Sowohl als Jahreszeit wie auch in Bezug auf die aktuelle konjunkturelle Situation hat der Herbst hierzulande Einzug gehalten und stellt zahlreiche Schweizer Unternehmen vor diverse Herausforderungen. Der giftige Cocktail aus rückläufiger Nachfrage, höheren Energie- und Materialkosten, verstärkter Planungsunsicherheit aufgrund geopolitischer Entwicklungen und steigender Zinsen bedroht insbesondere angeschlagene Firmen in deren Liquiditätssituation. Doch selbst gesunde Unternehmen müssen vermehrt geplante Investitionen verschieben oder ganz darauf verzichten, was sich negativ auf ihr langfristiges Wachstumspotenzial auswirkt.

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Der Autor

Benjamin Böhner, Bellevue Private Markets, Zürich.

Insbesondere Firmen, welche beispielsweise aufgrund technologischer Kompetenzen weiterhin in soliden Wachstumsmärkten erfolgreich tätig sind, führen die Inhaberinnen und Inhaber sowie das Management gerade in diesen anspruchsvollen Zeiten in ein Dilemma. Die Auftragsbücher mögen hervorragend gefüllt sein, doch fehlt es für den Ausbau der Produktionskapazitäten oder Vorfinanzierung von Kundenaufträgen an Kapital. Steigende Zinsen sorgen dafür, dass eine Fremdfinanzierung immer teurer wird, wobei zwei Drittel der Schweizer KMU ohnehin keine Bankkredite in Anspruch nehmen. Als alternative Kapitalgeber haben sich stattdessen in den vergangenen Jahren immer mehr Private-Equity-Investoren und -Investorinnen mit unterschiedlichen strategischen Ansätzen etabliert, die einer Geschäftsinhaberin diverse Finanzierungsoptionen bieten können.

Privat Equity als attraktive Alternative

An den klassischen Finanzmärkten sehen sich Privatmarktinvestorinnen und -investoren mit einem zunehmenden Anlagenotstand konfrontiert. Aktien sind in volatilen Zeiten zu risikobehaftet, als dass grössere Engagements aufgebaut würden. Anleihen sind trotz steigenden Zinsen selten eine Alternative, um im inflationären Umfeld eine ausreichende Rendite erzielen zu können. Und der im Vergleich zu anderen Leitwährungen langfristig gesehen stets stärker werdende Schweizer Franken sorgt dafür, dass das Geld aus Sicht eines Schweizer Anlegers, einer Schweizer Anlegerin nur ungern in Fremdwährungen fliesst. Private Equity hat sich daher für viele Institutionelle und vermögende Privatinvestoren zu einer attraktiven Alternative entwickelt.

Deren Engagement beschränkt sich dabei nicht nur auf die eigenkapitalbasierte Wachstumsfinanzierung. Diese Investoren, dazu zählen etwa auch Unternehmerfamilien, stehen der Unternehmensführung, die grundsätzlich weiterhin die Geschicke der Firma leitet sowie die Mehrheit der Aktienanteile hält, mit fachkundigem Rat und einem tragfähigen Netzwerk zur Seite. Dabei verfolgen sowohl der Investor als auch der Mehrheitsaktionär ein gemeinsames Ziel: das erfolgreiche, nachhaltige Wachstum des Unternehmens.

Eine Wachstumsfinanzierung ermöglicht einer an sich schon erfolgreichen Firma, ihr ganzes Potenzial abzurufen. So kommentiert auch der CEO und Mitbegründer eines 2007 als Spin-off der ETH gegründeten von uns betreuten Unternehmens: «Wir wollten die langfristigen Marktchancen nutzen und unsere technologische Marktführerschaft ausbauen – aber ohne uns dafür von Banken abhängig zu machen oder die Kontrolle über das Unternehmen abgeben zu müssen.» Daher kam für die Mehrheitsaktionäre nur ein Wachstumsinvestor, der einen partnerschaftlichen Ansatz verfolgt, infrage (siehe Box): Ein aktives Beteiligungsmanagement mit dem Einbringen von Know-how und Netzwerk zur aktiven Unterstützung der Führungsmannschaft kennzeichnet eine erfolgreiche Anlagephilosophie. Das Team auf Investorenseite pflegt den Kontakt zum KMU und zu deren Schlüsselpersonen häufig viele Jahre lang. Dadurch können die Bedürfnisse und Anliegen der (Mehrheits-)Aktionäre wie auch der Investoren und Investorinnen über einen längeren Zeitraum mit der nötigen Umsicht entwickelt und schliesslich in einem massgeschneiderten Investment Case und Aktionsplan umgesetzt werden.

Im Fall des ETH-Spin-offs wurden bestehende Produktlinien und -kapazitäten ausgebaut und konnten zum weiteren erfolgreichen Wachstum des Unternehmens beitragen. Zahlreiche, vielversprechende Produktplattformen in neuen Märkten und hoch innovativen Anwendungsbereichen sind in Entwicklung. Gemeinsam wird damit an Spitzenkomponenten «Made in Switzerland» für die Gegenwart und Zukunft der optischen Industrie gearbeitet.

Drei unterschiedliche Private-Equity-Strategien

Startphase Als Venture Capital werden Kapitalbeteiligungen an Unternehmen in der Gründungsphase (Seed) oder frühen Wachstumsphase (sogenannte A-, B- oder C-Runden) bezeichnet, in denen das Unternehmen Verluste durch Finanzierungen decken muss. Das Gewinnpotenzial für den Investor oder die Investorin kann in dieser Phase sehr hoch sein, jedoch besteht gleichzeitig ein erhebliches 
Risiko für einen Totalverlust.

Expansionsphase Hat sich ein Unternehmen am Markt etabliert und bewiesen, dass das Geschäftsmodell nachhaltig profitabel ist, rücken Expansionspläne in den Vordergrund, die meist zusätzlichen Kapitalbedarf bedingen. Auf solche Finanzierungen haben sich Wachstums-Private-Equity-Managerinnen spezialisiert. Dabei investiert der Kapitalgeber zu einem Zeitpunkt ins Unternehmen, wenn 
zügig Skaleneffekte auf der Grundlage des bisherigen Erfolgs erzielt werden können. Das bisherige Management bleibt üblicherweise voll investiert und lenkt die Geschicke des Unternehmens weiter, häufig mit der beratenden Unterstützung des neuen Investors.

Maturitätsphase Ziel der sogenannten Buyout-Manager ist dagegen, eine Mehrheitsposition in Firmen aufzubauen, die sich bereits in der Maturitätsphase befinden, um mittels Zukäufen, Effizienzmassnahmen und anderer geeigneter Strategien eine Gewinnsteigerung zu erreichen. Die Domäne der Buyout-Manager ist der Auskauf der bisherigen Eigentümer; häufig erfolgt dies – im Gegensatz zu Wachstums-Equity-Transaktionen – unter signifikantem Einsatz von Fremdkapital.