Gehen fällt schwer, der Rücken schmerzt bei jedem Schritt. Und doch glänzen die Augen beim Gang durch seine kleine Welt: Ingvar Kamprad schlurft durch seinen schwedischen Heimatort Älmhult. Jeder kennt ihn dort, den Gründer der weltgrössten Möbelverkaufskette Ikea mit insgesamt 390 riesigen blau-gelben Verkaufstempeln in 48 Ländern. Und erstaunlich viele Menschen kennt der Multimilliardär beim Gang über die Strasse, die den Namen seiner Firma trägt: Ikeagatan. Die Chance, dass für ihn arbeitet, wen er im Vorbeigehen trifft, steht bei rund 50 Prozent. 4700 Arbeitsplätze hat Ikea in Älmhult eingerichtet - bei einer Einwohnerzahl von 9500.
Sparsamkeit, einer der entscheidenden Pfeiler des Ikea-Erfolgs, ist Kamprad auch im hohen Alter geblieben. Das zeigt sich, als der 90-Jährige den in Schweden so beliebten Kautabak ausspuckt. «Ich schnupfe seit 80 Jahren», übertreibt er womöglich ein wenig und nimmt ein Papiertaschentuch der Coop-Billigmarke Qualité & Prix zur Hand. Die Döschen mit dem Schnupftabak kauft er stets beim Händler seiner Wahl in der schwedischen Nachbarschaft. Und immer gleich im Zehnerpack. Warum? «Da bekomme ich die elfte Dose gratis.»
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Ein persönliches Paradies
Für sich selbst, für seine drei Söhne und eine Handvoll Enkelkinder hat der Patriarch ein persönliches Paradies knapp 20 Kilometer nördlich von Älmhult im Dorf Bölsö geschaffen, mit Seeanstoss. Ein grösseres, gelb gestrichenes Gebäude nutzt er für sich und seine Haushälterinnen, drei baugleiche Reihenhäuser hat er für seine Söhne errichten lassen.
Die Junioren Peter (52), Jonas (50) und Mathias Kamprad (47) mögen das Heimatgefühl für die Provinz Småland nicht so tief in ihren Herzen tragen wie ihr Vater. Doch auch sie, die längst den Schweizer Pass besitzen, haben das Licht der Welt in Älmhult erblickt, hier ihre ersten Worte auf Schwedisch gesprochen, erste Freundschaften mit Nachbarskindern geschlossen. Im Gegensatz zum Patron gehören die Söhne jedoch nicht zum Strassenbild in Älmhult. Sie fliegen ein zum Geburtstag des Vaters, zu Weihnachten oder zur Eröffnung des Ikea-Museums am 30. Juni dieses Jahres.
Wer Senior Kamprad bei einem seiner seltener werdenden Gänge über die Ikeagatan begleitet, begreift, was die Bezeichnung «Familienfirma» selbst in einem Weltkonzern mit aktuell mehr als 170'000 Beschäftigten bedeuten kann. Johanna Blomqvist zum Beispiel, gebürtig gleichfalls aus Älmhult, Anfang 30 und Medienchefin bei Ikea of Sweden, erzählt stolz: «Meine Eltern arbeiten auch beide bei Ikea.»
Per Du
Mit dem 63-jährigen Lars Dafnäs ist Kamprad, wie sowieso mit allen Mitarbeitenden, per Du. Der pensionierte Chefdesigner muss im Vorbeigehen leichten Spott des Ikea-Patriarchen über sich ergehen lassen. «Der darf sich Professor nennen, weil er manchmal an der Hochschule Vorträge hält.» Auf den langjährig ranghöchsten Gestalter trifft zu, was Kamprad-Biograf Bertil Torekull zu Papier brachte: «Unzähligen Schweden aus allen Teilen des Landes hat Älmhult als Sprungbrett in die Welt gedient.»
Gemeint als Sprungbrett ist natürlich der Möbelkonzern, der im Ortskern seit den 1950er Jahren seine Zentrale hat und über die Ortschaft verteilt inzwischen 13 Firmentöchter unterhält, auch eine hochmoderne Möbelfabrik mit 260 Beschäftigten, die sämtliche Frontelemente für die weltweit verkauften Hochglanzküchen der Serien Bodbyn, Veddinge und Hittarp tischlern. Und dank etlicher Millionen Zustupf aus der Firmenkasse werden 270 Kinder in Älmhults internationaler Schule unterrichtet.
