Nein, mit Dutti komme ich hier nicht. Niemand weiss, wie der Migros-Gründer heute zum Alkoholverkaufsverbot stehen würde. Was Dutti aber blitzschnell erkennen könnte: Der Migros-Konzern verdient heute schon viel Geld mit Alkohol.
Dass Denner, Migrolino und Migros Online Feuerwasser verkaufen, passt nicht zur reinen Lehre des Alkoholverkaufsverbots. Die Abstinenz nun auch für Migros-Supermärkte, -Restaurants und -Take-aways aufzuheben, mag konsequent klingen. Aber für die Migros-Shareholder ist es nicht die richtige Lösung. Seit Jahren ist es in der Schweiz ein gelerntes Einkaufsverhalten, sich das ersehnte Feuerwasser nach dem Gang zur Migros beim meist nahe gelegenen Firmen-Cousin Denner zu besorgen. Diese paar Extra-Meter darf man der Menschheit zumuten.
Alkohol nimmt Wichtigerem Platz weg
Weniger zumutbar: Risiken und Nebenwirkungen, die bei einer Alkohol-Einführung aufträten. Würden die Migros-Supermärkte Bier, Wein und Schnaps ins Regal bringen, müssten aus Platzgründen andere Sortimentsteile weichen. Das kann nicht im Sinne der Kundinnen und Kunden sein, die länger schon mitverfolgen, wie Produkte der Migros-Industrie durch Markenartikel verdrängt werden, die es überall sonst schon gibt.
Wenn die Migros-Chefs scharf sind auf mehr Umsatz, sollen sie heftiger an der Einzigartigkeit arbeiten und Sortimente zu einem Preis-Leistungs-Verhältnis bringen, wie es das sonst nirgendwo gibt.
Dutti-Style eben. Die Migros soll den schlafenden Wert der selbstgewählten Alkohol-Abstinenz ruhen lassen – und stattdessen neue aktive Werte ersinnen. Würde das Unternehmen etwa per Einbindung von Micasa und Migros Bank ein Programm für günstigen Wohnraum lancieren, könnte das die Welt ungleich stärker berauschen als die Aufnahme von Wein und Bier in den Supermärkten.
Das konzerninterne Nullsummenspiel ist der wahre No-Brainer
Kommt dazu: Die Alkoholverkäufe in der Schweiz sinken. Wenn das orange M Alkohol einführt, würde das die Supermärkte ein wenig stärken – dafür aber Denner schwächen. Dieses wertfreie Nullsummenspiel ist der wahre No-Brainer.
Wer heute höhnt, die Migros sei kein besonderes Unternehmen mehr, übersieht das Naheliegende: Nur schon die Tatsache, dass die Eigentümer einer Firma über ein Sortimentsteil abstimmen können, zeigt, wie einzigartig die Migros immer noch ist. Zugegeben, Struktur und Verfahren sind reichlich kompliziert und wären gelegentlich zu vereinfachen.
In der aktuellen Frage aber lautet die Antwort unkompliziert: Non.