Apple hat alles gegeben, um die Spannung vor der Keynote im kalifornischen Cupertino auf die Spitze zu treiben. Der Konzern hatte sogar einen weissen Kubus ohne Fenster um das Flint Theater gebaut, wo die Präsentation stattfand. Und so stieg der Adrenalinpegel denn auch zuverlässig, als Tim Cook unter Applaus die Bühne im rotbestuhlten Theatersaal betrat.
Und Cook befeuerte die aufgekratzte Stimmung. Auf dieser Bühne, so hob der Apple-CEO an, sei vor 30 Jahren von Steve Jobs der erste Macintosh präsentiert worden. «Das war ein entscheidender Tag für Apple», sagte er. Und die Zuschauer würden ihm am Ende des Abends zustimmen, dass diese Präsentation ein ebenso entscheidender Tag für Apple sei.
iPhone 6 und iPhone 6 Plus
Damit legte Cook die Latte hoch, wie auch bereits mit der Wahl des Ortes selbst. Viel war geredet worden darüber, dass Cook sich mit der neuen Produktlinie beweisen müsse um aus dem Schatten von Übervater Steve Jobs zu treten. Es war für Cook die erste Präsentation von Produkten, die vollständig unter seiner Ägide entstanden sind. Mit der Rückkehr an den Ort, der den Urmythos von Apple begründet hat, schien Cook betonen zu wollen, dass er den Vergleich mit Jobs nicht scheut.
Und Cook hat die Erwartungen der Zuschauer zunächst erfüllt: Er präsentierte das neue iPhone 6. Auch wenn dieses durch unzählige Leaks bis auf den Namen bereits zuvor im Detail bekannt war. Es wird wie in Berichten spekuliert in zwei Versionen angeboten, als iPhone 6 und iPhone 6 Plus, mit einem 4,7-Zoll und einem 5,5-Zoll-Bildschirm. Die mittlerweile 1,3 Millionen Apps für die Geräte bekommen aufgrund des breiteren Bildschirms in der Diagonale ein neues Design.
Kein Saphirdisplay, 8-MB-Kamera
Twitter-Nutzer vermissten nach der reichlich ruckeligen Liveübertragung im Internet Angaben, ob das Smartphone denn nun tatsächlich wasserfest sei oder nicht. Das ist sicher ein Detail, aber das iPhone weist auch nicht das erhoffte kratzfestere Saphirdisplay auf, die Handys sind mit Retina HD Displays ausgestattet. Auch die Kamera ist nach wie vor mit 8 Megapixeln ausgestattet und nicht aufgerüstet worden, dafür sollen sogenannte «Fokuspixel» für eine bessere Bildqualität sorgen.
Die grösste Neuigkeit bot Apple mit der Funktion für mobiles Zahlen «Apple Pay». Es soll das Bezahlen per Smartphone ohne Pinnummer oder Eingabe einer Kreditkartennummer vereinfachen.
«One more thing...»
Dann fielen die Worte, auf die Apple-Fans in aller Welt gehofft hatten. Tim Cook löste Marketingchef Phil Schiller auf der Bühne ab und sagte, er hätte da noch: «One more thing...»
Und da war sie, die Apple Watch. So heisst sie, die schlaue Uhr aus dem Hause Apple, nicht iWatch, wie es sich in unzähligen Vorschauberichten fast schon eingebürgert hatte. Und dieses Produkt könnte es den Mitbewerbern tatsächlich schwer machen.
Apple Watch in drei Editionen
Weniger, weil sie wie die Konkurrenzprodukte Herzschlag und Joggingkilometer vermisst. Sondern, weil sie vom Design her einen Schritt weitergeht. Auch wenn sich zeigen muss, ob das reicht. Die smarte Uhr gibt es in drei Editionen in jeweils zwei Grössen: Apple Watch, Watch Sport und Watch Edition. Apple Watch muss dabei mit dem iPhone verbunden sein, alle drei Ausgaben bieten die Möglichkeit zur Vernetzung.
Die sportliche Ausgabe erinnert mit ihren bunten Armbändern leicht an Swatch-Uhren, sie hat ein Aluminiumgehäuse, die elegantere Edition ist mit 18-karätigem Gold verkleidet. Das Innovative an den Modellen ist die Steuerung: Über ein Rädchen an der Seite des Uhrengehäuses kann der Nutzer scrollen, zoomen und per Knopfdruck ins Hauptmenü zurückkehren.
Apple Watch ab 349 Dollar
Die Apple Watch bietet eine putzige Messengerfunktion, bei der die Nutzer ihre Botschaften freihand zeichnen können. Auch Siri und Google Maps sind integriert. Ausserdem können Nutzer neue Apps herunterladen, um die Uhr etwa in den Hotels des «Starwood»-Kette auch als Zimmerschlüssel einzusetzen oder, um die Parkposition ihres Autos wiederzufinden.
Die Apple Watch wird im Frühjahr 2015 auf den Markt kommen, sie soll ab 349 Dollar kosten. Die Preise für die Smartphones variieren von 199 Dollar für die 16 Gigabyte-Version des iPhone 6 bis 499 Dollar für die 128-Gigabyte-Version des iPhone 6 Plus. Das iPhone kann in den USA ab dem 12. September bestellt werden, Verkaufsstart ist am 17. September. Preise und Lieferdatum für die Schweiz sind noch nicht bekannt.
Apple-Rallye gebremst
Ob Tim Cook mit dieser Präsentation tatsächlich einen historischen Tag zu feiern hat, kann erst die Zeit beantworten. An den Börsen sind die Neuheiten zunächst relativ freundlich aufgenommen worden: Zwar wurde die anfängliche Apple-Rallye gebremst, doch anders als nach vielen vorherigen Präsentationen verlor der Kurs bis zum Börsenschluss gerade einmal 0,38 Prozent.