Berkshire Hathaway investierte vor einigen Wochen knapp 14 Milliarden Dollar in die Übernahme des Versicherers Alleghany – zugegeben nur ein Bruchteil seiner über die Jahre angesammelten Barmittel.
Der Deal ist nicht gerade der Elefant, von dem die Grosswildjäger bei Berkshire Hathaway geträumt haben. Vielmehr ist es ein Elefantenbaby.
Interessanterweise ähnelt das US-Unternehmen aber der Holding von Warren Buffett selbst. So vereint auch Alleghany Versicherungs- und Rückversicherungsgeschäft mit ausgewählten Kapitalbeteiligungen und ist daher im Markt auch als Mini-Berkshire bekannt.
Trotz andauernder Ukraine-Krise zögerte das Berkshire-Team nicht und hat hier inmitten der Phase höchster Marktunsicherheit zugeschlagen. Der Zukauf zum 1,3-fachen Buchwert hat Value fett auf der Brust stehen, weshalb Alleghany in Buffetts Beuteschema so gut passt wie lange kein Kauf.
Oliver Scharping ist Portfolio Manager beim Asset Manager Bantleon.
Und nicht nur ist der gebotene Preis sehr attraktiv, auch makroökonomische Faktoren – wie die eingeläutete Zinswende – spielen Buffett zu. Sind Versicherungsunternehmen doch ein klassischer Value-Sektor. Man kann hier also getrost sagen, dass trotz Charlie Mungers Einfluss die Value-Anlagephilosophie immer noch ein Steckenpferd von Berkshire bleibt. Auch die neuesten Pflichtveröffentlichungen über Zukäufe (13F-Reports) zeigen: Buffett ist auf Einkaufstour.
Der Alleghany-Deal reicht Buffett und Co. nämlich noch lange nicht. Gleichzeitig engagiert sich sein Team auch im grossen Stil an der grössten laufenden M&A-Übernahme im Markt: der 70 Milliarden-Dollar-Akquisition des Gaming-Unternehmens Activision Blizzard durch den Softwareriesen Microsoft. Buffett hat sich fast 10 Prozent aller Aktien gesichert.
Mit dem Abschluss dieses Deals würde Microsoft zum drittgrössten Videospielhersteller der Welt aufsteigen, hinter Tencent und Sony. Microsoft würde Franchisen wie «Warcraft», «Diablo» und «Call of Duty» übernehmen. Die Activision-Aktie stand zuletzt bei 78 Dollar (19. Mai 2022), Microsoft bietet aber 95 Dollar. Der «Spread» von 17 Dollar, also die erwartete Kompensation beziehungsweise Rendite für Investoren in diese Übernahme, ist mit über 20 Prozent sehr hoch.
Warren Buffett sichert sich mehr als 20 Prozent Rendite
Buffetts Team war nur wenige Wochen vor der sich anbahnenden Übernahme, also Pre-Event eingestiegen. Die Führung des Investments unterlag dabei seinen beiden Investmentmanagern Todd Combs und Ted Weschler, beide bekanntlich erfolgreiche ehemalige Hedgefonds-Manager.
Wie es aussieht, hält das Berkshire-Team nun auch während der Übernahme an der Position fest. Berkshire hat seine Position massiv ausgebaut, wie auf der jüngsten Hauptversammlung bekannt wurde. Der Grund dahinter ist der ehemalige Arbitrageur Buffett selbst, der sich die attraktive Arbitrage-Rendite im Fall Activision nicht entgehen lassen will. Videospiele waren nie seine Spielwiese, Merger Arbitrage hingegen schon seit den 1960er Jahren.
Und damit ist das Orakel von Omaha keineswegs allein: Merger Arbitrage ist bei Generalisten wieder en vogue. Erst kürzlich outete sich auch Bond-Guru Bill Gross überraschend als Merger-Arbitrage-Bulle. Die Anleihenkoryphäe hat scheinbar in die Übernahme von Activision Blizzard investiert – zumindest lässt einer seiner jüngsten Anlegerbriefe darauf schliessen. Die Altmeister setzten also in der Krise auf Altbewährtes.
Weitreichendes Value-Comeback steht bevor
Was können Privatanleger daraus lernen? Zunächst einmal liegt auf der Hand: Value Investing ist alles andere als tot. Klar, der Value-Stil hat in den vergangenen Jahren zeitweise schlechter abgeschnitten als Growth, aber spätestens das Platzen der Hyperwachstumsblase und die zunehmend vernehmbare Rückkehr des aktiven Investierens haben den Weg für ein weitreichendes Value-Comeback in dieser Dekade geebnet.
Gerade in Zeiten hoher Inflation sprechen die historischen Daten für Value. Gleichzeitig zeigt sich, dass idiosynkratische M&A- und Sondersituationen – sei es wie Buffett bei Activision Pre-Event oder wie Gross Post-Event – diejenigen Marktnischen sind, in denen sich die Grossmeister tummeln.
Wenn Anleger an eine Fortsetzung der Value-Rally glauben und im schwierigen aktuellen Marktumfeld von Sondersituationen rund um Übernahmen und Co. profitieren wollen, bieten sich verschiedene Möglichkeiten: Wer direkt beim Grossmeister aus Nebraska anlegen will, der sollte auf jeden Fall das restliche nicht börsenkotierte Geschäft von Berkshire Hathaway verstehen und einen Einstiegszeitpunkt entsprechend bedacht wählen.
Ebenfalls sehr gut beraten und definitiv breiter diversifiziert sind Anleger mit speziellen Value-lastigen Event-Driven-Fonds, deren Manager die nötige Erfahrung im Handel mit M&A- und Sondersituationen haben.