Verwirrung in Moskau: Die russische Führungsriege prüft offenbar eine Kopplung des Rubel-Kurses an den Goldpreis. Dieser Schritt werde mit Präsident Wladimir Putin diskutiert, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Freitag. Kurz darauf kommt das Dementi der russischen Notenbank. Elvira Nabiullina, die Chefin der Notenbank, wies die Idee persönlich zurück.

Und das Dementi ist steinhart: Die Koppelung des Rubels an den Goldpreis werde «in keiner Weise diskutiert», so die Ökonomin, die zu den einflussreichsten Frauen der Welt gehört. 

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Nabiullina war bislang stets linientreu. Sie führte im Nachgang zur Ukraine-Invasion Kapitalkontrollen ein, ohne den Kreml zu kritisieren. Sie kümmert sich seither souverän sich um das geldpolitische Chaos, das Putin mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine angerichtet hat. Sie dreht an der Zinsschraube, wenn es nötig wird – so etwa auch am Freitag. 

Nabiullina: Die Putintreue

Sie ist seit 2013 im Amt. Die erste Feuerprobe waren die Sanktionen nach der Annexion der Krim 2014. Sie stützte den Rubel und hielt – trotz dem wirtschaftlichen Einbruch – eisern an ihrer konservativen Geldpolitik fest. Mit Erfolg. Die Inflation sank und die russische Wirtschaft nahm wieder an Fahrt auf. 

Öffentlicher Widerspruch ist neu. Sie gilt vielmehr als Putin-Vertraute. Eine Bindung des Rubels an Gold dürfte deshalb wirklich sehr unwahrscheinlich sein, auch wenn Putins Sprecher sich in diese Richtung geäussert hat. Kommt dazu: Der Sprecher nannte keine weiteren Einzelheiten.

Tatsache ist aber auch: Die Idee ist nicht neu. Der Sekretär des russischen Sicherheitsrates und enge Putin-Vertraute Nikolai Patruschew signalisierte jüngst, dass ein solches Vorhaben Russland mehr «Souveränität» über sein Finanzsystem geben könnte. Patruschew hatte am Dienstag gesagt, dass Vorschläge zur Bindung des Rubels an Gold und andere Güter ausgearbeitet würden.

Rubel und Gold

Russland produziert jährlich etwa zehn Prozent des weltweit geförderten Goldes und ist ein wichtiger Produzent von Öl, Gas, Metallen und Getreide. Die russische Zentralbank hatte im März erklärt, sie würde bis zum 30. Juni Gold zu einem festen Preis von 5000 Rubel pro Gramm kaufen. Dies werteten einige Beobachter als Versuch, den Rubel an Gold zu koppeln.

Doch zwei Wochen später, nachdem der Rubel stark gestiegen war, machte die Zentralbank einen Rückzieher. Sie erklärte, sie würde zu ausgehandelten Preisen kaufen.

«Die wichtigste Voraussetzung für die Gewährleistung der wirtschaftlichen Sicherheit Russlands ist das Vertrauen auf das interne Potenzial des Landes», sagte Patruschew kürzlich der Regierungszeitung «Rossijskaja Gaseta». Auf die Frage, ob diese Ideen der Wirtschaftstheorie widersprechen, sagte Patruschew: «Sie widersprechen nicht den Schlussfolgerungen der Wirtschaftswissenschaft, sondern den Schlussfolgerungen westlicher Wirtschaftslehrbücher.»

Problematischer Gold-Standard

Viele Währungen waren in der Vergangenheit an Gold oder Silber gekoppelt. Das berühmteste Beispiel ist das Bretton-Woods-Abkommen, das bis in die 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts Bestand hatte. Es koppelte den Dollar an den Goldpreis und begründete eine Welt mit fixen Wechselkursen.

Dabei gibt es aber ein Problem bei Russland. In einem derartigen Regime kann nicht mit Auf- oder Abwertungen auf eine Rezession oder einen Boom reagiert werden. Mit anderen Worten: Die Werkzeugkiste der Notenbanker ist massiv eingeschränkt.

Ein weiteres Problem: Um die Goldbindung glaubhaft zu machen, braucht es gigantische Bestände an Gold. Das ist eine beträchtliche Mittelbindung und in der heutigen Zeit kaum mehr vorstellbar. Es hätte auch extreme Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Gold – und damit auf den Goldpreis selber. Seit Jahrzehnten gibt es deshalb keine Goldstandards mehr. Es wäre schwer vorstellbar, dass Russland eine Gold-Bindung tatsächlich umsetzen könnte.