Margarita Louis-Dreyfus liebt Dramatik. Im Zürcher Kongresshaus gönnte sich die in Sankt Petersburg geborene Miterbin des Agrarhandelskonzerns Louis Dreyfus im Oktober Dostojewskis Kriminalwerk «Schuld und Sühne», gespielt vom Tschechow-Kunsttheater Moskau. Einen grossen Auftritt hatte sie zuvor selbst – in der Wirtschaftswelt. Nach dem Tod von Gatte Robert Louis-Dreyfus 2009 übernahm sie vor zwei Jahren das Präsidium des Familienkonzerns. Nun beginnt sie auch privat eine neue Liaison: mit Ex-SNB-Präsident Philipp Hildebrand.

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Es ist ein Bund eher auf Augenhöhe als mit dem einstigen Firmenpatron, neben dem Margarita Louis-Dreyfus trotz Jura- und Wirtschaftsstudium als Hausfrau und Mutter im Schatten stand. Die Zeiten sind vorbei. Raffiniert ergriff sie die Macht im Konzern. Sie setzte Vertraute ihres verstorbenen Gatten ab, erhob sich zur Ratspräsidentin der Stiftung Akira, die auf vier Milliarden Franken geschätzt wird. Dort hatte Robert Louis-Dreyfus seine 61 Prozent an der Louis Dreyfus Holding gesammelt und einen Verkaufsstopp für 99 Jahre gesetzt. Seine Ehefrau erhielt für sich rund 300 Millionen Franken. Sie wolle den Wunsch ihres Gatten erfüllen, den Konzern für die Erben zu bewahren, sagt sie. Zugleich schliesst sie einen Börsengang aber nicht aus und zieht so Skepsis auf sich, was sie mit dem Konzern vorhat.

Die Verbündeten

Ihren Draht in die Schweizer Wirtschaft muss sich Margarita Louis-Dreyfus erst noch wickeln. Trotz schweizerischem und französischem Pass und ihrer Position als Präsidentin eines der weltgrössten Rohstoffhändler hat es die gebürtige Russin schwer, in diesem männerdominierten Metier an Ansehen zu gewinnen. Doch langsam fällt die machtbewusste Frau auf. Die «Neue Zürcher Zeitung» lud sie 2012 zu ihrem Kapitalmarktforum als Referentin, wo sie Ex-Nationalbank-Chef Philipp Hildebrand kennen lernte, den sie im Januar am von Klaus Schwab geführten World Economic Forum wiedersah und mit dem sie nun liiert ist. Am «NZZ»-Forum traf Margarita Louis-Dreyfus auch einen Weggefährten ihres verstorbenen Ehemanns, den Präsidenten der Jacobs Holding und von Barry Callebaut, Andreas Jacobs. Eng verbunden ist sie seit der Übernahme der Macht im Louis-Dreyfus-Konzern mit Glencore-Xstrata-Chef Ivan Glasenberg, den sie zum Austausch trifft und in dessen Konzern ihr ältester Sohn Eric als Praktikant arbeitete. Fussball-Kaiser Franz Beckenbauer ist von ihr so angetan, dass er sagt, sie sei eine «tolle Frau» und «eine gute Freundin». Ein enger Vertrauter ist auch Gérard Tobelem, Ex-Chef der Blutbank Etablissement Français du Sang, der mit Robert Louis-Dreyfus eng befreundet war und im VR der Louis Dreyfus Foundation sitzt. Dort unterstützen sie auch Sotheby’s-Präsident Robin Woodhead und Blackstone-Berater Sir Ronald Grierson.

