«Karstadt wird jetzt, glaube ich, ein sehr aufregendes Leben haben. Ich bin persönlich glücklich, dass ich dabei bin», hat Nicolas Berggruen bei der Übernahme der angeschlagenen Warenhauskette beteuert. Nun, vier Jahre später, ist der einst als Karstadt-Retter gefeierte Milliardär, Kunst- und Firmensammler nicht mehr dabei. Die Zeiten für den nach wie vor ums Überleben ringenden Warenhauskonzern bleiben indes aufregend und vor allem ungewiss. Berggruen überlässt seine Karstadt-Anteile dem österreichischen Immobilien-Investor Rene Benko, dem diese ohne weitere Zahlungen in den Schoss fallen.
Berggruen, der sein Leben ohne feste Wohnung vor allem in Hotels verbringt, bewahrte Karstadt 2010 vor dem Aus und übernahm den über 130 Jahre alten Traditionskonzern aus der Insolvenz für den symbolischen Preis von einem Euro. Zu seinen Ambitionen beim Metro -Konkurrenten erklärte er damals: «Wir denken langfristiger als andere und können länger warten.» Doch bald musste der ansonsten eher publikumsscheue Junggeselle einräumen, er habe die Probleme von Karstadt unterschätzt. «Die Häuser, die wir saniert haben, funktionieren nicht besser als die Häuser, die wir nicht saniert haben.»
Ohne Krawatte und mit Drei-Tage-Bart
Berggruen, 1961 in Paris geboren, kultiviert sein Image als freundlicher Investor mit seinem eher unkonventionellen Auftritt: Meist verzichtet er auf eine Krawatte, ist nicht uniformiert in grauem oder blauen Tuch, die Haare sind leicht verstrubbelt, mitunter tritt er mit Drei-Tage-Bart auf. Der Sohn des Mäzens und Kunstsammlers Heinz Berggruen gibt gerne den Wohltäter und sagt, Geld sei für ihn «zweitrangig», wichtig seien «Ideen». Sein Vermögen schätzt «Forbes» auf über zwei Milliarden Dollar.
Berggruen erwies sich bei Karstadt als cleverer Investor: So kassierte er Jahr für Jahr Nutzungsgebühren in Millionenhöhe für die Markenrechte der Handelskette. Frisches Geld, das Karstadt dringend zur Sanierung der Filialen gebraucht hätte, verweigerte er dagegen konsequent. Er hatte immer wieder betont, Karstadt müsse sich aus eigener Kraft helfen. Spätestens aber, als er 2000 Stellen von seinerzeit 25'000 bei Karstadt streicht und aus der Tarifbindung aussteigt, erhält sein Image als Retter Kratzer. Gegenüber «Bild» betont er: «Karstadt war für uns kein gutes Geschäft, nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch mit Blick auf meinen Ruf in Deutschland.
«Zu weich als Geschäftsmann»
Dass sein Einstieg bei Karstadt zudem nicht langfristig, sondern eher eine Episode bleiben würde, wurde dann im Herbst vergangenen Jahres offensichtlich. Nach von Verlusten und Umsatzrückgängen geprägten Jahren verkaufte er damals die Mehrheit am operativen Geschäft der Karstadt-Luxushäuser wie dem KaDeWe in Berlin und an den 28 Sport-Filialen an Benko, der bereits eine Reihe von Karstadt-Immobilien übernommen hatte. Er beteuerte zwar: «Ich bin weiter da und kämpfe für Karstadt. Wenn alles gut läuft, und ich bin am Ende immer noch der Eigentümer: Dann bin ich sehr glücklich.» Doch dann gab der abrupte Abgang von Eva-Lotta Sjöstedt im Sommer nach nur fünf Monaten als Firmenchefin den Vorgeschmack auf einen baldigen Ausstieg des Deutsch-Amerikaners. Sie galt als Hoffnungsträgerin für die Karstadt-Sanierung, doch erhielt sie nach eigener Aussage nicht die dafür nötigen Mittel von Berggruen. Dabei hatte er noch zum Jahresbeginn in einem Interview zu seiner Rolle bei Karstadt gesagt: «Ich war sicher nicht klar genug und zu weich als Geschäftsmann.»
(reuters/ccr)