Ikea Test Lab
Eine besondere Bedeutung für die Kundenbindung in aller Welt hat das von aussen unscheinbare Kreativzentrum des Konzerns, genannt Ikea Test Lab. Fest angestellt sind da ein Dutzend Designer. Weit über hundert weitere freiberufliche Gestalter von Möbeln, Leuchten oder Stoffen bevölkern alltäglich den konzerneigenen Campus, eine einzigartige, weltweit richtungsweisende Ideenschmiede mit eigenen Handwerkstätten. Stoffe bedrucken? Einen Schemel tischlern? Tischleuchten modellieren, Hängelampen formen oder gleich ein komplettes Wohnzimmer drapieren? Sämtliche gestalterischen Feinarbeiten werden unter dem eigenen Dach erledigt, Prototypen werden hypermodern mit 3-D-Druckern hergestellt.
Wenn es seine Tagesform zulässt, schaut Ingvar Kamprad auch heute noch bisweilen unangemeldet in den Modellwerkstätten vorbei, sichtet vor Weihnachten 2016 zum Beispiel gerade Gardinenmuster, die in zwei Jahren im Sortiment von dann wohl bereits rund 450 Ikea-Ablegern feilgeboten werden. Denn auch im achten Jahrzehnt der Firmengeschichte gilt unverändert Älmhult als wahrer Nabel der Ikea-Welt, jener unscheinbare Ort, wo gemäss dem Gründer «unser gesamtes Sortiment festgelegt und von wo aus unsere Kultur weiterverbreitet wird».
Ein Museum zu Lebzeiten
Ehre, wem Ehre gebührt: Wem auch immer im Test Lab ein besonders grandioser Entwurf gelingt, der schafft es - allerdings erst Jahre später, wenn der Bestseller wirklich bewiesen ist - , gerahmt im Bild an die Wand im nagelneuen Ikea-Museum. Schräg gegenüber vom Designzentrum, im 1958 eröffneten, allerersten Ikea-Möbelmarkt der Welt, haben Marketingstrategen im Frühsommer auf 7000 Quadratmetern einen ganz speziellen Hingucker geschaffen - mit einem meterhohen Porträt des Gründers im Eingangsbereich, zusammengesetzt aus Tausenden stecknadelkopfgrossen Fotos von Ikea-Mitarbeitenden.
Die kreativsten Köpfe werden hingegen nicht en miniature, sondern im Grossformat präsentiert. Meterweise stellen die Kuratoren Dutzende Designer mit ihren jeweiligen Prunkstücken vor. Zum Beispiel den Japaner Noboru Nakamura, Schöpfer des Schwingsessels Poäng, oder den im Gegensatz zu seinem Geniestreich Billy eher unbekannten Regalschreiner Gillis Lundgren - quasi der «Mister Billy» - , der im vergangenen Frühjahr verstorben ist.
65 Millionen «Frakta»-Taschen
Nach Stückzahlen bleibt ein anderes Produkt aus Kamprads Erfinderwerkstätten der Bestseller schlechthin: die simpel wirkende Einkaufstasche mit 71 Litern Fassungsvermögen. In Schwedens Landesflaggenfarben Blau und Gelb gestaltet, überall in der Ikea-Welt im Kassenbereich gestapelt, schlicht Frakta getauft, wiegt die legendäre Plastiktasche gerade einmal 120 Gramm, trägt jedoch mindestens 25 Kilogramm, ohne zu reissen. Mehr als 65 Millionen Exemplare haben Ikea-Kunden allein im vergangenen Jahr gefüllt nach Hause getragen - in der Schweiz feilgeboten für 75 Rappen. Und wohl aus Schweizer Beständen stammt jenes abgegriffene Frakta-Modell, das der sparsame Ikea-Gründer gerne bei Einkäufen stolz mit sich führt.
Gestaltet haben diesen übergrossen Kunststoffbeutel die Designer Marianne und Knut Hagberg. Deren neuere Kreation, die Eschenfurnier-Tischserie Lisabo, könnte aus einem anderen Grund Geschichte schreiben - als frühes Ikea-Möbelstück, das ganz ohne Inbus-Schraubenschlüssel zusammengesteckt wird, und dies gar mit einer Zeitersparnis von 80 Prozent.
