Die globale Verschuldung ist auf Rekordniveau: Im ersten Quartal 2019 wuchs der Schuldenberg viel schneller als die Weltwirtschaft. Nämlich um 3 Billionen Dollar auf insgesamt 246,5 Billionen Dollar oder 320 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung; dies meldet das Institute of International Finance (IIF).
Das heisst: Die Welt ist dreimal so hoch verschuldet wie sie pro Jahr erwirtschaftet. Dafür sorgten zuletzt vor allem die Schuldenaufnahme der US-Regierung und durch Unternehmen in der ganzen Welt.
Der Zeitpunkt des IIF-Berichts ist heikel, denn Zentralbanken auf der ganzen Welt erwägen, ihre bereits historisch tiefen Zinsen noch weiter zu senken. Die Schuldenaufnahme würde dadurch noch weiter befeuert.
Gemäss IIF stieg die Kreditaufnahme der Schwellenländer auf ein neues Rekordhoch von 69 Billionen Dollar. Ein beträchtlicher Teil davon stammt aus China. Überhaupt ist die Volksrepublik eine noch viel grösserer Gläubigerin als bisher bekannt.
Grösster staatlicher Gläubiger
Seit dem Jahr 2000 ist Chinas Kreditvergabe im Ausland explodiert: Insgesamt umfassten die chinesischen Auslandskredite 2017 rund 5 Billionen US-Dollar – etwa 6 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die meisten vergibt die staatlich kontrollierte Zentralbank, aber auch die chinesische Regierung selbst oder die Staatsbanken vergeben immer mehr direkte Kredite, vor allem an Schwellen- und Entwicklungsländer.
Damit ist die Volksrepublik der grösste staatliche Gläubiger der Welt – doppelt so gross wie die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) zusammen. Das Problem dabei ist die fehlende Transparenz: Etwa die Hälfte der Kredite taucht in keinen offiziellen Statistiken auf.
Dies zeigt eine neue Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft und der Harvard University. Darin haben die Wissenschaftler die Kreditflüsse aus China analysiert – der umfassendste Überblick dieser Art.
Das bisher nicht bekannte Volumen der chinesischen Auslandskredite gefährde die Finanzstabilität insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern und könnte die Schuldenprobleme vieler Länder sogar noch befeuern. Denn das Problem ist für die schwächsten Kreditnehmer am gravierendsten: Vor allem kleinere und ärmere Länder sind heute durchschnittlich mit 15 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung gegenüber China verschuldet – viele davon in Afrika. Djibuti ist am abhängigsten von den Krediten aus China, und zwar in Höhe von 96 Prozent des BIPs.
«China war auch schon früher ein aktiver internationaler Geldgeber vor allem für kommunistische Bruderstaaten. Aber der jüngste drastische Anstieg ist historisch nur mit der US-Kreditvergabe in den beiden Weltkriegen vergleichbar. Er geht vor allem auf die starke Expansion der chinesischen Volkswirtschaft und die neue globale Ausrichtung des chinesischen Staates zurück», sagt Christoph Trebesch vom IFW Kiel.
Während bei anderen offiziellen Gläubigern die Kreditvergabe an Entwicklungs- und Schwellenländer zu vergünstigten Konditionen üblich ist, werden etwa 60 Prozent der chinesischen Kredite zu höheren Zinssätzen und kürzeren Laufzeiten vergeben. Die chinesischen Gläubiger sichern sich zusätzlich durch Vertragsklauseln ab, die eine Rückzahlung durch Sachleistungen wie etwa Öl-Exporte oder andere Rohstoffe garantieren.