Clinton gegen Trump – «Hillary» gegen «The Donald». So könnte das Duell um das Weisse Haus lauten, wenn die Amerikaner am 8. November den Nachfolger von US-Präsident Barack Obama wählen. Vielleicht aber nominieren die Demokraten statt der früheren Aussenministerin den linken Senator Bernie Sanders als ihren Kandidaten.
Und die Republikaner setzen nicht auf den streitbaren Immobilien-Milliardär Trump, sondern auf den erzkonservativen Senator Ted Cruz. Oder sie versuchen mit moderateren Bewerbern wie Marco Rubio oder Jeb Bush nach acht Jahren den mächtigsten Politikerposten der Welt zurückzuerobern. Die Entscheidungen sollen spätestens bis zum Sommer bei den parteiinternen Vorwahlen fallen. Das landesweite Schaulaufen startet diesen Montag im Agrarstaat Iowa.
Iowa brachte Clinton vor acht Jahren kein Glück
Als Hillary Clinton im April ihre Bewerbung bekanntgab, galt sie als gesetzt. Doch inzwischen macht der früheren First Lady ein international kaum bekannter Senator aus dem kleinen Bundesstaat Vermont das Leben schwer. In Umfragen holte der parteilose Sanders, der sich selbst als «demokratischer Sozialist» bezeichnet, in den vergangenen Monaten auf.
Manch einen erinnert das an 2008. Auch damals war Clinton bei ihrem ersten Anlauf für das Kandidatenticket lange Favoritin. Doch dann triumphierte in Iowa der schwarze Senator Obama. Eine Welle der Begeisterung trug ihn bis ins Weisse Haus. Clinton blieb das Aussenministerium.
Grosse Erfahrung und tiefe Verstrickung
Ihre vier Jahre als Amerikas Chefdiplomatin brachten ihr viel Anerkennung. Aber sie sind auch der Grundstein für ein potenziell gewaltiges Hindernis auf dem Weg zur ersten US-Präsidentschaft einer Frau. Der 68-Jährigen droht eine Anklage, weil sie E-Mails während ihrer Zeit als Aussenministerin über einen privaten Server abwickelte. Kurz vor der Vorwahl spitzte sich die Affäre zu. Das Aussenministerium stufte 22 Mails als «Top Secret» ein.
Viele Wähler trauen Clinton nicht, sie sehen sie zu sehr verstrickt in den Washingtoner Machtapparat und nehmen ihr ihre Kampagne, die auf eine Stärkung der Mittelschicht abzielt, nicht ab. Da kommt Schützenhilfe vom Präsidenten, der in der eigenen Partei grosses Ansehen geniesst, gerade recht. Obama will zwar keine konkrete Wahlempfehlung abgeben. Aber kürzlich betonte er doch explizit die Vorzüge Clintons, allen voran ihre politische Erfahrung.
Unzufriedene fliegen auf Trump
Während Clinton auf Obamas Erbe aufbauen will, laufen die Republikaner dagegen Sturm: die Gesundheitsreform, das Atomabkommen mit dem Iran, die Syrien-Strategie, schärfere Waffenregeln, die Legalisierung der Homo-Ehe. All das hat auch viele Wähler verstört. Ein knappes Dutzend Bewerber wittert die Chance, dass die Wut auf Obama für einen Sieg der Republikaner im November reichen könnte. Vor allem einer weiss die Unzufriedenheit für sich zu nutzen: Donald Trump.
Seit Monaten dominiert er die Schlagzeilen. Trump provoziert und polarisiert. Er wettert gegen Frauen, Muslime, Waffengegner. Einiges geht selbst seinen Mitbewerbern zu weit. Trotzdem hat der 69-Jährige eine riesige Fangemeinde um sich geschart. Und immer wieder verweist er auf seinen Erfolg als Unternehmer.
Alternativen mit Potenzial
Das soll ihn als Experten für eines der nach wie vor heissesten Eisen ausweisen: die Wirtschaft. Trump sagt, die USA befänden sich in einer Blase, die zu platzen drohe. Zwar wächst die Wirtschaft, und die Lage am Arbeitsmarkt ist so gut wie seit Jahren nicht mehr. Aber es bestehen durchaus Risiken, etwa die Konjunkturabkühlung in China und der niedrige Ölpreis. Trump sagt: «Das Land sitzt in der Patsche.»
Sein schärfster Rivale in Iowa ist laut Umfragen Ted Cruz. Der Senator aus Texas steht der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung nahe. Das dürfte einige Wähler abschrecken. Eine Alternative wäre Marco Rubio. Der 44-jährige Senator aus Florida ist Sohn kubanischer Einwanderer und könnte deshalb die wachsende hispano-amerikanische Wählerschaft gewinnen.
Zahlenmässig unbedeutend und trotzdem...
«Wer nicht mindestens Dritter in Iowa wird, kann nicht Präsident werden, das zeigt die Geschichte», sagt der renommierte US-Meinungsforscher Patrick Murray von der Monmouth University. Iowa war trotz seiner zahlenmässig geringen Bedeutung häufig Ausgangspunkt für spektakuläre Wahlsiege.
So wurden etwa Jimmy Carter und Barack Obama vom Rückenwind ihrer Siege im Start-Bundesstaat in die Kandidatenposition und später ins Weisse Haus getragen. Dabei stimmen in Iowa erwartungsgemäss nur rund 350'000 Menschen ab. Mit 30 Parteitagsdelegierten bei den Republikanern und 44 bei den Demokraten spielt der Staat insgesamt keine gewichtige Rolle.
Mitte der Bevölkerung als Schlüssel zum Erfolg
Am Ende könnten taktische Überlegungen den Ausschlag geben. Wem trauen die Wähler am ehesten zu, das zutiefst gespaltene Land zu einen? Wer hält die Wirtschaft auf dem Erholungspfad? Wer bietet der radikal-islamischen IS-Miliz die Stirn, ohne die USA in einen Krieg wie in Afghanistan zu verstricken?
Für Demokraten wie Republikaner gilt: Das Abschneiden in den ersten Vorwahlen setzt den Ton. Mit einer Vorentscheidung insbesondere bei den Republikanern ist wohl frühestens Anfang März zu rechnen, wenn binnen einer Woche in mehr als 20 Bundesstaaten gewählt wird. Dann dürfte auch feststehen, ob ein Unabhängiger in das Geschehen eingreift, dem seit Jahren Ambitionen auf die Präsidentschaft nachgesagt werden: Michael Bloomberg. New Yorks Ex-Bürgermeister werden durchaus Chancen eingeräumt – wenn er die Mitte der Bevölkerung erreicht. Und das dürfte mitentscheiden, wer 45. Präsident der USA wird.
(reuters/sda/jfr)