Ohne Schrauben und Sechskantschlüssel
Der einstige Design-Doyen Dafnäs doziert bereits über eine bevorstehende Revolution: Ikea ohne Schrauben und Sechskantschlüssel. Das neue Stecksystem hat Kamprad längst für gut befunden. Neben der gewonnenen Freizeit bei der Montage, wenn Ikea-Möbel demnächst mit werksmässig vorfabrizierten Kunststoffstiften ineinandergesteckt werden, fasziniert ihn - und sicher alle Propheten gelebter Nachhaltigkeit - der Gedanke, wie viele Tonnen Metall da eingespart werden bei Tischen, Schränken und Bänken ohne Schrauben, Stifte oder Verbindungshülsen.
Solche Innovationen verzücken nämlich unverändert auch den preisbewussten Erfinder der selbst zu montierenden Möbel, bei dem auch die Verpackung, anders als bei vielen Luxusfabrikanten, nicht klein genug sein kann. Muster des Ikea-typischen Minimalismus bei der Kartonage finden sich im Museum. Sie lassen freilich weniger Betrachter verweilen als die Sammlung von Hunderten Fotografien der Familiengeschichte: Schnappschüsse, die den heute sicher reichsten Händler der Welt bei früheren Aktivitäten zeigen - als Fischer mit Vater Feodor Kamprad und dem verkaufsfertigen Fanggut am Seeufer in Småland oder als stolzer Vater von drei Knaben in einer Familienkutsche, natürlich aus der damals noch rein schwedischen Autoschmiede Volvo.
Hinter Glas haben die Museumseinrichter exakt jenes Büro wieder aufgebaut, in dem Kamprad jahrzehntelang von seiner Villa in der waadtländischen 8000-Seelen-Gemeinde Epalinges aus seine wachsende Familienfirma gesteuert hat. Nach dem Umzug des Patrons demontierten Handwerker den Arbeitsplatz des Chefs im Welschland und verfrachteten ihn nach Småland. Nun können Hunderttausende Besucher einen Blick ins einst Allerheiligste des multinationalen Möbelriesen werfen.
Das Schreibpapier von M-Budget
Gleich zwei Faxgeräte hatte der sonst so knausrige Kamprad in der Schweiz angeschafft; eines davon, auf einem A4-Blatt ausdrücklich als Reserve beschriftet, ziert den Fussboden. Auf dem Schreibtisch steht ein Karton mit Papiertüchern, preiswert aus dem M-Budget-Sortiment der Migros besorgt. Auf dem Bücherbord liegen mehrere rote Papiertragtaschen des Discounters Denner.
Womöglich als Mahnung, dass Konkurrenz allerorten lauert, steht ein knallrotes Stühlchen des österreichischen Ikea-Konkurrenten XXX-Lutz auf Augenhöhe im Regal. Ein Seitenteil des Schreibtischs ist mit französischen Vokabeln vollgekritzelt, leicht lesbar, wenn Kamprad mal ausgestreckt auf dem Fussboden entspannte und versuchte, fremdsprachliche Defizite in seiner Westschweizer Wahlheimat aufzuholen. Ihn fuchste nämlich, dass seine Söhne französisch parlierten, wenn sie vor ihm kleine Geheimnisse verbergen wollten.
Die gern im Hintergrund agierenden Junioren rücken erstaunlich oft ins Bild im Museum, das Mathias, der Jüngste, gemeinsam mit seinem Vater feierlich eröffnet hat. Einige Fotografien erinnern an Kamprads Mutter Berta, die schon früh an Brustkrebs starb und deren Andenken der dankbare Sohn mit der Berta-Kamprad-Stiftung in Älmhult pflegt.
Das Museum aber, das sich nach ersten Hochrechnungen bei 60 Kronen Eintrittspreis auf jährlich mehr als 100'000 Besucher einrichtet, scheint dem Inspirator insgesamt nicht so wichtig zu sein: «Geschichte interessiert mich nicht», behauptet er mit einem verschmitzten Lächeln - und kann sich dann eine Wiederholung seines Lieblingssatzes nicht verkneifen: «Wunderbare Zukunft, das meiste ist noch nicht getan.»
