Mit dem Holzbauboom und der zunehmenden Dringlichkeit einer Dekarbonisierung der Bauwirtschaft rückt die Holzbauindustrie für Anleger und Portfoliomanager vermehrt ins Zentrum: Denn die Holzbaukette ist die einzige börsenkotierte Industrie mit «Investment Grade», die mit ihren Produkten Negativemissionen (Carbon Removals) ermöglicht. Holz absorbiert (im Wald) CO2 und speichert es (im Bau) lange und sicher. Erste, an der Schweizer Börse SIX kotierte Finanzprodukte bilden den Megatrend Holzbau breit diversifiziert und gebündelt ab.
Thomas Fedrizzi, Co-Gründer und Verwaltungsrat, Timber Finance, Zürich
Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft des frühen 18. Jahrhunderts und besagt, dass nur so viel Holz zu schlagen ist, wie auch wieder nachwächst. Mit dem Brundtland-Bericht von 1987 wurde der Begriff auf alle Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft übertragen und breit anerkannt. Mit dem Holzbau-Boom seit 2020 schliesst sich der Kreis und Sustainable Finance trifft erneut auf Holz als das klimarelevante, biogene und CO2-speichernde Baumaterial der Zukunft. Für Anleger bietet die Wertschöpfungskette des Holzbaus neue Anlagemöglichkeiten mit hohem CO2-Impakt.
Holz als Anlagealternative
Die Schweiz und viele private und institutionelle Anleger haben sich zum 1,5-Grad-Klimaziel verpflichtet. Schweizer Finanzinstitute können freiwillig am internationalen Klimatest Paris Agreement Capital Transition Assessment (Pacta) teilnehmen, um die CO2-Exposure ihrer Anlagen zu messen. Als die sechs in der Klimadebatte relevanten, emissionslastigen Bereiche nennt der Test Öl/Gas, Stromerzeugung, Verkehr, Luftfahrt, Stahl und Zement.
Die Bereiche Stahl und Zement gehören zur Bauwirtschaft, die weltweit für fast 40 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich ist und einen entsprechenden Handlungsbedarf hat. Und hier kommt Holz ins Spiel. Holz hat als Baumaterial eine um Faktoren bessere CO2-Bilanz, und Holzaktien weisen historisch ein gleiches oder besseres Risk-and-Return-Profil als Stahl- oder Zementtitel aus, wie der Zürcher Anlagespezialist Timber Finance zusammen mit der Zürcher Hochschule und dem liechtensteinischen Bankenverband im Leitfaden «Moderne Holzinvestments» 2023 festhält.
Zwar emittiert die Produktionskette von Holzbaustoffen auch Emissionen. Gleichzeitig hat aber Konstruktionsholz das CO2 vorgängig im Wald der Atmosphäre entzogen und speichert es in der Tragkonstruktion des Gebäudes und vermeidet durch den Ersatz von Stahl- und Betonelementen zusätzlich Emissionen aus deren Herstellung. Keine andere Negativemissionstechnologie wie beispielsweise Direct Air Capture bietet diese Doppelwirkung.
Die Schweiz führend
Der Holzbau kommt daher vermehrt in den Blickpunkt von privaten und institutionellen Anlegern auf der Suche nach Anlagen in Negativemissionen oder Alternativen zu herkömmlichen Bauaktien. Entsprechende Produkte und Beratung für das Portfoliomanagement sind seit kurzem auch in der Schweiz erhältlich und folgen den Spuren des international führenden Schweizer Ingenieurholzbaus: Kein Land baut mehr mehrgeschossige Holzbauten oder Holzhochhäuser und kein Finanzplatz bietet mehr Timber-Stock-basierte Finanzprodukte und Services an als die Schweiz.
Aktuelle Anlagepotenziale zeigen, dass Holzbautitel in Sachen Investmentchancen sprunghaft angestiegen sind und erstmals das Performance-Potenzial andeuten, das Holz als Baustoff den Anlegern langfristig bietet. Aktien von Unternehmen der Holzverarbeitung können Waldinvestment auch gut ergänzen. Sie weisen eine mit dem Aktienmarkt vergleichbare historische Rendite aus. Wesentlich ist auch, dass Holzaktien noch fair bewertet sind, was auch mit der Flaute auf dem Baumarkt zu tun hat, die in Europa gegenwärtig schlimmer ist als die Flaute in der Finanzkrise 2008.
Direktinvestitionen und CO2-Zertifikate
Neben börsenkotierten Investments stehen für Anleger auch CO2-relevante Direktinvestitionen in die Schweizer KMU-Holzkette bereit. Als Beispiel für ein solches Impakt-Investment ist die aktuell laufende Kapitalerhöhung der Holzvermarktung Graubünden AG. Das bislang von 25 Bündner Gemeinden und grossen Waldbesitzern geführte Unternehmen setzt als Marktführer den Bündner Wald in Wert und öffnet sich für anstehende Investitionen privaten und institutionellen Anlegern. Mit einer Aktienzeichnung können sich Anleger einfach und indirekt am zunehmenden Wert der limitierten Ressource Holz beteiligen, an der für die Dekarbonisierung der Bau- und Energiewirtschaft kein Weg vorbeiführen wird.
Kumuliert offeriert die Schweizer Wald- und Holzbauwirtschaft dem Finanzmarkt bis 2030 geschätzt rund 1 Milliarde Franken Investitionsvolumen, um jährlich zusätzlich rund 1 Million Kubikmeter stehendes Holz aus nicht oder zu wenig bewirtschafteten, überalterten Wäldern in den Schweizer Immobilienbestand zu transformieren und so das Klimapotenzial des Holzbaues auszunutzen. Eine kostengünstige und schnell skalierbare, forst- und volkswirtschaftlich effiziente Möglichkeit für die Schweiz auf dem Weg zu netto null. Und ein interessanter Investment-Case für institutionelle Investoren.
Neue Anlagepotenziale
Basis hierfür sind anerkannte CO2-Speicherzertifikate, die nach Abschluss der Pilotphase 2025 auf den Markt kommen werden. Auf diese Weise können private und institutionelle Bauherren in ihrem Kerngeschäft – dem Erstellen von Gebäuden – für ihre CO2-Verpflichtungen erstmals CO2-Holzbauzertifikate generieren und müssen nicht im Ausland branchenfremde Zertifikate einkaufen. Ein neues Asset für die Immobilienbranche und ein Grund mehr, in Holz zu bauen. Holzbauprojekte können weiterhin eingereicht werden.
Zudem eignen sich CO2-Zertifikate für die Refinanzierung von Umwelthypotheken der Banken, weshalb in der Branche laut über die Lancierung einer Holzbauhypothek nachgedacht wird. Auch dies ist für den Sustainable-Finance-Markt ein Angebot mit hohem CO2-Impakt. Holzbau, ein Megatrend und klimarelevante Anlagemöglichkeit, wird zu Recht als «Hidden Champion of Sustainable Finance» bezeichnet.