Die Gegenspieler

Weil Jacques Veyrat in der Louis Dreyfus Holding so ideenreich wirkte, bestimmte Robert Louis-Dreyfus ihn zum Ratspräsidenten der Familienstiftung Akira und zum Chef der Konzerngruppe. Nach dem Tod des Patrons überwarf sich Margarita Louis-Dreyfus mit Veyrat. Er trat ab, sie übernahm Stiftungsvorsitz und Konzernpräsidium. Ebenso geriet sie mit Ex-Lazard-Banker Erik Maris über Kreuz und drängte ihn aus dem Stiftungsrat. Nun stellt sich die Matriarchin mit ihren Vertrauten der Konkurrenz wie Gregory Page, dem Chef des Rivalen Cargill. Aus seinem Amt als Präsident von Olympique Marseille bugsierte sie auch Jean-Claude Dassier. Den Fussballclub, ein Hobby ihres Gatten, brachte erst sie per Spardiktat zu Gewinnen. Nachdem die Ehe mit Robert Louis-Dreyfus so schön begonnen hatte, gingen die beiden später getrennte Wege.

Die Fussball-Connection

Als Erbe ihres Mannes übernahm Margarita Louis-Dreyfus auch seine Begeisterung für Fussball – wenn es um Olympique Marseille geht. Dort hat sie Vincent Labrune als Präsidenten installiert. Die Mehrheitseignerin geht oft zu Spielen, wie ihre Söhne auch. Das hat ihr die Verehrung von Uefa-Präsident Michel Platini eingebracht. Fifa-Boss Sepp Blatter ist ihr ebenfalls zugeneigt, er bespricht mit ihr die Fussballwelt. Die Freundschaft von Robert Louis-Dreyfus mit Uli Hoeness verbindet auch die Witwe mit dem Bayern-München-Präsidenten. Hoeness sagt, der Verstorbene habe ihm die Millionen für Aktienspekulationen geliehen, wegen deren er der Steuerhinterziehung angeklagt wurde.

Die Karriere

Die 1962 in Sankt Petersburg, dem damaligen Leningrad, geborene Margarita Bogdanova musste früh einen Schlag verkraften. Als sie sieben Jahre alt war, starben ihre Eltern bei einem Zugunglück. Sie wuchs beim Grossvater auf, einem Ingenieur. Später studierte sie in Moskau Jura, in Leningrad Wirtschaft. Mitte der achtziger Jahre packte sie die Sehnsucht nach dem Ausland. Mit einem Schweizer Austauschstudenten zog sie in die Schweiz, wo sie bei einer IT-Vertriebsfirma arbeitete. Die Beziehung zerbrach schnell, da lernte sie Robert Louis-Dreyfus kennen. Sie heirateten und bekamen drei Kinder. Nach seinem Tod 2009 besuchte sie wichtige Sitzungen des Familienkonzerns, besichtigte Häfen, Plantagen, Fabriken der Louis Dreyfus Holding. Als neuen Vertrauten etablierte sie Serge Schoen, erst als Konzernchef, dann als Leiter des Strategiekomitees im Verwaltungsrat. Das französische Magazin «Le Nouvel Economiste» ehrte sie 2011 mit dem Preis «Capitaliste de l’année». In gebrochenem Französisch mit starkem russischem Akzent bedankte sie sich und sprach über ihre Ziele für den Konzern. 2012 stieg der Gewinn der Gruppe nach einer leichten Schwäche auf eine Milliarde Franken.

Die Familie

Von ihrer Villa am Zürichsee aus führt Margarita Louis-Dreyfus ihre Kinder ans Konzerngeschäft heran. Ihr mit Anfang zwanzig ältester Sohn Eric arbeitete bereits als Praktikant beim Rohstoffkonzern Glencore. Die Teenager-Zwillinge Maurice und Kyril besuchten Fabriken. «Es wäre schön, wenn einst einer meiner Söhne die Gruppe leiten würde», sagte sie. Erst mit 30 Jahren erhalten sie das Recht, in der Familienstiftung Akira mitzuwirken, die mittlerweile über 65 Prozent der Konzernanteile hält. Robert Louis-Dreyfus’ Schwestern Monique und Marie-Jeanne sowie zwei Cousins besitzen den Rest. Zum Clan gehört auch Schauspielerin Julia Louis-Dreyfus.