Wo auch das Zentrum der Zukunft im unverändert prosperierenden Möbelreich Ikea liegt, lässt Kamprad dabei in der südschwedischen Provinzstadt gleich gegenüber dem Bahnhof plakatieren: «In Älmhult finden Sie die Wurzeln und das Herz von Ikea.» Auch das eigene Filmund Fotostudio auf 9000 Quadratmetern Geschossfläche ist hier. Da werden zum Beispiel sämtliche Aufnahmen für die zuletzt mit einer Weltauflage von 211 Millionen Exemplaren bezifferten Ikea-Kataloge produziert. Gegen 50'000 Bilder schiessen Fotografen als Auswahl für die Art Directors.
Heimweh nach Epalinges
Kamprads Tagesprogramm könnte so betrachtet vielfältig sein mit Touren zwischen Älmhult und Bölsö, mit Tagesausflügen nach Malmö oder Kopenhagen. Und dennoch kommt bisweilen Heimweh nach Epalinges auf: «Manchmal vermisse ich den See», sagt er dann mit hörbarer Trauer bei der Erinnerung an seine Jahre in der Waadt, schwärmt vom Lac Léman. «Und meine Freunde vom Genfersee vermisse ich auch.»
Mit Spezialitäten aus dem Welschland wie eben preiswerten Spucktüchern oder seinem Lieblingskaffee versorgt ihn seine Assistentin Eva Lundell Fragnière. Die vertraute Mitarbeiterin hat Kamprad schon im Waadtland zugearbeitet, reist nun regelmässig nach Älmhult und begleitet den verwitweten Patron gern auch in festlicher Robe zu Veranstaltungen, wenn zum Beispiel das Königshaus den berühmtesten Sohn des Landes zum Bankett bittet. Auf Fotografien mit Königin Silvia und mit Kronprinzessin Victoria turtelt Kamprad wie ein alter Schwerenöter.
Treffen mit alten Bekannten
Zumindest einige Weggefährten aus seiner persönlichen Sturm-und-Drang-Zeit, die in der Wahlheimat mit der Eröffnung des ersten Ikea-Marktes 1973 in Spreitenbach begann, trifft der Pionier der Selbstmontagemöbel regelmässig auch in Småland. Göran Grosskopf (71) zum Beispiel, Jus-Dozent an der Universität in Lund, war als Berater und Verwaltungsrat der Tetra-Pak-Verpackungsfamilie Rausing nach Lausanne umgezogen. Da die schwedische Landsmannschaft in der Waadt überschaubar ist, kreuzen sich die Wege von Expats zuverlässig.
Die Kamprads kennen die Rausings - und beide Familien pflegen Kontakt zum dritten schwedischen Waadtländer Milliardär, dem Biopharmazeuten Frederik Paulsen (66). Paulsen ist Eigentümer von Ferring Pharmaceuticals in St-Prex VD und im Ehrenamt Generalkonsul der Russischen Föderation in Lausanne.
Paulsen, der einzige Mensch, der sämtliche acht Pole der Erde per pedes oder (Untersee-)Boot erreicht hat, schwärmt in höchsten Tönen von Kamprads 2011 verstorbener Gemahlin Margaretha. Ein Jahr nach deren Tod liess der promovierte Chemiker an der EPFL in Lausanne ihr zu Ehren einen Stiftungslehrstuhl ein richten, spendierte fünf Millionen Franken und lässt seither, passend zum langjährigen Wohnsitz beider am grössten See Westeuropas, die Bedeutung von Binnengewässern für das Ökosystem erforschen. «Sie hat die Natur geliebt», erinnert Paulsen an die einstige Lehrerin Margaretha Stennert, die Ingvar Kamprad Anfang der 1960er Jahre in Italien geheiratet hat - und deren sterbliche Reste inzwischen wieder in schwedischer Heimaterde ruhen.
Die Holdingkasse - ein Honigtopf
Bei aller Freundschaft zwischen Kamprad senior und Generalkonsul Paulsen dürfte für die Junioren der schwedische Ratgeber Göran Grosskopf besonders lehr- und hilfreich sein. Mit seinem von den Rausings herrührenden Know-how funktioniert der Jurist wohl wie ein Scharnier zwischen Vater Ingvar Kamprad und dessen drei Söhnen Peter, Jonas und Mathias. Und wenn es denn sein müsste, würde er wohl auch mal als Schraubzwinge wirken.
