Wer ist Stephan Rietiker? Diese Frage stellten sich Ende vergangene Woche viele Beobachter, als der Grasshoppers Club Zürich seinen neuen Präsidenten präsentierte. Der 62-jährige Arzt und Unternehmer war in der Fussballwelt zuvor nahezu unbekannt. Rietiker trat bislang als Manager  und Unternehmer in Erscheinung. Er war lange Chef des früheren Medizinaltechnikkonzerns Sulzer Medica und führt heute das Telemedizinunternehmen Lifewatch. Vor zwei Jahren gab Rietiker einen Ratgeber für Schweizer Manager heraus, die in der USA tätig werden. Aus aktuellen Anlass stellen wir das Buch noch einmal vor.

Stephan Rietiker an einer Medienkonferenz in Zuerich am Mittwoch, 27. Maerz 2019. Die Hauptaktionaere der Grasshopper Fussball AG haben heute Stephan Rietiker als designierten VR-Praesidenten bestimmt. (KEYSTONE/Walter Bieri)
Quelle: © KEYSTONE / WALTER BIERI

Stephan Rietiker weiss, wie Manager in den USA ticken. Als CEO und Verwaltungsrat verschiedener Schweizer und US-Unternehmen sammelte Rietiker viel Erfahrung in der US-Geschäftswelt.

Dieses Know-how will der heutige Chef des Zuger Telemedizinunternehmens Lifewatch an andere Manager weitergeben. Er hat gemeinsam mit einer amerikanischen Autorin einen kurzen Ratgeber verfasst. Auf Deutsch und Englisch beschreibt Rietiker über knapp 70 Seiten, was Schweizer Manager in den USA erwartet – beispielsweise eine ungewohnt streitlustige Rechtskultur.

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«Amerikaner sind viel aggressiver, wenn es um Rechtsfälle geht. Da muss man Zähne zeigen», sagt der Buchautor. Klagen gehören für viele Unternehmen dort zum Geschäftsalltag. Dies weiss der langjährige Spitzenmanager aus eigener Erfahrung. Als Unternehmenschef war Rietiker schon mehrmals mit US-Klagen gegen sein Unternehmen konfrontiert.

Viel Lust an Gerichtsverfahren

Sein «Gesellenstück», wie er es nennt, war der Fall der früheren Sulzer Medica: Der Winterthurer Konzern war um die Jahrtausendwende vom Konkurs bedroht. Der Konzern hatte künstliche Knie- und Hüftgelenke verkauft, in denen Ölspuren entdeckt worden waren. Amerikanische Anwälte hatten in der Folge Sammelklagen gegen Sulzer Medica gestartet.

Der Konzern war ausserstande, die riesigen Forderungen auf Schadenersatz zu bezahlen. In dieser heiklen Situation übernahm Rietiker als CEO die Konzernführung – und handelte mit den Anwälten einen Deal aus. Sulzer Medica zahlte 750 Millionen Dollar Entschädigung an die Kunden, das Unternehmen war gerettet.

Vor dem amerikanischen Recht müssten Schweizer Unternehmen dennoch keine Angst haben, sagt Rietiker. Es sei wichtig, bei Problemen frühzeitig einen Anwalt einzuschalten. Und es räche sich, in den USA Vorschriften zu missachten oder gegen Regeln zu verstossen. Ansonsten empfiehlt Rietiker einen gelassenen Umgang mit juristischen Streits. Früher sei er noch beeindruckt gewesen, wenn ihm jemand eine Klage angedroht habe, erklärt der Manager. «Heute sage ich: ‹Nur zu, wenn du es nicht lassen kannst.›»

Stephan Rietiker an einer Medienkonferenz in Zuerich am Mittwoch, 27. Maerz 2019. Die Hauptaktionaere der Grasshopper Fussball AG haben heute Stephan Rietiker als designierten VR-Praesidenten bestimmt. (KEYSTONE/Walter Bieri)

Stephan Rietiker: Der 62-jährige Schweizer besitzt auch die US-Staatsbürgerschaft.

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Das Rechtssystem ist nicht das einzige Gebiet, wo Schweizer Managern Fallstricke drohen. Rietiker beschreibt grosse Unterschiede in der Führungskultur. «Im Allgemeinen sind amerikanische Manager vor allem am raschen Wachstum ihrer Firma und dem eigenen materiellen Erfolg interessiert», schreibt er. Perfektion, wie sie in der Schweiz gerne gesucht werde, sei Amerikanern fremd. Gefragt sei vielmehr «Action». US-Chefs handelten rasch und kümmerten sich im Zweifelsfall später um Probleme.

Aus der Sicht von Stephan Rietiker sind Schweizer Manager manchmal zu langsam, Amerikaner dafür zum Teil zu ungestüm. Vom zielstrebigen Vorgehen der Amerikaner könnten Schweizer dennoch lernen, glaubt Rietiker. «Schweizer sind Weltmeister darin, Probleme bis ins letzte Detail zu analysieren und zu hinterfragen.» Amerikaner wollten eine rasche Lösung. US-Chefs würde dagegen die langfristige Sichtweise von hiesigen Führungskräften gut anstehen, glaubt er. In der Schweiz «geniessen der langfristige Erfolg der Firma oder die Sicherung von Arbeitsplätzen einen viel höheren Stellenwert».

Optimismus trotz Trump

Stephan Rietiker veröffentlichte seinen Ratgeber rund ein Jahr nach der Wahl von Donald Trump. Für seine bisherige Amtszeit gibt er dem neuen Präsidenten schlechte Noten. «Die Regierung tut sich bis jetzt schwer damit, verlässlich und nachvollziehbar zu regieren. Dies verunsichert nicht nur amerikanische, sondern auch ausländische Unternehmer und Manager.» Dass Trump die Wahl gewonnen habe, lasse sich aber nicht ändern. «Man muss sich damit arrangieren – und aufhören, sich ständig mit Trump zu beschäftigen.»

Auch unter Trump bleiben die USA für Rietiker das «Land der unbegrenzten Möglichkeiten». Die USA erfänden sich ständig neu, unabhängig davon, wer im Weissen Haus das Sagen habe. Für Schweizer und Europäer lohne es sich weiterhin, dort tätig zu ein.

Der Ratgeber «Wie Sie in den USA mit Risiken umgehen und den geschäftlichen Erfolg sichern» von Stephan Rietiker kann für 20 Franken bei office@kmespartner.com bestellt werden.

Dieser Text erschien zuerst in der «Handelszeitung» vom 01. Februar 2018 unter dem Titel: «Business im Trump-Land» sowie online unter dem Titel: «USA-Tipps für Manager: «Man muss Zähne zeigen»».