoch ist dies im internationalen Vergleich weiterhin ein hoher Zinssatz.
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