Eigentlich hätten die Olympischen Sommerspiele in Tokio schon vor einem Jahr stattfinden sollen. Doch wegen der Pandemie wurden sie auf 2021 verschoben.
Obwohl die japanische Bevölkerung die Spiele wegen der Corona-Situation zunehmend ablehnt – laut letzten Umfragen fordern mehr als 80 Prozent eine weitere Verschiebung oder Absage – hält das Internationale Olympische Komitee (IOK) an der Durchführung in diesem Sommer fest.
Keine ausländischen Fans
Zwar hat die japanische Regierung bereits entschieden, dass ausländische Fans nicht ins Land gelassen werden. Dennoch könnten bis zu 90'000 Athleten, Funktionäre und Medienpersonen zu den Spielen einfliegen. Und dies in einem Land, in dem erst 2 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft sind und das gerade unter einer weiteren Corona-Welle leidet.
In Tokio und weiteren Präfekturen hat die Regierung eine Corona-Notlage ausgerufen, die vorerst bis Ende Mai gilt, aber wahrscheinlich verlängert wird. Die Regierung will deshalb die gesamten Spiele in einer Bubble unterbringen und überlegt sich, auch einheimische Zuschauer zu beschränken oder auszuschliessen.
Kosten massiv unterschätzt
Vor diesem Hintergrund ist klar, dass ein Grossteil der Ausgaben für die Olympischen Spiele in Tokio nicht mit Einnahmen gedeckt werden können. Gleichzeitig sind die ursprünglich veranschlagten Kosten von 7,5 Milliarden Dollar auf offiziell über 15 Milliarden Dollar angewachsen und dürften weiter steigen.
Die japanische Regierung rechnet zudem unter dem Strich sogar mit Kosten von über 25 Milliarden Dollar. Nur rund 7 Milliarden Dollar davon werden aus der Privatwirtschaft über Sponsoren finanziert. Der Rest wird schliesslich dem japanischen Steuerzahler zu Lasten fallen.
Keine Rückkehr zur Bescheidenheit
Weil aber das IOK hauptsächlich von den TV-Einnahmen lebt, hat es die Spiele bisher nicht abgesagt. Aufgrund der Verträge kann die japanische Regierung den Stecker selber nicht ziehen und beschränkt sich auf möglichst strenge Rahmenbedingungen für die einreisenden Teilnehmer sowie eine Intensivierung der Impfkampagne.
Die ursprünglich angestrebte Rückkehr zur Bescheidenheit mit Tokyo 2020 ist jedenfalls auch wegen der Pandemie gründlich missglückt, wie die Grafik zeigt.
Zwar werden die Spiele in Tokio voraussichtlich weniger kosten als Sotschi 2014 und Peking 2008. Doch sowohl London 2012 als auch Rio 2016 und Pyeongchang 2018 kamen deutlich billiger weg.
Auch eine Absage der Spiele würde viel Geld kosten. Zudem ist unklar, wie viel Geld das Organisationskommitee bereits ausgegeben hat. Ob sich mit einer Absage seitens des IOK noch etwas von den veranschlagten 27 Milliarden Dollar retten liesse, lässt sich deshalb nicht sagen.
Die Regierung kommt unter Druck
Wahrscheinlich würden die Verluste durch die Absage zum Versicherungsfall werden. Falls aber Japan vertragsbrüchig wird und die Spiele eigenmächtig absagt, würden sie dem Organisationskommitee angelastet werden, sagte Sportrechtsprofessor Jack Anderson gegenüber BBC.
Anders als in Sotschi und Peking, wo den Organisatoren keine demokratischen Grenzen gesetzt waren, dürften die Kosten und allenfalls eine missratene Durchführung der Spiele für die japanische Regierung Folgen haben. Ein Machtverlust für die Regierungspartei LDP ist zwar nicht zu erwarten, aber einige Abgeordnete und Premierminister Yoshihide Suga müssten durchaus um ihre Posten bangen.