Das im Dezember 2015 unterzeichnete Pariser Abkommen definiert eine Reihe von Zielen die auf globaler Ebene verfolgt werden sollen, um auf die Bedrohung durch den Klimawandel zu reagieren. Konkret listet Artikel 2.1 des Abkommens drei voneinander abhängige Ziele auf:
- eine Begrenzung der Klimaerwärmung auf «deutlich unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau und eine Fortsetzung der Massnahmen zur Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau»
- eine Erhöhung der Anpassungsfähigkeit und Förderung der Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel
- eine Angleichung der Finanzströme an die beiden oben genannten Ziele
Sechs Jahre später blickt die Welt nach Glasgow, den Ort der 26. UN-Klimakonferenz der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC). Es ist noch nicht genau bekannt, in welcher Form die Verhandlungen Anfang November stattfinden werden. Wir sind jedoch überzeugt, dass COP26 einige positive Überraschungen mit sich bringen dürfte.
Weit entfernt von den drei Zielen des Pariser Abkommens
Trotz der grossen Fortschritte der letzten sechs Jahre sind wir noch weit davon entfernt, die drei Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Konkret haben wir es geschafft, die historisch beispiellose Erwärmung von 4,5 °C auf etwa 3 °C bis zum Ende des Jahrhunderts abzuschwächen. Natürlich ist das eine deutliche Verbesserung. Um jedoch bis zur Jahrhundertmitte CO2-Neutralität zu erreichen, müssen wir unser Wirtschaftssystem noch deutlich umstrukturieren, damit der Temperaturanstieg auf 1,5 °C begrenzt werden kann. Der vom Weltklimarat im August 2021 veröffentlichte Bericht geht davon aus, dass wir die 1,5 °C bis 2030 erreichen können. Warum denken wir also, dass COP26 positive Ergebnisse bringen könnte?
Patrick Odier ist Senior Partner der Lombard Odier Gruppe und Präsident von Building Bridges.
Die Entwicklung hin zur CO2-Neutralität gewinnt stetig an Bedeutung, und zwar im Privatsektor, im staatlichen Bereich wie auch in der Finanzwelt. Das Engagement für Klimaneutralität hat ein noch nie dagewesenes Niveau erreicht: Wir schätzen, dass fast 80 Prozent des weltweiten BIP einem Netto-Null-Ziel unterliegen – vor zwei Jahren waren es nur 16 Prozent. Das ist eine bemerkenswerte Zunahme, und diese Verpflichtung muss zu konkreten, greifbaren Massnahmen führen.
Um dies zu erreichen, müssen die Unternehmen das richtige Gleichgewicht zwischen Emissionsreduzierung und glaubwürdigem CO2-Ausgleich finden, insbesondere durch Einbezug der Natur. Damit die «Netto-Null»-Ziele belastbar und verlässlich sind, müssen sie unbedingt auf wissenschaftlich abgestützten Vorgaben beruhen.
Neue Verpflichtungen erwartet
Derzeit haben sich etwa 1‘600 Unternehmen verpflichtet, wissenschaftlich fundierte Ziele festzulegen –während es 2015 weniger als 50 Unternehmen waren.
Auch verschiedene Regierungen intensivieren ihre Bemühungen. Im letzten Quartal 2020 traten die USA unter Präsident Joe Biden dem Pariser Abkommen wieder bei. Präsident Xi Jinping versprach, dass China – nach einem Emissionsmaximum 2030 – im Jahr 2060 Klimaneutralität erreichen wird.
Die Zwischenziele und die regulatorischen Massnahmen bleiben jedoch unzureichend. Ein Beispiel hierfür ist der CO2-Preis. COP26 bietet den Regierungen eine hervorragende Gelegenheit, diese Bemühungen zu intensivieren und neue Verpflichtungen bekannt zu geben, insbesondere:
- Verbesserte Mechanismen für die Festlegung der CO2-Preise.
- Die Schaffung glaubwürdiger Märkte für den Ausgleich von Kohlenstoffemissionen und naturbasierte Lösungen.
- Einen schnelleren Kohleausstieg und die Begrenzung der Abholzung.
- Bessere Leitlinien für den politischen Kurs, um Klimaneutralität zu erreichen.
- Einen schnelleren Umstieg auf Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energien.
- Eine stärkere Förderung bahnbrechender Technologien, wie etwa die Wasserstoffwirtschaft.
- Eine Verbesserung der Widerstandskraft gegen physische Risiken.
Der Finanzsektor steht dem nicht nach. Die Europäische Zentralbank und die Bank of England geben den Ton an, wenn es darum geht, Sicherheiten und die geldpolitischen Massnahmen mit den Klimazielen in Einklang zu bringen. Zudem muss ein grösserer Konsens erreicht werden, was die Anpassung an den Klimawandel für die Finanzinstitute bedeutet. Dank der Arbeit der «Task Force on Climate-related Financial Disclosures» (TCFD) dürfte dies unter Leitung von COP26 und anderer ermöglicht werden.
Die Bewertung der Ausrichtung der Portfolios
Die Methoden zur Bewertung der Ausrichtung von Portfolios sind jetzt verfügbar – einschliesslich der Massnahmen, die mit dem impliziten Temperaturanstieg verbunden sind. Eine spezielle Arbeitsgruppe, die unter der Leitung von COP26 eingerichtet wird, muss mit der Umsetzung betraut werden – als wichtige Ergänzung zu den binären Taxonomien, die eher begrenzten Zielen dienen.
Lombard-Odier-Partner Hubert Keller über die Neuausrichtung der Privatbank und seine Sympathien für Fridays for Future und für Eiswürfel. Zum Interview.
Lombard Odier wird in Glasgow vertreten sein mit der Lancierung des Berichts «Predictors of Success in a Greening World», den man gemeinsam mit der Universität Oxford verfasst hat. Der Bericht zeigt auf, wie sich die Positionen der Länder im Welthandel im Bereich stark wachsender umweltfreundlicher Industriezweige in den letzten 25 Jahren weiterentwickelt haben.
Zudem zeigt er auf, inwieweit die Länder ihre Ausgaben für einen Aufschwung nach Covid-19 auf einen «grüneren Wiederaufbau» ausgerichtet haben. Der Bericht ist damit auch eine wichtige Informationsquelle für die Politik, die Wirtschaft und den Anlagesektor beim Übergang zu einer grünen Wirtschaft.
Wir freuen uns, damit unseren Beitrag zu weiteren Überlegungen zu leisten, um den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu beschleunigen.