So etwas wie in den letzten Tagen habe ich noch nie erlebt. Ab Mittwoch, nachdem das Wahlresultat in den USA feststand, wähnte ich mich in einem kollektiven Therapie-Setting. Sogar die grössten Optimisten und USA-Fans unter meinen Bekannten zeigten aufgrund der Wiederwahl von Trump plötzlich depressive Züge. Es werde zappenduster, man sehe keinen einzigen Silberstreifen am Horizont, monierten sie. Ein Freund meldete sich übers Wochenende gar ab mit der Begründung, er müsse sich vom US-Schock erholen, es gehe ihm nicht gut. 

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In der «New York Times» brachte Pulitzer-Preisträger Nicholas Kristof seine Gefühle in einer Kolumne zum Ausdruck. Seine Zeilen sind eigentlich bizarr: «Manifest für verzweifelte Demokraten», lautete der Titel. Das Geschriebene klingt wie live von der Psycho-Couch: Punkt 1: «Ich akzeptiere Donald Trumps Sieg». Punkt 5: «Ich werde versuchen, zu verstehen, warum so viele Amerikaner nicht wie ich denken». Punkt 7: «Ich werde mich um meine mentale Gesundheit kümmern». Und schliesslich Punkt 13: «Ich werde Thanksgiving mit Verwandten verbringen, auch wenn ich sie für verrückt halte». 

Die Gastautorin

Karin Kofler ist Geschäftsführerin der Zuger Wirtschaftskammer und freischaffende Publizistin.

Dass eine US-Präsidentschaftswahl die Gemütslage der Menschen bis in die Niederungen des Alltags derart beeinflusst, irritiert. Das mulmige Gefühl, das der Kantersieg von Trump bei sehr vielen Menschen auslöst, wird aktuell noch verstärkt durch das Trauerspiel in Deutschland mit der gescheiterten Ampel. Man würde sich in einer solchen Situation eine charismatische Persönlichkeit wie Helmut Schmidt an der Spitze der grössten Wirtschaftsmacht Europas wünschen, die Sicherheit versprüht. Stattdessen sieht man ein zerrissenes Deutschland mit einem gescheiterten Kanzler und bevorstehenden Neuwahlen. Rundherum in Europa siehts auch nicht viel besser aus.

Kurz: Es fehlt an Identifikationsfiguren auf der grossen Politbühne, denen man zutraut, die Welt durch die mannigfaltigen Krisen zu navigieren. Das verunsichert und macht etwas mit einem.  

Für die nächsten Jahre heisst das: Wir müssen uns, wie Kristof es dargelegt, eine persönliche Strategie zulegen, wie wir mit der politischen Grosswetterlage umgehen. Mein Fünfpunkteplan gegen den Donald-Blues lautet aktuell wie folgt: 

1. Ich melde mich von X ab, weil mir das tägliche toxische Getöse von Trump, Musk und Co. nicht guttun wird und keinen Mehrwert schafft.

2. Ich lese Artikel über Trump nur noch selektiv und halte mich dabei an Experteneinschätzungen, die ich für differenziert halte.

3. Ich treffe mich weniger oft mit Leuten, die mich mit ihrer Weltuntergangsstimmung anstecken, oder wechsle das Thema, wenn sie es tun.

4. Ich versuche, meinen beiden Teenagerkindern («Mami, die Welt ist am A…», sagte mein 18-Jähriger kürzlich) Zuversicht und den Glauben an eine prosperierende Zukunft zu vermitteln.

5. Ich verteidige die Werte und Sichtweisen von Frauen noch stärker.