Von Null auf 80 Verkaufspunkte in der Schweiz. Jetzt schaltet der chinesische Elektroauto-Gigant BYD ein paar Gänge höher, wie Jontey Li (32), Schweizer Länderchef von BYD, beim offiziellen Markteintritt in Spreitenbach AG ankündigt. Der Aufbau eines flächendeckenden Händlernetzes sei im Gang. Die Chinesen wählen dafür den Alleingang und verzichten auf eine Kooperation mit dem grossen Schweizer Autohändler Emil Frey. Trotzdem soll es schnell gehen.
Der erste BYD-Showroom befindet sich an der Uraniastrasse in Zürich. Mit Automotive Suisse sei eine Zusammenarbeit an Verkaufsstellen in Lugano TI und Cadenazzo TI geplant. Bis Ende Jahr sind insgesamt 15 Verkaufspunkte schweizweit geplant, etwa in Zug, Luzern, Aarburg AG, Bellach SO, Basel, Bern, Biel BE, Neuenburg, La-Chaux-de-Fonds NE, Lausanne, Montreux VD und Genf. Ende 2028 will Manager Li dann den 80. Verkaufspunkt eröffnet haben.
Schnelles Wachstum geplant
Länderchef Li sieht sich auf der Überholspur: «Wir haben noch vor der formellen Lancierung von BYD in der Schweiz bereits 20 Autos verkauft.» Die Zahl ist ein Vorgeschmack auf das geplante starke Wachstum. Der weltweit grösste Elektroauto-Bauer – und nach Toyota und VW generell drittgrösste Autoproduzent – lässt seinen Elektro-Konkurrenten Tesla schon hinter sich, etwa beim weltweiten Umsatz.Stella Li (54), Vizepräsidentin von BYD und nicht mit Jontey Li verwandt, hält gegenüber Blick fest: «Wir verstehen uns nicht nur als Autobauer, sondern als Technologiekonzern.» Der Konzern baut nebst Autos auch Batterien, weitere Elektronikkomponenten und Schienenverkehrstechnologie. 60 Prozent aller Lithium-Ionen-Batterien in Nokia-Mobiltelefonen stammen beispielsweise von ihrem Unternehmen.
Vize-Konzernchefin Stella Li sieht den globalen Konzern primär als Technologieunternehmen.
«Wir stellen für Forschung und Entwicklung 120'000 Ingenieure an und haben bisher über 22 Milliarden in diesen Bereich investiert», führt Li aus. 45 Patente pro Tag kommen aus dem eigenen Haus. Deshalb steht die Marke für «Build your dreams» – wobei der Name ursprünglich eine chinesische Bedeutung hatte.
Zu den «Gamechangers» bei den E-Autos gehört die kurze Ladezeit der BYD-eigenen Batterie, die kaum mehr Zeit als eine Tankfüllung bei einem Benziner benötigt. Li nennt weitere Beispiele: Per Mobiltelefon lassen sich wichtige Funktionen des Fahrzeugs steuern oder die Fenster per Stimmeingabe senken. Das BYD-eigene Lingyuan-System umfasst eine im Dach integrierte Drohne, die sich aus dem Fahrzeug starten lässt und eigenständig Bilder während der Fahrt aufnimmt. Oder eine clevere Einparkhilfe, «ideal für Frauen», wie Li ganz ohne Ironie sagt.
Zuerst die teureren Modelle
In der Schweiz startet BYD mit drei Modellen: Seal, eine Stromer-Sportlimousine, Sealion 7, ein Stromer-SUV, sowie Seal U DM-i, ein Plug-in Hybrid-SUV. Preislich bewegen sich diese Autos zwischen 42'990 und 60'990 Franken, je nach Modell und Ausführung. Nicht gerade billig und für jedermann.
Europachefin Maria Grazia Davino hat ambitiöse Pläne in der Schweiz.
BYD-Europachefin Maria Grazia Davino (47), früher für Fiat in der Schweiz aktiv, rechtfertigt die Preise: «Mit den höherwertigen Modellen etablieren wir die Marke und Technologie.» Mittelfristig werde die ganze Palette mit 13 Fahrzeugmodellen eingeführt: «Jeden zweiten Monat ein neues Modell.»
Tesla-Probleme als Chance?
«BYD und die Schweiz sind durch den Fokus auf Innovation, Service und Qualitätsanspruch füreinander geschaffen», führt die Managerin aus. Sie glaubt zudem, dass sich Schweizerinnen und Schweizer aktuell nach Elektroauto-Alternativen umsehen.
Trotz der Probleme bei Konkurrent Tesla, dessen Verkäufe in der Schweiz zuletzt um über 60 Prozent einbrachen, weiss sie aber, dass der Markteintritt nicht geschenkt ist. «Wir müssen den Bekanntheitsgrad in der Schweiz steigern – das ist eine langfristige Aufgabe», so Europachefin Davino.
Dieser Artikel erschien zuerst bei Blick unter dem Titel «Mit Top-Technologie Tesla überholen – E-Auto-Bauer lüftet Pläne».