Seit 2014 besteht der Freihandel mit China in vielen Sektoren. Die Schweiz war das zweite europäische Land, nach Island, das dieses bedeutende Abkommen vereinbaren konnte. Dies gefiel der EU und den USA nicht. Doch die hiesige Exportindustrie begann die vereinbarten Zollrabatte zu nutzen. Sie verschafften der Uhren- und Schmuckbranche und teilweise dem Maschinenbau gute Wettbewerbsvorteile.

Doch dann der Dämpfer: Drei, vier Jahre später bemerkten die Schweizer Exporteure, dass bloss 40 Prozent ihrer Exporte vom Freihandelsabkommen profitieren. Woran machten sie das fest? An der sogenannten Nutzungsrate. Sie ist der Schlüsselwert zur Beurteilung, ob ein Abkommen seine Wirkung entfaltet. Die Hindernisse? Die chinesische Zollbürokratie, eine zu eng gefasste Definition des Ursprungszeugnisses und der Ausschluss vieler Exportgüter vom Freihandel im Wert von knapp 10 Milliarden Dollar.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

China diskriminiert ausländische Anbieter in der Beschaffung

So wurde der Bundesrat in China vorstellig, mit dem Wunsch, das Freihandelsabkommen zu erweitern. Doch Peking zeigte ihm die kalte Schulter. Die Schweiz wurde fünf Jahre lang hingehalten mit fadenscheinigen Begründungen, darunter die Pandemie und dass sich Bern in die inneren Angelegenheiten Chinas eingemischt habe.

Gleichzeitig lancierte Xi Jinping politische Projekte, als Kampfansage an den Westen, inklusive die Schweiz: Die «Belt and Road»-Initiative, die «China first»-Strategie und staatliche Kontrollen über westliche Niederlassungen, darunter im Datenschutz. «China first» heisst, dass China inländischen Industrieprodukten systematisch den Vorrang gibt. Dies haben Schweizer Exporteure zu spüren bekommen. 

Die Enttäuschung auf Schweizer Seite ist gross. Das Klima hat sich verschlechtert. Das Parlament wird laufend kritischer. Die Folge: Chinesische Investitionen werden überwacht. Das Blockdenken nimmt zu, seit China Russland im Ukraine-Krieg unterstützt und Taiwan einschüchtert. Der Ausbau des Freihandels wird, ausser in den Exportbranchen, skeptisch gesehen.

Die unvermittelte Charmeoffensive Chinas

In diesem Kontext platzt die Meldung vom Montag, dass Bundespräsidentin Viola Amherd sich mit der Nummer zwei Chinas, Li Qiang, auf neue Gespräche zur Erweiterung des Freihandels geeinigt habe. Die Mitteilung dazu ist vage gehalten. Sowohl China als auch Bern mauern bei den Details dazu, was die Absichten sind. Dies fördert das Vertrauen nicht gerade. 

Aber im Hintergrund ist viel gelaufen. Im Verborgenen publizierte China im Oktober – mithilfe der Uni St. Gallen – eine Auswertung der Schweizer Exporte nach China. Darin steht, dass die Nutzungsrate des Freihandelsabkommens sich massiv verbessert habe: innert fünf Jahren von 42 auf 71 Prozent. Die Herleitung ist zwar geheim und nicht überprüfbar. Doch das Dokument zeigt auch, warum die Schweiz am Ausbau interessiert sein könnte: Der Export von Maschinen, Elektrogeräten und Spezialinstrumenten wird am Zoll noch immer stark diskriminiert.

Es macht Sinn, sich mit Peking an den Tisch zu setzen. Doch im geopolitischen Kontext sollte die Schweiz sich keine Illusionen machen: Die Charmeoffensive Pekings kann so abrupt enden, wie sie angefangen hat.