Der Anteil der Sozialhilfebeziehenden an der Bevölkerung sei mit 2,8 Prozent so tief wie seit 2005 nicht mehr. Weder die Corona-Pandemie noch die Flüchtlingskrise von 2015 hätten zur «vielbeschworenen Kostenexplosion» geführt.

Den Vorwurf, dass erwerbstätige Familien mit tiefen Löhnen schlechter gestellt seien als Familien, die von der Sozialhilfe leben, habe er hingegen nicht bestritten. „Es ist leider so, dass man in der Schweiz eine vierköpfige Familie mit einem 100-Prozent-Job in einer Tieflohnbranche nicht mehr ernähren kann“, sagte Kaufmann der Zeitung. Das würde allerdings nicht bedeuten, dass die Sozialhilfe zu hoch sei.

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«Die meisten Menschen wollen eine Arbeit finden»

Die Vorstellung, dass Leistungen gekürzt werden sollten, um damit mehr Leute auf den Arbeitsmarkt zu bringen, habe er als weltfremd bezeichnet. „Die meisten Menschen wollen eine Arbeit finden, auf eigenen Füssen stehen und sich als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft fühlen können“, sagte Kaufmann. Wenn das heutige System tatsächlich falsche Anreize setzen würde, hätte sich die Zahl der Beziehenden anders entwickelt. Tatsächlich seien die Kosten pro Fall gesunken, was darauf hindeute, dass viele eine Arbeit gefunden hätten, mit der sie jedoch noch nicht ganz ohne Sozialhilfe auskämen.

Zuvor hatte die «NZZ» berichtet, dass der Sozialhilfeexperte Urs Mühle einen «Rückbau» der Fürsorge gefordert habe. Er soll argumentiert haben, dass die Sozialhilfe über die Grundsicherung hinausgehe und von der Konferenz für Sozialhilfe weiter ausgebaut werde. Kaufmann habe dem widersprochen und betont, dass es seit den 1990er-Jahren keinen Ausbau gegeben habe. Der monatliche Grundbedarf sei heute tiefer als 1997, obwohl die Lebenshaltungskosten gestiegen seien.