Die Europäische Union macht Tempo, richtig Tempo. Ab 2035 sollen keine Autos mit Verbrennermotor mehr zugelassen werden. Und von den Autoherstellern erfolgt kein Aufschrei, stattdessen überschlagen sich die Branchenriesen mit eigenen Austiegsankündigungen: VW, Audi und zuletzt Daimler wollen die EU-Vorgabe im Zweifel noch unterbieten. Offenbar ist etliche Jahre, nachdem Tesla die Branche von hinten aufgerollt hat, das Thema E-Auto kein mühsame Pflichtaufgabe der Autogrössen mehr, sondern ihre ernstgemeinte Zukunft.
Eine, die das skeptisch sieht, hat dies jetzt in Deutschland prominent kundgetan. Magdalena Martullo-Blocher hält den Umstieg auf E-Autos bis 2035 für einen «Riesenfehler». «Ich verstehe nicht, warum sich die deutsche Autoindustrie nicht stärker gegen so drastische Vorgaben wehrt», sagt die Ems-Chefin dem deutschen «Handelsblatt» (Paywall).
E-Mobilität noch nicht wettbewerbsfähig
Ihr öffentliches Kopfschütteln mag erstaunen, beliefert ihr milliardenschweres Unternehmen doch unter anderem Volkswagen mit Komponenten für die Batterien in Elektroautos. Doch Martullo-Blocher sagt: «Politisch war ich immer gegen die Elektromobilität, weil der Strom dafür wieder fossil produziert wird.» Ausserdem sei die Elektromobilität ohne Verbote und Auflagen noch nicht wettbewerbsfähig. Daher schade die EU der Industrie mit ihren strikten Vorgaben, ist sie überzeugt. «Die deutsche Autoindustrie reitet sich politisch, indem sie sich nicht wehrt oder mit der EU-Kommission zusammenarbeitet, völlig ins Abseits.»
Vielen deutschen Autofahrern dürfte sie damit aus der Seele sprechen: Knapp 60 Prozent der Deutschen lehnen den Verbrennerausstieg bis 2035 ab, wie eine Spiegel-Umfrage zeigte.
Viele Fragen für den Umstieg sind ungeklärt
Wie radikal der geplante Wandel ist, zeigen auch die bisherigen Absatzzahlen bei den Elektroautos. In der EU waren 7,5 Prozent der neu zugelassenen Fahrzeuge von April bis Juni reine E-Autos, ein deutlich grösserer Anteil von gut einem Viertel immerhin Hybridfahrzeuge. In der Schweiz machten im Vorjahr voll- und halbelektrischen Autos rund 14 Prozent der neu zugelassenen Fahrzeuge aus.
Das Wachstum in diesem Bereich ist rasant, das Interesse der Konsumenten steigt. Gleichzeitig ist Realität, dass viele Fragen für den Umstieg ungeklärt sind. In der Schweiz zum Beispiel – einem Land der Mieter – ist offen, wie die nötige Umrüstung von Mieter-Parkplätzen auf Elektro-Ladestationen zu bewältigen sein wird.
(me)
10 Kommentare
Das mühsame ist einfach, dass viele immer wieder auf die eigenen eingeschränkten Glaubenssätze zurückfällen und dementsprechend passende Argumente suchen um es entsprechend darzustellen.
Wieso es einen Riesenfehler sein soll habe ich nicht wirklich verstanden?
Wo liegt Bitteschön der Fehler, wenn 95% der Primärenergie in Bewegungsenergie umgewandelt werden kann versus knapp 38%.
62% der Primärenergie werden beim Verbrenner also sinnlos, als Abgase und Wärme in die Atmosphäre vepufft. Oder anders gesagt mit der gleichen Primärenergie können 3 E-Fahrzeuge betrieben werden.
Ja, dass noch Kohlenkraftwerke und gefährliche AKWs in Betrieb sind ist unschön, aber wandel braucht seine Zeit und vorallem eins Kontinuität und nicht persönliche Profilierung.
Lieber Herr Hirnzellen-2021.