Amtlich agiert der familienfremde Manager als Vorsitzender sowohl bei der Ingka Foundation wie auch beim operativen Konzerndach, der Ingka Holding BV, beide domiziliert in Holland. In deren Bilanz wird deutlich, wie extrem erfolgreich der über die Jahre stets sparsame Ingvar Kamprad gewirtschaftet hat. Unter der Position «Wertpapiere» referiert die Ikea-Mutter Ingka in einem Halbsatz, dass sie ihre «überschüssigen liquiden Mittel aktiv mittels Investitionen in Wertpapiere steuert». In dem zuletzt per 31. August 2015 publizierten Geschäftsbericht beziffert die Familienfirma diesen Bilanzposten zwar kleingedruckt, aber gleichwohl spektakulär mit knapp 15,3 Milliarden Euro.
Nachfolgertrio teilt sich die Aufgaben
Einen ausdrücklichen Kronprinzen küren die Kamprads nicht. Das Nachfolgertrio teilt sich die Aufgaben, wohl auch nach Talenten und Überzeugungen. So wie es bei zwei Juristen bekanntlich mindestens drei Meinungen gibt, differieren ihre Einschätzungen logischerweise bisweilen bei Geschäftsmodellen und -vorgängen.
Skeptisch beäugte beispielsweise der Patron anfangs, wie sein Erstgeborener Peter Kamprad, Vater von zwei Kindern, wie besessen auf erneuerbare Energie setzte, die riesigen Dächer der Verkaufshäuser mit Sonnenkollektoren zupflastern und Windräder küstennah in die Landschaft pflanzen liess. Insgeheim dürfte der greise Zweifler längst zu den Bewunderern seines Stammhalters gehören, wenn Ikea wegen dieser vorbildlichen Nachhaltigkeit international höchstes Lob erntet - und bei den selbst erzeugten Energien erst noch kräftig spart.
Die Söhne setzen auf Online-Handel
Während dem Senior oft nachgesagt wurde, im Zweifel Wachstum mit gebremster Kraft zu favorisieren, eben lieber Liquidität im zweistelligen Milliardenbereich zu reservieren, schrauben die Junioren gern hochtourig - wie es die forsche Jugend halt macht. Ein interner Fünfjahresplan sieht rund 50 Prozent Wachstum vor, 50 Milliarden Euro Verkaufserlöse im Jahr 2020. Beitragen dazu soll zunehmend der Online-Handel. Ob das der richtige Weg ist, wird sich erst nach Jahren weisen.
Der Patriarch hält sich zwar seit seiner Heimkehr demonstrativ mit Kommentaren zurück. Unter konservativen Mitarbeitern aber wird gerade heiss diskutiert, ob sich der Weltmeister im stationären Möbelhandel massiver im Internet ausbreiten sollte. Mahner raten zur Vorsicht, weil Online-Kunden weniger zu Spontankäufen neigen. Die klassische Klientel hingegen greift auf ihren Rundgängen durch gigantische Ikea-Märkte gerne zu, wenn beispielsweise ein Bilderrahmen ins Auge springt, eine neue Glasserie gefällt, Trockentücher, Kerzen oder Holzspielzeuge zur Mitnahme einladen. 40 Prozent vom weltweiten Gesamtgeschäft in Höhe von zuletzt 33,8 Milliarden Euro entfallen angeblich auf dieses vermeintliche Randsortiment. Mehr als 13 Milliarden Euro - nicht schlecht als Ergebnis von Spontankäufen.
Der Absatz im World Wide Web schlägt noch vergleichsweise gering zu Buche. Die verkaufsstärkste Ikea-Landesgesellschaft in Deutschland bezifferte ihre Verkäufe im Internet gerade mit 221 Millionen Euro, knapp fünf Prozent vom Gesamtumsatz. Ebenso viel kassierten die Köche in den deutschen Ikea-Restaurants von heisshungrigen Kunden. Wachstum kann der Möbelriese mühelos wohl auch da noch - nach schwedischem Vorbild - schaffen. Während in den Schweizer Ikea-Beizen neben dem traditionellen Fleischbällchen-Bestseller Köttbullar inzwischen als vegetarische Version der Grönsaksbullar aus Gemüse aufgetischt wird, brät Ikea in der schwedischen Heimat bereits weitere Versionen der Spezialität. Besonders begehrt: der Bullar aus Lachs.
Dieser Text erschien 2016 in der Dezember-Ausgabe 24/2016 der BILANZ.