Apple hat es geschafft, während der zweistündigen Keynote zum Auftakt der Entwicklerkonferenz WWDC in San Francisco kein Wort über die Geräte des Konzerns zu verlieren. Weder über neue iPhones oder iPads, noch über neue Macs hat Apple-Chef Tim Cook gesprochen. Auch wenn Apple für neue Produkte eigene Präsentationen veranstaltet, überraschte der iPhone-Konzern immer wieder die Beobachter zum WWDC-Auftakt mit einem neuen Gerät. Diesmal war es nicht so.
Apples Keynote war vielmehr ein Hilferuf der Art «Fragt nicht, was wir für euch tun können - wir sagen euch, was ihr für uns tun könnt». Apple öffnet einige seiner wichtigsten Anwendungen für den Zugriff von Entwicklern – und hofft, auf diese Weise die Apple-Welt noch attraktiver zu machen.
Siri soll besser werden
Zum Beispiel Siri. Der digitale Assistent wurde 2011 mit dem iPhone 4S eingeführt, blieb aber bislang hinter den Erwartungen zurück. Siri kann zwar auf Zuruf Telefonnummern wählen, eine iMessage von Apple oder eine SMS verschicken und Aktienkurse ansagen. Der Assistent versagte jedoch bei dem Befehl, Musik vom Streamingdienst Spotify abzuspielen oder ein Taxi zu rufen. Siri konnte bisher nur auf wenige ausgesuchte Internet-Quellen zugreifen, darunter Yahoo, Wikipedia und Yelp.
Das soll sich künftig ändern. Ab Herbst sollen Entwickler ihre Anwendungen mit Siri verknüpfen. Dann wird Siri auch WhatsApp nutzen können und Anrufe per Skype erledigen. Oder auf Zuruf ein Training in den Anwendungen Runkeeper und Runtastic starten und beenden. Siri könnte endlich zu dem werden, zu dem es eigentlich längst hätte werden sollen: zu einem digitalen Assistenten, der seinem Nutzer in allen Belangen hilft. Das funktioniert künftig sogar auf den Apple-Computern.
Fremde Apps können jetzt viel tiefer vordringen
Dafür wird es höchste Zeit. Amazon hat seinen Assistenten Alexa für Entwickler längst geöffnet. 1000 Alexa-Erweiterungen für Fremdentwickler gibt es schon, sogenannte Skills, die es ermöglichen, auf Zuruf Pizza zu bestellen, Kreditkartenumsätze abzufragen oder das TV-Programm zu durchsuchen. Ein kleiner Lautsprecher mit der Bezeichnung «Echo» nimmt diese Sprachbefehle entgegen. Bald dürfte Alexa auch in Deutschland verfügbar sein.
Überhaupt lässt Apple fremde Apps nun an Stellen vor, die bislang nicht dafür vorgesehen waren. So wird ein Internet-Telefonat beispielsweise über Skype künftig in der iPhone-Software genauso dargestellt wie ein normales Telefonat. Sogar im Adressbuch gibt es dafür eigene Buttons. Bislang waren sie dort nur für normale Telefonate oder für Anrufe über Apples Internet-Telefonie-Dienst Facetime vorgesehen.
Aufgepeppte Karten-App
Auch seine neu gestaltete Karten-Anwendung Maps will Apple mit Hilfe der Entwickler aufpeppen, um sich gegen Google Maps zu stemmen. Entwickler können dafür Erweiterungen programmieren, die es aus der Karten-App erlauben, beispielsweise Restaurants zu buchen, ein Taxi zu rufen und auch gleich zu bezahlen, ohne die Anwendung verlassen zu müssen. Apples Karten-App kämpft immer noch mit ihrem schlechten Ruf, den sie einem holprigen Start zu verdanken hat.
Vielversprechend ist auch Apples Öffnung des Nachrichtendienstes iMessage, den Apple runderneuert und mit allerlei Spielereien und Effekten versehen hat. Sprechblasen können nun größer und pulsierend übertragen werden, der Hintergrund lässt sich mit Konfetti-Effekten versehen und für eingetippte Wörter werden automatisch Emoticons vorgeschlagen. Sogar Handschrift wird der Messenger übertragen können, wenn die nächste Version des iPhone-Betriebssystems iOS 10 im Herbst eingeführt wird.
Noch mehr Vielfalt werden fremde Entwickler bringen, die ihrerseits den Messenger mit animierten Stickern, Verfremdungen von Kamera-Aufnahmen oder sogar eine Bezahlfunktionen versehen können.
Schmeicheleien von Cook
Apple gab in San Francisco nicht nur einen Einblick in die nächsten Versionen der Betriebssysteme für die Apple-Computer, iPhones und iPads, Apple TV und Apple Watch. Konzern-Chef Cook schmeichelte den anwendenden Entwicklern auch. 13 Millionen von ihnen haben sich bei Apple bereits registriert. Im AppStore gibt es schon zwei Millionen Anwendungen. 50 Milliarden Dollar wurden über die Jahre an die Programmierer ausgeschüttet. 130 Milliarden ihrer Apps wurden heruntergeladen.
Für Apple werden Dienste und Anwendungen immer wichtiger. Sie festigen das gesamte Apple-System in einer Zeit, in der sich die Hardware der Hersteller immer weniger unterscheidet. Apple musste zuletzt den ersten Umsatzrückgang seit 13 Jahren vermelden. Viele Märkte sind gesättigt, Nutzer kaufen sich seltener die neusten iPhone-Modelle. In diesem Jahr könnte Apple zum ersten Mal weniger iPhones verkaufen als im Vorjahr.
Veränderungen im AppStore
Umso wichtiger wird das Wohlwollen der Entwickler. Apple hatte bereits in der vergangenen Woche wichtige Veränderungen für seinen AppStore zu Gunsten der Entwickler angekündigt. So können künftig alle Apps – also auch Spiele – als Abonnement angeboten werden, die sich automatisch verlängern. Apples Anteil von 30 Prozent an den Verkaufserlösen reduziert sich nach einem Jahr auf die Hälfte. Überhaupt können Entwickler die Preise - beispielsweise für Neu- und Bestandskunden - künftig flexibler festlegen.
Die meisten Anwendungen, die bei Apple eingereicht werden, sollen künftig binnen 24 Stunden im AppStore auftauchen, 90 Prozent sollen den Zulassungsprozess binnen zwei Tagen durchlaufen. Für die Entwickler ist das eine Erleichterung, in der Vergangenheit warteten sie häufig sieben Tage und länger.
Mit einer neuen iPad-App will Apple nun auch den Nachwuchs umwerben. Die Anwendung Swift Playground soll Kinder auf spielerische Weise an die hauseigene App-Programmiersprache «Swift» heranführen, die besonders einfach erlernbar sein soll. Was Apple damit sagen will: Programmieren ist kinderleicht. Tim Cook scheint grosse Hoffnung darauf zu setzen: «Swift Playground wird das Programmieren auf dem iPad revolutionieren.»
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