Es scheint, dass sie hier nicht auf ihr Hirn-"zählen" können, könnte mir vorstellen, dass ihr Name so abgeleitet ist... Offensichtlich haben sie hier ihre politische Meinung (nennen wir es mal konservativ) offen kundgetan. Sie haben dabei wohl vergessen, dass wir in einer sehr Innovativen Gesellschaft leben und wir sehr zuversichtlich sein können, dass sich viele Leute mit viel gut funktionierenden Hirnzellen bis 2035 noch mit etlichen Ideen kommen werden. Denke da vor allem die Bereiche Energiespeicher, Stromproduktion und Recycling von Materialien aus alt gedienten Akkus. In sofern freue ich mich auf die Zukunft und bin froh nicht in der Vergangenheit leben zu müssen...
ja, lieber Trompi, ich denke, dass der Name vom französischen abgeleitet wird, "se tromper" (sich täuschen). Passt. Denn wer E-Autos fährt blendet aus, dass die Herstellung eine bodenlose Umweltsünde ist. Gemäss Fachwelt braucht ein E-Fzg. 6 Jahre bis es die Energiebilanz eines neueren Dieselautos erreicht hat. Zudem reden wir von massiver Energieknappheit, welche auf uns zukommt. Also Abhängigkeit von Frankreich (Atomstrom) und Deutschland (Kohle). Und wenn es dort knapp wird, dann schauen wir in den Mond und Euere Autos kommen ins Museum. Frau Martullo (das ist ihr Name und nicht Blocher) ist eine echte Visionärin und hatte bisher meist recht mit ihren Voraussagen.
Die Umweltbilanz von Elektroautos ist bereits heute schon wesentlich besser als diejenige der Verbrenner. Das Wichtige: Sie verbessert sich von Jahr zu Jahr mehr, da die Fahrzeuge effizienter und die Batterien immer weniger der umstrittenen Metalle in sich tragen. Und das ist der Punkt an Elektroautos: Das Potential ist noch sehr gross, anders als bei Verbrennern, wo das Potential bereits ausgeschöpft ist.
Dass wir grünen Strom brauchen ist ja sowieso klar. Egal ob Elektroautos oder nicht. Sie sollten daher eher die Strompolitik unserer Politik kritisieren. Denn in einem Punkt gebe ich Ihnen Recht: Die Lösung kann nicht sein, sich auf den Strom von Frankreich und Deutschland zu verlassen. Die Schweiz muss ihren eigenen Strom produzieren und dieser muss grün sein.
Ich will überhaupt nicht behaupten, dass es keine Probleme gibt bei den Elektroautos, aber alte und falsche Tatsachen in der Welt zu verbreiten hilft uns allen nicht. Ich will auch gar keinen zwingen Elektroauto zu fahren, dass muss jeder für sich selber entscheiden, doch ist die Bilanz eines Elektroautos heute schon besser als die eines Verbrenners. Das liegt alleine schon daran, dass der Kraftstoff gefördert und raffiniert werden muss, danach über weite Strecken transportiert wird und am Ende im Fahrzeug 2/3 der Energie in Wärme verloren geht. Jeder Liter Diesel hat schon 7kwh verbraucht bevor sie nur einen Meter gefahren sind. Wir sollten über Fakten sprechen und Vergleiche fair und realistisch durchführen. Selbstbetrug hilft doch keinem.
Ich denke Frau Blocher kommt nach ihrem Vater und damit wird mal erst einmal Nein gesagt. Obwohl ich politisch nicht auf der gleichen Linie fahre und selbst ein reines Elektrofahrzeug fahre, finde ich Verbote immer suboptimal. Wir sollten die Konsumenten nicht zwingen sondern überzeugen, dass Elektroautos eine gute Sache sind und die anderen einfach lassen. Gibt es immer mehr Ladestationen und immer weniger Tankstellen für Verbrenner, so wird der vermeintliche Nachteil zum Vorteil. Aber die Elektromobilität hat noch vieles zu verbessern und zu bewältigen. Wir sollten dafür sorgen, dass diese Probleme schnell gelöst werden. Mit einem Verbot müssen die Hersteller nicht besser werden um Kunden zu gewinnen und das ist einfach schlecht. Ausserdem müssen wir dafür sorgen das der Strom sauberer wird. Ein Elektroauto ist nur so sauber wie der Strom welchen es tanket.