Gute Klima- und Energiepolitik zielt auf Nachhaltigkeit, also eine anhaltende, positive Entwicklung von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt, ohne Kosten für zukünftige Generationen. Doch die heutige Politik der Schweiz und der EU ist auf Klima verengt – einen Teilbereich des Teilbereichs Umwelt – und ignoriert viele wichtige Zusammenhänge.

Illustrativ dafür ist die Verkehrspolitik. Sie setzt voll auf Elektromobilität. Viele glauben, Elektroautos (und der ÖV) verursachten kein CO2. Doch ökonomisch betrachtet kommt der zusätzliche Strom – auch in der Schweiz – schlussendlich aus dem europäischen Netz und aus Kohlekraftwerken. Denn wegen des zusätzlichen Strombedarfes müssen diese mehr und länger produzieren, als sonst nötig wäre. Elektroautos sind also Fossile. So verursacht ein durchschnittliches Elektroauto (Stromverbrauch 15 Kilowattstunden pro 100 Kilometer) mit Braunkohlestrom 172 Gramm CO2 pro Kilometer, ein durchschnittliches neues Benzinauto (6 Liter pro 100 Kilometer) hingegen 144 Gramm. Trotzdem werden E-Autos hoch subventioniert, etwa indem sie keine Beiträge an den Strassenbau und -unterhalt leisten müssen, welche die Benziner über die Treibstoffabgaben entrichten. In Wahrheit sind Elektroautos also sogar Fossile ohne Strasse.

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Das Problem mit dem Flatterstrom

Die Gegenargumente machen alles noch schlimmer. So meinen manche, wer den Strom mit der eigenen Solaranlage produziere, fahre CO2-frei. Doch auch dieser Strom könnte statt ins eigene Auto ins Netz gegeben werden. Der Einwand, solarer Flatterstrom könne da die fossilen Kraftwerke nicht ersetzen, stimmt zum Teil, ist aber für die Energiestrategie vollends vernichtend.

Zum Glück wird der Spuk irgendwann enden. Denn zur Finanzierung der Strassen muss der Bund demnächst eine fahrleistungsabhängige E-Auto-Abgabe einführen. Damit durchschnittliche neue E-Autos gleich viel an die Strassen beitragen wie durchschnittliche neue Benzinautos bei den heutigen Treibstoffabgaben von rund 83 Rappen pro Liter, müssten sie rund 33 Rappen pro Kilowattstunde oder 2,2 Rappen pro Kilometer zusätzlich bezahlen – oder rund das Zweieinhalbfache für den Fahrstrom wie noch 2022. Nicht lustig.

Erst gegen 2050, wenn es in Europa mit seiner Netto-null-CO2-Strategie keinen Kohle- und Gasstrom mehr gibt, verursachen E-Autos kein CO2 mehr. Nur sind sie und ihre Giftbatterien dann überflüssig. Denn Netto-Null bedingt, dass unvermeidbare CO2-Emissionen wieder aus der Luft gefiltert und endgelagert werden. Das sollte bis dann zu 50 bis 100 Franken pro Tonne CO2 möglich sein. So wären dann auch heutige 6-Liter-Benziner mit einer CO2-Entsorgungsgebühr von 0,7 bis 1,4 Rappen pro Kilometer voll klimaneutral. 

Die Kolumne «Freie Sicht»

In der Kolumne «Freie Sicht» schreiben neben Reiner Eichenberger, Professor für Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg, der Ökonom Klaus Wellershoff von Wellershoff & Partners sowie der «Handelszeitung»-Chefredaktor Markus Diem Meier. Die in den Kolumnen vertretenen Ansichten können von jenen der Redaktion abweichen.