Seit heute ist es offiziell: Die vollintegrierten Miles-&-More-Partnerairlines und somit auch Swiss krempeln ab dem 1.1.2021 ihr Vielfliegerprogramm vollständig um. Ab dann wird die Qualifizierung für einen begehrten Vielfliegerstatus nach einem völlig neuen Konzept erfolgen.
Bis vor wenigen Jahren noch erhielt man als Kunde für einen Flug eine identische Anzahl an Status- und Prämienmeilen im Miles-&-More-Programm, welche basierend auf einem von der Buchungsklasse abhängigen Sammelfaktor und der geflogenen Distanz vergeben wurden. Während Prämienmeilen – die übrigens von den jetzigen Änderungen unbetroffen sind – für Prämienflüge oder im Worldshop eingelöst werden können, entscheiden die Statusmeilen über die Qualifikation zum HON Circle, Senator oder Frequent Traveller Status.
Die Entwicklung von Meilenprogrammen
Das Konzept, Meilen basierend auf der Distanz zu vergeben, geht auf die Ursprünge der Vielfliegerprogramme in den 1980er und 1990er Jahren zurück, als die geflogene Distanz noch ein guter Indikator für den Wert eines Tickets war. Um die immer grösser werdende Bandbreite an Ticketpreisen widerspiegeln zu können, wurde die Meilenvergabe im letzten Jahrzehnt immer mehr nach Buchungsklasse (also Wertigkeit des Tickets) aufgefächert mit Sammelfaktoren zwischen 25 Prozent und 300 Prozent der Distanz. Dies führte aber zu einer massiven Verkomplizierung aus Kundensicht, die oft nur unter grossem Aufwand die Anzahl an vergebenen Meilen nachvollziehen konnten.
Vereinfachung der Meilenvergabe
Um dem entgegenzusteuern, erforschten die Fluggesellschaften neue Konzepte, um die Vergabe von Prämien- und Statusmeilen transparenter zu gestalten. In einem ersten Schritt änderte Miles & More 2018 die Prämienmeilenvergabe. Diese erfolgt nun nicht mehr anhand der geflogenen Distanz, sondern basiert auf dem gezahlten Ticketpreis.
Statuslose Kunden erhalten 4 Meilen pro Euro, während Statuskunden bis zu 6 Prämienmeilen pro Euro erhalten können. Während diese neue Art der Prämienmeilenvergabe deutlich transparenter ist, nährte sie unter Vielfliegern auch die Sorge, dass nun auch der Vielfliegerstatus, ähnlich wie etwa bei United Airlines, zum reinen Vielzahlerstatus mutieren könnte.
Alexander Koenig ist Gründer der Vielfliegerberatung First Class & More. Seit mehr als 15 Jahren hilft er seinen Kunden Business Class und First Class zum halben Preis zu fliegen, einen Top-Vielfliegerstatus zu erhalten und das Maximum aus ihren Meilen herauszuholen. In seiner Kolumne «Meilenkoenig» teilt er seine Expertise regelmässig auf www.bilanz.ch mit den Lesern.
Neues vereinfachtes System für Vielflieger statt Vielzahler
Doch wie sich nun herausstellt, waren diese Befürchtungen grundlos, denn auch wenn das neue Konzept der Vielfliegerstatusqualifikation ab 2021 deutlich transparenter und simpler wird, so legt die Lufthansa Gruppe von dann an eher einen noch grösseren Wert auf das Vielfliegen im Gegensatz zum Vielzahlen, als dies bisher der Fall war.
Statt die Sammelfaktoren von über 20 verschiedenen Buchungsklassen über unzählige Airlines hinweg in Verbindung mit der geflogenen Distanz müssen sich Miles-&-More-Kunden ab 2021 nur noch acht verschiedene Werte merken. Denn im neuen System erhalten sie statt Statusmeilen Statuspunkte, welche nach einem relativ simplen Modell vergeben werden. Economy- und Premium-Economy-Class-Flüge innerhalb eines Kontinents geben fünf Punkte, Business- und First-Class-Flüge je zehn Punkte.
Auf interkontinentalen Flügen (hier Ländertabelle ansehen) sammeln sie 15 Punkte in der Economy Class, 20 in der Premium Economy Class, 50 Punkte in der Business Class und 70 Punkte in der First Class. Die Punkte werden dabei pro Segment und unabhängig von der gebuchten Buchungsklasse vergeben. Dies heisst: Ein günstiges Angebotsticket zählt genauso viel wie ein teures Full Flex Ticket.
