Und wieder wird es eng für die Pressefreiheit. Diesmal geht es um Swissmedic. Die Behörde, die für die Zulassung neuer Medikamente zuständig ist, hat ein neues Tätigkeitsfeld entdeckt und fungiert nun auch als Medienpolizistin.
Die Behörde geht gerichtlich gegen Journalistinnen und Journalisten vor, die über die Abnehmspritzen Ozempic und Wegovy berichten, wie «20 Minuten» schreibt. Sie stützt sich dabei auf einen Passus im Heilmittelgesetz, der «alle Massnahmen zur Information, Marktbearbeitung und Schaffung von Anreizen» verbietet, «welche zum Ziel haben, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf, den Verbrauch oder die Anwendung von Arzneimitteln zu fördern».
Fragwürdig und willkürlich
Das ist mehr als fragwürdig. Eine ausgewogene Berichterstattung über neue Arzneimittel ist im öffentlichen Interesse und müsste eigentlich auch das Ziel von Swissmedic sein. Zudem: Journalistinnen und Journalisten schreiben immer wieder über neue Medikamente, darüber, wie sie wirken und was sie von bereits etablierten Therapien unterscheidet. Medienerzeugnisse, auch die «Handelszeitung», sind deshalb voll von Produktnamen. Mit ihrem gezielten Vorgehen gegen einzelne Journalistinnen und Journalisten im Falle der Abnehmspritzen setzt sich die Behörde deshalb dem Vorwurf der Willkür aus. Warum also macht sie Ozempic und Wegovy und nicht Entresto von Novartis oder Vabysmo, das neue Augenmedikament von Roche, zum Case?
Noch ungemütlicher wird es, wenn man weiss, dass Swissmedic zumindest im Fall des «Blick» geltend machte, sie sei von dritter Seite auf den Artikel aufmerksam gemacht worden. Das würde dann bedeuten, dass jeder, dem eine Berichterstattung über ein Arzneimittel nicht passt oder der möglicherweise sogar eigene Interessen verfolgt, die Swissmedic auf die Piste schicken kann.
Keine schwarzen Balken in der «Handelszeitung»
Gut, dass das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen ist. Die NZZ hat den Fehdehandschuh aufgenommen, ihre Fälle liegen nun beim Bundesverwaltungsgericht.
Bis die Gerichte entschieden haben, werden Sie, liebe Leserin, lieber Leser, in der «Handelszeitung» keine Artikel mit schwarzen Balken vorgesetzt bekommen. Stattdessen werden wir weiter über Ozempic und Wegovy schreiben, darüber, wie sie die Medizin, die Pharmaindustrie und die Gesellschaft verändern dürften. Immerhin ist das unser Job.