Der ehemalige UBS-Manager Raoul Weil wurde vor Bundesgericht in Fort Lauderdale (Florida) vom Vorwurf der Beihilfe zu Steuerbetrug freigesprochen. Die Geschworenen benötigten nur eine Stunde für die Beratung. Weil und seine Frau brachen in Tränen aus.
«Nicht schuldig», lautete das Verdikt der zwölf Geschworenen am Montagabend um 16.40 Uhr Ortszeit. Raoul Weil, seine Frau Susanne Lerch und die Anwälte der Verteidigung sprangen auf und umarmten sich. Die Staatsanwälte blieben konsterniert sitzen.
Nur zwei Mitglieder der Geschworenen hätten zu Beginn der Beratungen mit einem Schuldspruch geliebäugelt, sagte auf Anfrage der Sprecher der Geschworenen nach dem Prozess. «Sie liessen sich zuerst von Emotionen leiten, statt von Fakten.»
Keine direkten Beweise
Der Grund für den Freispruch war klar: Es fehlte an direkten Beweisen, dass Weil persönlich in die illegalen Geschäfte der UBS mit US-Kunden verstrickt war. Weil war in den USA wegen Beihilfe zu Steuerbetrug angeklagt. Bei einem Schuldspruch hätten ihm bis zu fünf Jahre Gefängnis gedroht. Jetzt ist er ein freier Mann. Er bekommt seinen Pass und die hinterlegte Kaution von 10,5 Millionen US-Dollar zurück.
Das US-Justizdepartement zeigte sich in einer ersten Reaktion «enttäuscht» über den Ausgang des Prozesses. Das Verdikt der Jury werde respektiert und der Entscheid werde keinen Einfluss auf die Politik des Departements haben, gegen Steuerhinterzieher und deren Helfer entschieden vorzugehen, heisst es in einem schriftlichen Statement gegenüber AWP. Die UBS wollte das Urteil auf Anfrage hingegen nicht kommentieren.
Spannendes Duell der Prozess-Parteien
Dem Urteil war ein spannendes Duell der Parteien vorangegangen. Beide Seiten, Anklage und Verteidigung, hatten je zwei Stunden Zeit, um den Geschworenen nochmals ihre Sicht der Dinge zu präsentieren. Der Freispruch lag aber schon früh in der Luft.
In den Schlussplädoyers konnte die Verteidigung Punkte sammeln, während die Anklage farblos blieb. Das Schlusswort der Verteidigung war hart. Anwalt Matthew Menchel bezeichnete den Kronzeugen Martin Liechti als Kriminellen und Lügner.
«Es ist eine schöne Geschichte, von der US-Regierung schön ausgemalt»
Liechti war bis 2008 Amerika-Chef der UBS-Vermögensverwaltung gewesen und hatte seinen früheren Freund und direkten Vorgesetzen Raoul Weil am meisten belastet. «Es ist eine schöne Geschichte, von der US-Regierung schön ausgemalt», spottete Menchel.
In Tat und Wahrheit sei der Fall aber sehr kompliziert. Die Anklage versuche bloss, die Einzelheiten zu übergehen. Die Wahrheit liege aber oft im Detail. So ging er nochmals die Aussagen des Zeugen Liechti durch.
«Er hat schlicht gelogen, und als ich ihn überführte, hat er wieder gelogen, und dann nochmals, um seine alten Lügen zu rechtfertigen. Er ist pathologisch.» Es sei Liechti gewesen, der die illegalen Machenschaften der UBS im grenzüberschreitenden Geschäft mit US-Kunden gekannt und unterstützt habe, nicht Weil.
«Dieser Mann, Raoul Weil, hatte damit absolut nichts zu tun.» Zum Schluss drückte er noch auf die Tränendrüsen. Dieses Verfahren habe das Leben seines Mandanten zerstört und dessen Ruf geschädigt.
Magere Beweislage
Die Staatsanwälte Mark Daly und Jason Poole, die am Anfang und zum Schluss das Wort hatten, konnten die magere Beweislage nicht verbessern. Sie beschränkten sich darauf, die illegalen Geschäfte mit US-Kunden möglichst in die Nähe von Weil, der damals Chef der globalen UBS-Vermögensverwaltung und damit oberster Verantwortlicher war, zu rücken.
Sie zeigten nochmals auf, wie es die UBS jahrelang nicht schaffte - offensichtlich nicht schaffen wollte, aus dem umstrittenen Geschäft auszusteigen. Profit sei der Bank wichtiger gewesen als die Einhaltung der Gesetze.
Staatsanwalt Poole warf der Verteidigung vor, vom Kern der Sache abzulenken. Es sei eben doch ein einfacher Fall, ein Fall von klassischer Steuerhinterziehung. «Es geht um Gier und ums Geld verdienen. Und der Angeklagte war nicht blind.»
Er habe von diesem illegalen Geschäft Kenntnis gehabt, gewusst, dass 90 Prozent der US-Kunden ihr Konto bei der Steuerbehörde nicht deklarierten. Als es brenzlig wurde, habe er Untergebene wie Liechti sogar aufgefordert, um jeden einzelnen dieser Kunden zu kämpfen, um ihn bei der UBS zu halten.
Richter öffnet Tür zum Freispruch
Richter James Cohn hatte zuvor in seinen Instruktionen an die Geschworenen unterstrichen, dass es nicht der Angeklagte sei, der seine Unschuld beweisen müsse. Er machte dir Tür zu einem Freispruch weit auf.
«Wenn Sie begründete Zweifel an seiner Schuld haben, müssen Sie ihn freisprechen. Wenn sie ihm glauben, dass er nichts gewusst und immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat, müssen Sie ihn freisprechen.» So kam es denn auch.
(awp/sda/ccr)