Mehr als 200 Startups umfasst die jüngst veröffentlichte Swiss Energy Startup Map. Die Daten werden durch das Projekt Innovation Monitor im Auftrag der Firma Swisspower und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zusammengetragen.
Eine Marktbereinigung steht bevor
«Energie war in der Schweiz zu billig, das hat Innovationen verhindert», sagt Christina Marchand vom Institut für Innovation und Entrepreneurship der ZHAW. Sie leitet die Projekte Innovation Monitor und Energy Startup Day. «Der Preis hat nicht die wahren Kosten abgedeckt, die Kosten der Umwelt- und Klimaschäden wurden und werden ignoriert.» Energie sei deshalb weiterhin ein sehr schwieriges Thema, auch aufgrund der umfassenden Regulierung und der Marktbarrieren, aber die hohen Preise und die drohenden Versorgungsengpässe im Energiemarkt hätten einen Schub ausgelöst und einiges ins Rollen gebracht. «Es gibt Startups im Bereich Software, Energie-Management-Systeme für die Steuerung und Integration von Hausinstallationen wie Batterien, E-Mobilität, Solar und Heizungen», stellt Marchand fest. «Oft sind es nur kleine Unterschiede bei Dienstleistungen und nicht bahnbrechende Innovationen», so Marchand, «hier wird sich zeigen, welche sich durchsetzen, ich erwarte eine Bereinigung und Standardisierung.»
Es gibt darüber hinaus einige neue Startups im Bereich Mobilität und Transport wie etwa Clemap, das zusammen mit der Firma Otto Fischer für die Optimierung des Ladevorgangs bei E-Autos ausgezeichnet wurde. Im Baubereich wurden einige neue Materialien entwickelt, wie beispielsweise Fenx mit Dämmmaterialien aus Altbeton oder Neustark mit einem recycelten Beton, in dem Co₂ gespeichert wird. In der Mobilität boomt das Thema Sharing. So vereinfacht Drive My Car das Peer-to-Peer-Verleihen von Fahrzeugen. «Hardware-Startups haben es normalerweise schwieriger und brauchen deutlich länger für den Markteintritt», so Marchand. «Storage wäre sehr wichtig, aber die Herausforderung, gegen die günstiger werdenden Lithium-Batterien anzukommen, ist gross. Wir sehen in der Startup-Map eher weniger Startups als in der Vergangenheit, und es scheint eine gewisse Marktbereinigung zu geben.»
Gefragte Kooperationsmodelle
Der Schweizer Markt ist laut Marchand infolge fehlender Liberalisierung kein guter Testmarkt, einige Startups zieht es schnell ins Ausland. «Es ist daher vielleicht besser in anderen Ländern zu starten, wenn man ein international vermarktbares Produkt entwickelt.» Wenn man allerdings spezifisch auf den schweizerischen Markt setzt, kann man unter Umständen profitieren, da die Eintrittshürden für ausländische Firmen hoch sind wegen des speziellen Markts, den man kennen muss und in dem viel über persönliche Kontakte läuft.
«Wir erachten solche Startups als interessant, die einen aktiven Beitrag zur Klima- und Energiewende leisten», sagt Orlando Gehrig, Verantwortlicher Kooperationen und Innovationen sowie stellvertretender Geschäftsführer bei Swisspower. «Also beispielsweise Jungunternehmen, die ihren Fokus auf erneuerbare Energietechnologien, Energieeffizienz, Energiespeicherlösungen, die Etablierung von Smart Grids und die Förderung der Elektromobilität richten.»
200 Startups umfasst gerundet die jüngst veröffentlichte Startup-Map für den Energiebereich in der Schweiz.
Trotz der Breite der Startups gibt es noch Nachholbedarf. «Das Potenzial bezüglich Digitalisierung in der Energiewelt ist erheblich», stellt Gehrig fest. «Dazu zählt beispielsweise die Echtzeitüberwachung von Anlagen und Netzen zur effektiven Steuerung von Energieflüssen.»
Und es brauche auch die etablierten Unternehmen als Partner: «Bei der Zusammenarbeit mit Startups gestaltet es sich wie beim Bergsteigen, entweder man macht es richtig oder gar nicht. Oft treffen Welten aufeinander, hier die sicherheitsorientierte Unternehmenskultur, dort das pragmatische Jungunternehmen», so Gehrig. Erfolgversprechend seien deshalb Lösungsansätze von Startups, die einen unmittelbaren Mehrwert lieferten, ohne dass dabei etablierte Unternehmensprozesse auf den Kopf gestellt würden.