Flüge mit Swiss & Co. werden forciert
Um den Frequent Traveller Status zu erreichen, benötigt man 160 Statuspunkte innerhalb eines Jahres, den Senator Status gibt es ab 480 Punkten und den HON Circle Status ab 1500 Punkten. Jeweils die Hälfte der benötigten Punkte müssen auf mitherausgebenden Miles-&-More-Airlinepartnern eingeflogen werden. Diese sogenannten «qualifizierenden Punkte» gibt es auf Flügen mit Swiss, Lufthansa, Brussels Airlines, Eurowings, Austrian Airlines, LOT, Luxair, Air Dolomiti, Croatia Airlines sowie auf ausgewählten Edelweiss-Codeshare-Flügen in der folgenden Range LX 8000–LX 8499 wie etwa nach Buenos Aires oder Ho-Chi-Minh-Stadt. Der HON Circle Status muss komplett auf diesen Gesellschaften eingeflogen werden.
Günstige Business-Class-Flüge bevorzugt
Das neue System begünstigt vor allem Kunden, die auf günstigeren Tickets in der Business Class unterwegs sind. Während bisher ein Swiss-Flug von Genf über Zürich nach New York in der günstigen P Klasse gerade einmal 8727 Statusmeilen und somit nur 8,7 Prozent der benötigen Meilen zum Senator Status sammelt, würde dieser Flug nach dem neuen Konzept mit 120 Statuspunkten bewertet werden, was 25 Prozent der Senator-Qualifikation entspricht. Auch Kunden, die viel mit günstigen Economy Class Tickets innerhalb Europas unterwegs sind, werden profitieren. Zwar erschwert sich die Qualifikation zum Frequent Traveller mit 32 Segmenten marginal (bisher 30 Segmente), doch ist mit 96 Segmenten erstmals auch der Senator Status für manche Kunden in Reichweite. Verlierer sind vor allem Kunden, die oft in der Premium Economy oder mit teuren Business Class Tickets unterwegs waren, denn diese Tickets sammeln ab 2021 deutlich weniger als zuvor.
Halbierte Statuslaufzeit
Eine gravierende Änderung betrifft allerdings alle Kunden gleichermassen: Mit Einführung des neuen Systems sinkt die Statuslaufzeit von bisher zwei auf nur noch ein Jahr (nur bei der Erstqualifikation gilt ab 2021 eine Laufzeit vom Qualifikationszeitpunkt bis zum Februar des übernächsten Jahres). Dies heisst, dass man sich ab jedes Jahr aufs Neue für den Wunschstatus qualifizieren muss. Diese Änderung ist aus Airline-Sicht nachvollziehbar, denn bisher nutzten manche Vielflieger das sogenannte «tote Jahr» in vielen Fällen für Flüge mit anderen Nicht-Star-Alliance-Fluggesellschaften.
Offizieller Lifetime Status
Zu einem gewissen Grad wird diese Verschlechterung aber durch ein neues Feature kompensiert: die offizielle Einführung von «Lifetime»-Statuslevels. War ein lebenslanger Senator Status bisher nur ein inoffizieller Bestandteil des Programmes, der nur in bestimmten Fällen an Kunden verliehen wurde, so gibt es nun offizielle Qualifikationskriterien dafür. Wer über seine Miles-&-More-Mitgliedschaft hinweg 7500 qualifizierende Statuspunkte sammelt, wird Lifetime Frequent Traveller, während für den Lifetime Senator 10’000 qualifizierende Statuspunkte sowie 10 Jahre Senator Status (die nicht zusammenhängend sein müssen) vorausgesetzt werden.
Manche Kunden werden direkt zur Einführung des neuen Systems im Januar 2021 mit einem Lifetime Status beschenkt. So erhalten alle, die auf Ihrer Vielfliegerkarte drei sogenannte Status Stars haben, den Lifetime Frequent Traveller Status und mit vier oder fünf Sternen gar den Lifetime Senator Status.
Fazit: In Summe mehr Positives als Negatives
Auch wenn sich die Änderungen je nach Reiseprofil für die Kunden unterschiedlich positiv oder negativ auswirken dürften, so ist es hier Miles & More definitiv gelungen, ein einfach zu verstehendes und transparentes Vielfliegerprogramm zu entwickeln. Das neue System legt weiterhin grossen Wert auf das Vielfliegen und mutiert nicht zu einem reinen Vielzahlerprogramm, wie es etwa in der USA aktuell im Trend liegt.
Die verkürzte Statusdauer sowie der Fokus auf Flüge mit den mitherausgebenden Miles-&-More-Airlinepartnern mag für manche Kunden ärgerlich sein, ist aber insgesamt aus Airline-Perspektive nachvollziehbar.
Mit der einjährigen Statusdauer passt sich Miles & More zudem an das Markumfeld an, denn auch bei Flying Blue von Air France / KLM oder dem British Airways Executive Club ist dies schon seit Jahren Standard. Da die Änderungen erst 2021 in Kraft treten, ist 2020 das ideale Jahr, um noch mit der richtigen Strategie für bis zu drei Jahre den Senator Status zu erfliegen oder ihn gegebenenfalls sogar bis Februar 2024 zu verlängern. Dies ist im Idealfall mit nur zwei optimierten Reisen möglich.